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Kongress ÖOG 2010

Interview mit Prof. Dr. Günther Grabner
Vom 13. bis 15. Mai findet in Zell am See die 51. Tagung der Österreichischen Ophthalmologischen Gesellschaft (ÖOG) statt. DER AUGENSPIEGEL sprach mit Prof. Dr. Günther Grabner über seine Ziele in den kommenden Jahren und seine Vorstellungen von der ÖOG, nicht nur als wissenschaftliche Gesellschaft, sondern als gesellschaftspolitisch wirkende Vereinigung.

Bild DER AUGENSPIEGEL:
Herr Professor Grabner, Sie sind im letzten Jahr zum neuen Präsidenten der Österreichischen Ophthalmologische Gesellschaft (ÖOG) ernannt worden und laden im Mai zur 51. Jahrestagung nach Zell am See ein. Wie wird sich das Programm unter der neuen Leitung gestalten? Welche Themenschwerpunkte werden Sie setzen?

Prof. Dr. Günther Grabner:
Erstmals wird es ein Diagnostisches Consil mit 10 bis 12 Fallpräsentationen durch junge Kollegen geben, angelehnt an das Consilium Diagnostikum der DOG mit anschließender Diskussion durch ein Panel. Zum anderen wird – in diesem Jahr bereits zum dritten Mal – die Kooperation mit der ARVO weitergeführt: An dem ARVO-/ÖOG-Wissenschaftstag können junge Forscher in einem englischsprachigen Vortrag ihre Arbeiten in Anwesenheit eines prominenten internationalen Referenten präsentieren. Das ist wichtig für die internationale Anbindung und wird als Veranstaltung auch fortgesetzt. Neu ist auch der ÖOG-Lauf, also ein sportliches Ereignis, welches zum ersten Mal stattfindet und von Professor Kieselbach aus Innsbruck organisiert wird, dem Vorsitzenden der Österreichischen Augenchirurgen (ÖAC), einem eigenen Verband mit etwa 400 Mitgliedern. ÖAC und ÖOG laden auch zu einem gemeinsamen Symposium über die wirtschaftlichen Aspekt der Ophthalmologie in Österreich, welches alle relevanten Einzelaspekte wie Krankenhausabrechung, Finanzierung, die Privatklinken, die ambulante Kataraktchirurgie etc. beleuchten wird. Und schließlich gibt es noch einen State-of-the-Art-Block, der sich in diesem Jahr dem Thema Gefäßerkrankungen der Netzhaut, unter der Leitung von Prof. Binder, widmen wird. Ergänzt werden diese Schwerpunkte von Basiskursen und einer Postersitzung.

DER AUGENSPIEGEL:
Sie sehen die ÖOG nicht nur als wissenschaftliche Gesellschaft, sondern als gesellschaftspolitisch wirkende Vereinigung.

Prof. Dr. Günther Grabner:
Stimmt. Die ÖOG ist vor etwa drei Jahrzehnten verschmolzen mit dem Berufsverband der österreichischen Augenärzte. Das bedeutet, dass die Fachgruppenvertreter aus den Ärztekammern der Länder auch mit eigenem Gremium − als Fachgruppenbeirat − in der ÖOG vertreten sind. Damit haben wir hier in Österreich nicht nur die wissenschaftliche Seite, sondern auch die Standesvertretung in einer ophthalmologischen Gesellschaft. Ich habe dieses Jahr erreichen können, dass auch diese Landesgruppenobleute in die Vorstandsitzung eingeladen werden. Die ÖOG ist somit nicht nur Vertretung der Kolleginnen und Kollegen in den Spitälern und Kliniken mit wissenschaftlichen Interessen, sondern besonders auch der praktisch tätigen niedergelassenen Ophthalmologen, stark vertreten durch die Fachgruppenobleute.

DER AUGENSPIEGEL:
Welche Herausforderungen und Ziele haben Sie sich als neuer ÖOG-Präsident für die kommenden Jahre gesetzt?

