XV. AMO-Meeting in Zermatt

Zum 15. Mal lud die Firma AMO (Advanced Medical Optics) zum Kongress nach Zermatt am Fuße des Matterhorns ein. Auch in diesem Jahr stand traditionell am ersten Tag die Kataraktchirurgie mit Intraokularlinsen im Vordergrund. Die Refraktive Chrirurgie war am zweiten Tag auf dem Programm und am dritten Tag schloss sich die Sitzung zum hinteren Augenabschnitt und zum Qualitätsmanagement an. Ein zusammenfassender Bericht von Prof. Dr. Thomas Kohnen und Dr. Stephan Kohnen.

Das Programm wurde mit einem Vortrag über den Vergleich von drei unterschiedlichen asphärischen Intraokularlinsen von Nicolas Tarantino (AMO) eröffnet.

Asphärische Intraokularlinsen

Mit zunehmenden Alter kompensiert die Linse nicht länger die sphärische Aberration der Hornhaut. Die TECNIS Z 9000 wurde mit einer modifizierten prolaten Ober–fläche eingeführt, um die sphärischen Aberrationen des Auges nach der Implantation gegen Null zu reduzieren. Das Oberflächendesign der Linse wurde nach Auswertung von 202 Patienten errechnet. Das Linsendesign reduziert laut Tarantino die sphärischen Aberrationen in 96 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Linsen der Mitbewerber (AcrySof IQ SN60 WF, Alcon) reduzieren die sphärische Aberration etwas geringer. Ein wieder anderer Mitbewerber, die Firma Bausch & Lomb, hat mit der Soflex Advanced Optics LI 61 AO eine weitere Linse auf den Markt gebracht, welche keine asphärischen Aberrationen induziert und damit neutral ist. Vergleichsstudien dieser drei asphärischen Linsendesigns liegen noch nicht vor. Es ist zu erwarten, dass asphärische Linsen demnächst eine verstärkte Rolle spielen, wenn nicht überhaupt das Standardimplantat darstellen werden.

Multifokallinsen

Der nächste Block an Vorträgen galt den Multifokallinsen, die in den letzten drei Jahren eine Renaissance erfahren haben. Es wird klar, dass die älteren Modelle der refraktiven Multifokallinsentechnologie (Array) den neuartigen Multifokallinsen vom Typ Tecnis MF, Rezoom IOL, ReSTOR oder AcriTec nicht standhalten können. Durch unterschiedliche Gewichtung in Fern- und Nahteil der neuen Multifokallinsengeneration sollte der Arzt auch in der Lage sein, die individuellen Bedürfnisse des Patienten besser zufrieden stellen zu können. Gerade im Bereich der Refraktiven Chirurgie wird die Multifokallinse mit der Zunahme des refraktiven Linsenaustauschs eine bedeutendere Rolle einnehmen, so Prof. Dr. Michael C. Knorz (Mannheim).

Linsenmaterialien

Die Diskussion über die Rolle der Linsenmaterialien wurde von Prof. Dr. Rupert Menapace (Wien) in seinem Referat ausgiebig beleuchtet. Er stellte die Hypothese auf, dass Silikon das Linsenmaterial der Zukunft sei. Silikon sei ein Material, das seit Mitte der 80er Jahre für faltbare Intraokularlinsen in Verwendung ist, dessen Verbreitung mit der Einführung der Acrylate aber insgesamt rückläufig ist. Unterschiedliche Nachteile wurden für Silikonlinsen ins Feld geworfen: 1. Diskoloration und 2. die Fibrose und Nachstarrate. Die Diskoloration erwies sich jedoch als anfängliche Produktionsschwäche und kann heute im Gegensatz zu den Acrylaten (Glistenings) ausgeschlossen werden. Ein großer Nachteil der frühen Silikonlinsen war eine gelegentliche, dafür aber massive Fibrosereaktion der Linsenkapsel mit partiellen Schrumpfungen der Kapsulorhexis und des Kapselsacks, Dezentrierung und Verkippung der Linsenoptik. Hinzu kam eine Ausbildung von YAG-laserresistenten Plaques auf der Hinterkapsel. Dies waren jedoch Folgen eines rundkantigen Optikdesigns und der noch unzureichenden Operationstechnik mit zu kleiner oder dezentrierter Kapsulorhexisöffnung, so Menapace in seinem Referat.