Prof. Dr. Günther Grabner:
Die Herausforderungen für die Gesellschaft sind sehr groß. Einerseits gibt es bei uns bereits ein oder zwei Fachhochschulen, welche die Optiker – die ja bei uns ein Handwerk ausüben – in „Mikrokursen“ von wenigen Wochen zu „Doktoren der Optometrie“ ausbilden. Das ist natürlich für die echte medizinische Betreuung der Bevölkerung eher katastrophal, weil dann die Möglichkeit geschaffen wird, an das Gassen-Geschäft ein Schild mit „Dr. optom.“ zu hängen. Und welcher Patient kann zwischen einen „Dr. optom.“ und einem in zwölfjähriger Ausbildung erworbenem „Dr. med.“ unterscheiden? Das versuchen die Fachgesellschaft und die Landesobleute sowie die Österreichische Ärztekammer so gut es geht zu verhindern. Aber es ist leider sehr schwer. Und die ersten Optiker machen sich bereits mit diesen „Doktortiteln“ breit. Sie nehmen sich ein Recht heraus, welches sie nicht besitzen (weil sie nie Medizin studiert haben) und ziehen Untersuchungen des Augenarztes wie Gesichtsfeldprüfung, Fundusuntersuchung und Druckmessung in die Optikershops unter dem Titel der Abklärung für Brillen beziehungsweise Kontaktlinsen! Diese Tendenz muss in Österreich und auch in Deutschland unter allen Umständen verhindert werden.

DER AUGENSPIEGEL:
Wie versuchen Sie dies zu verhindern?

Prof. Dr. Günther Grabner:
Durch Protestschreiben an das Ministerium sowie entsprechende Aufklärung der zuständigen Stellen, die dies genehmigen, und durch Mitteilungen an die Fachhochschulen und Universitäten, die noch nicht genau wissen, dass sie diesen Aspiranten keine Dissertationsmöglichkeiten ohne reguläres Studium anbieten dürften. Ich rede nicht von denjenigen, die tatsächlich einen langen Studiengang in den USA absolviert haben – dagegen kann man wohl nichts zu sagen – aber diese gibt es bei uns gar nicht. Sondern ich spreche von Augenoptikermeistern, die in kurzer Zeit mit ein paar Zusatzkursen aus den USA zurückkommen und hier mit einer Dissertation dann plötzlich „Doktor der Optometrie“ werden wollen. Das ist auch schon in Salzburg an der Paracelsus Medizinischen Universität – erfolglos – versucht worden.

DER AUGENSPIEGEL:
Hierzulande kreisen die berufspolitischen Diskussionen schon seit langem um eine angemessene Honorierung augenärztlicher Tätigkeit und die Bezahlbarkeit des medizinischen Fortschrittes. Welche Themen bewegen die österreichischen Augenärzte in Klinik und Praxis?

Prof. Dr. Günther Grabner:
Es sind die selben Probleme. Allerdings haben wir eine regionale, in jedem Bundesland vorhandene Krankenversicherung, die mit den niedergelassenen Augenärzten Verträge schließt. Und da sind derzeit durchaus massive Kampftöne von Seiten der Krankenversicherer zu hören. Einfach weil die Krankenkassen auf dem Standpunkt stehen, dass sie die medizinischen Leistungen nicht vermehrt, zumindest dem Index entsprechend, honorieren wollen. Die Honorare haben bereits die letzten fünf Jahre stagniert – von Bundesland zu Bundesland, von Kasse zu Kasse verschieden. Die Krankenversicherer wollen auch in diesem Jahr den berechtigten Ärzteforderungen nicht nachkommen. Die Verhandlungen sind festgefahren und es droht ein vertragsloser Zustand, was sowohl eine Katastrophe für die Patienten, als auch für die behandelnden Ärzte und in der Folge auch für das österreichische Gesundheitswesen wäre. Da praktisch 98 Prozent aller Menschen in Österreich über die allgemeinen Krankenkassen versichert sind, wird es große Probleme geben, wenn es zu keiner Einigung kommt.

DER AUGENSPIEGEL:
Angesichts eines zunehmend wettbewerbsintensiven Marktes und einer stärkeren Patientenorientierung entstehen in Deutschland immer mehr Ärztenetzwerke und Kooperationen zwischen Augenärzten und operierenden Zentren und Kliniken. Gibt es in Österreich ähnlich strukturelle Veränderungen?

Prof. Dr. Günther Grabner:
Es gibt seit vielen Jahren ähnliche Bestrebungen seitens der Ärztekammer, Ärztezentren errichten zu können und die gesetzlichen Möglichkeiten zu schaffen, dass Ärzte auch andere Ärzte anstellen können. Hier ist bislang nichts geschehen und es wird jetzt massiv Druck gemacht.

DER AUGENSPIEGEL:
Die chirurgische Korrektur der Presbyopie ist eine der letzten großen Herausforderungen der Refraktiven Chirurgie. Sie sind an einer internationalen Studie zum Acufocus-Implantat beteiligt. Welche Bedeutung hat die Teilnahme für die Universität Salzburg?

Prof. Dr. Günther Grabner:
Mit Techniken wie dem Acufocus-Implantat versuchen wir auf dem Gebiet der Refraktiven Chirurgie an vorderster Front mitzumachen. Ich denke, dass wir im deutschen Sprachraum mit 80 Implantaten auch die mit Abstand größte Serie an Acufocus-Implantaten vorweisen können. Die Zweijahresergebnisse sind gerade zur Publikation freigegeben und wir werten gerade die Dreijahresergebnisse von 32 Patienten aus, die im Mai fertig zur Publikation sein werden. Das sind sehr interessante Daten, die zeigen, dass man die Presbyopie mit diesem Verfahren bei gut ausgewählten Patienten ausreichend und zufriedenstellend korrigieren kann. An der Salzburger Klinik haben wir auch drei verschiedene Glaukomimplantate in Untersuchung und ein viertes ist gerade in Verhandlung. Es laufen Studien zur AMD-Therapie mittels Bestrahlung und wir haben eine neue Studie angefangen bei Patienten, die nicht auf Avastin oder Lucentis ansprechen, deren Ergebnisse recht vielversprechend sind. Mein besonderes Interesse gilt der Hornhautchirurgie, so führen wir seit Jahren die Femtosekundenlaser-Keratoplastik durch, auch da sind neue Programme zur astigmatischen Keratotomie und Presbyopiekorrektur in Vorbereitung.

DER AUGENSPIEGEL:
Gibt es eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit anderen deutschsprachigen Universitäten, zum Beispiel im Bereich Forschung?

Prof. Dr. Günther Grabner:
Es gibt einzelne, grenzüberschreitende Forschungsprojekte, aber sicher noch nicht in der großen Zahl, wie man es sich wünschen würde. Natürlich gibt es durchaus im Rahmen der multizentrischen Studien auch gemeinsame europäische Projekte. Aber die Zusammenarbeit ist in jedem Fall ausbaufähig.

DER AUGENSPIEGEL:
Im Juni tagt in Berlin der Weltkongress der Ophthalmologen (WOC). Welche Bedeutung hat dieser Kongress Ihrer Meinung nach für die deutschsprachige Augenheilkunde?

Prof. Dr. Günther Grabner:
Ich glaube, dass ihm eine sehr große Bedeutung zukommt, da es sehr wichtig ist, die internationalen Verbindungen zu stärken. Für Deutschland und die deutschsprachigen Länder ist die Austragung des Weltkongresses eine große Ehre und auch eine große Verpflichtung. Ich bin überzeugt davon, dass das Ehepaar Lang einen exzellenten Kongress organisieren wird und freue mich auf Berlin, den internationalen Austausch mit Kollegen und darauf, die neuesten Trends aus allen Bereichen des Faches zu hören!

DER AUGENSPIEGEL:
Herr Professor Grabner, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Ulrike Lüdtke.
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