Mit der scharfen Optikkante und adäquater Kapsulorhexistechnik habe sich das grundlegend geändert: substratfibrotische Komplikationen sind die Linsenepithelzellen der Linsenvorderkapsel. Diese können eine runde Optikkante umwandern und so auf die Hinterkapsel gelangen. Dort führen sie zu Trübungen und Schrumpfungen, die zu Dezentrierung und Verkippung oder zum Einknöpfen der Optik in die Kapsulorhexisöffnung führen können. Diese Komplikationen seien bei Silikonen wegen der fibrosekatalysierenden Wirkung besonders ausgeprägt, jedoch auch bei Acrylaten zu beobachten. Das Fehlen dieser Komplikationen bei der AcrySof-Linse sei nicht, wie anfänglich angenommen, auf eine besondere Materialeigenschaft, sondern in erster Linie auf die scharfe Optikkante dieser Linse zurückzuführen. In Unkenntnis dieser Kausalitäten wurde das günstige Nachstarverhalten als Eigenschaft des AcrySof-Acrylats und schließlich aller Acrylate gesehen. Diese Fehleinschätzung habe sich nicht zuletzt durch geschicktes Marketing über Jahre gehalten, so Menapace in seinem Resumee.
Nach seinen Ausführungen folgerte Menapace eine Renaissance der Silikone als Linsenmaterial: Bei keinem Material habe die Einführung der scharfen hinteren Optikkante die Komplikationen so stark verringert und gleichzeitig die nachstarblockierende Wirkung so verstärkt. Die nachteiligen Auswirkungen der Fibrose wurden praktisch beseitigt, Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit der Kapselkantung dagegen optimiert. Damit sind Silikone wieder in das Spitzenfeld empfehlenswerter Linsenmaterialien gerückt und haben das Potential, ein breiteres Marktsegment zurückzuerobern.

Gelbfilterlinsen

Zur Thematik der Gelbfilterlinsen hielt Martin A. Mainster, PhD MD, FRCOphth (Kansas City, USA), ein ausgezeichnetes Referat und analysierte, wie lichtblockierende Intraokularlinsen, die menschliche Linse, aber auch Sonnengläser die retinalen Photorezeptoren, die skotopische Sensitivität und Melanopsienbeleuchtung beeinflussen können. Blaues Licht ist verantwortlich für 35 Prozent der skotopischen Lichtverhältnisse und über 50 Prozent der Melanopsiensensivität. UV + Violett + blaublockende Intraokularlinsen erzeugen 50 Prozent weniger Photoprotektion als Sonnengläser, die ihrerseits wieder während schlechter Lichtverhältnisse zur Optimierung des Visus entfernt werden können.

Die Gelbfilterlinsen erlauben außerdem 15 Prozent weniger skotopische Sensitivität und 18 Prozent weniger Melanopsienbeleuchtung als die konventionellen UV-blockenden Intraokularlinsen.
Er schlussfolgerte, dass es zur Zeit sowohl klinisch als auch experimentell keine Beweise gäbe, nach denen die Altersbedingte Makuladegeneration durch Reduktion der normalen umgebungsbedingten Lichtexposition zu verhindern sei. Zudem zeige keine Linse einen signifikanten Schutz gegen die Blau-Grün-Phototoxizität. Die neuartigen Gelbfilterlinsen böten jedoch eine bessere UV-Blau-Photoprotektion, aber insgesamt schlechtere skotopische als auch Melanopsiensensitivität als die konventionellen UV-blockierenden Linsen. In den meisten Fällen entstehe die AMD bei Menschen über 60 Jahren, wobei die 53-Jahre alte kristalline Linse sie auch nicht verhindern könne. Die Gelb-Blocker-Linsen hätten jedoch 20 Prozent weniger blaueUV-Licht-Photoprotektion als die einer 53 Jahre alten kristallinen Linse. Selbst unter der Annahme, dass die AMD-Phototoxizitäthypothese wahr wäre, würden Gelbfilterlinsen die Makuladegenerationdennoch nicht verhindern können, so Mainster in seinem Referat.

Neue technologischen Veränderungen

In einem weiteren Block wurden die neuen technologischen Veränderungen der Firma AMO vorgestellt. Es handelt sich hier um die neue Vorderabschnittsmaschine Sovereign mit der ICE-Technology, die durch eine neuartige, softwaregetrie-bene Kon—-trolle den Ultraschall als auch die Fließgeschwindigkeitsverhältnisse antizipiert und eine kontrollierte Vorderkam-merstabilität während der Phakoemulsifikation sicher und effizient mache, so Prof. Dr. Ekkehard Fabian (Rosenheim) in seinem Vortrag. Die Gemini, eine neuartige Maschine -für Vorder- und Hinterabschnittschirurgen, zeigt durchaus Ver-bes-serungen für die Kombinationsanwender und wurde ausführlich von Dr. Gabor Scharioth vorgestellt.

Biomechanik der Kornea und Keratokonusdetektion

Am zweiten Tag des Meetings folgte dann die erste refraktive Sitzung, die sich zuerst mit der Biomechanik der Kornea und schließlich mit der Detektion von potentiellen Keratokonuspatienten auseinandersetzte. Prof. Dr. Kohnen (Frankfurt) stellte mit seiner Arbeitsgruppe eine Studie vor, bei der die Hornhauttopographie über Zernike-Polynome bei Normalpatienten sowie bei Patienten mit einseitigem Keratokonus und ihren Partneraugen analysiert wurden. Es stellte sich bei dieser Untersuchung heraus, dass gerade die vertikale Coma (Z 3-1) als besondere Parameter für die frühe Keratokonusdetektion wichtig sei. Man solle also durchaus bei Patienten mit auffälliger kornealer Topographie diese separate Wellenfrontanalyse der Hornhaut durchführen, um so die subklinischen Keratokoni im Frühstadium erkennen zu können.

Wellenfrontgeführte Ablation

Die wellenfrontgeführte Ablation hat sich weiterhin, gerade auf dem amerikanischen Markt, durchgesetzt. Hier sind die Systeme von VISX (AMO), Bausch & Lomb und Alcon derzeit FDA-geprüft. Prof. Dr. Knorz (Mannheim) stellte seine Erfahrungen mit der VISX-Technologie vor. Die Ergebnisse seien nach seiner Erfahrung besser als die seiner Vorgängerlasermodelle, wobei hier erwähnt werden müsse, dass die neuartige VISX-Technologie auch eine Iriserkennungssoftware enthalte und sich somit die präoperativen Daten intraoperativ genauer auf die Kornea applizieren ließen. Nach Knorz seien somit durchaus Verbesserungen seiner operativen Ergebnisse zu erwarten.

Femtosekundentechnologie

Als immer wieder sehr beliebtes Thema der letzten Jahre hat sich die Femtosekundentechnologie in die Diskussion geworfen. Priv.-Doz. Dr. Michael Mrochen (Zürich) stellte seine kritische Meinung zur Femtosekundenlasertechnologie dar. Er verwies besonders darauf, dass 30 Prozent der abgegebenen Laserenergie bis zur Netzhaut vordringen könne. Außerdem könnten laut der Literaturangaben durchaus Veränderungen wie kleinere Netzhautblutungen oder auch langfristig Netzhautschäden (Glaskörperabhebungen, Risse der Netzhaut, Ablationen) entstehen, da während der Laserablation (Flapschneidung für die lamelläre Hornhautchirurgie) doch überproportional lange Ansaugphasen (>100 Sekunden) angewendet werden müssten. Auch in der Vorhersagbarkeit der Flapdicken zeigten heute die Femtosekundenlaser nur einen geringen Vorteil gegenüber den neuartigen Mikrokeratomen (10 versus 15 µm). Allerdings folgerte Mrochen, dass die Femtosekundentechnologie heute eine wertvolle Ergänzung für die moderne Hornhautchirurgie darstelle, insbesondere in der Refraktiven Chirurgie dürfe man auf weitere Ergebnisse mit optimierten Femtosekundenlasersystemen gespannt sein. Die hohen Anforderungen an die Lasersicherheit erforderten jedoch weitere Grundlagenuntersuchungen zu möglichen Schäden tiefliegender Strukturen der Augen.

Phake Linsen

Außerhalb der Excimerchirurgie entwickeln sich die phaken Linsen weiter. Die bislang verfügbaren PMMA-irisfixierten Linsen werden zurzeit durch faltbare Linsen (Artiflex/Veriflex – Silikonkörper mit PMMA-Haptiken) ersetzt. Nach Durchführung der europäischen Studie, an der auch einige deutsche Zentren teilgenommen haben, setzt sich dieser Linsentyp aufgrund der Ergebnisse immer mehr durch, wie auch das Referat von Herrn Dr. Vryghem aus Belgien zeigte.

Videopreisträger

Auch fand in diesem Jahr wieder die Vorstellung von unterschiedlichen Videos statt, wobei dann im Rahmen einer festlichen Veranstaltung die Videopreisträger geehrt wurden:

  1. Preis: Schmickler/Gerl: Die Technik der zeitgemäßen Enukleation mit Versorgung einer Orbitaprothese.
  2. Preis: Tetz: 360-degree-Viscocanalostomy of Schlemm´s Canal and 10-0 Nylon suture implantation using a flexible micro-catheter.
  3. Preis: Kohnen: Teaching the use of the toric Verisyse phakic IOL.

Hinterer Augenabschnitt

Am letzten Tag des Meetings folgte dann die Sitzung zum hinteren Augenabschnitt und zum Qualitätsmanagement. Prof. Dr. Ulrich Mester (Sulzbach) stellte aus seiner Sicht die immer noch experimentelle, chirurgische Behandlung branchialer retinaler Venenverschlüsse mit Hilfe der Sheatotomie bei gleichzeitiger intraokularer Applikation von Triamzinolon und rheologischer Behandlung vor, die zu einer Verdoppelung des präoperativ festgestellten Visus führte. Bei Patienten mit zentralen retinalen Venenverschlüssen und einer Radialen Opticus Neurotomie (RON) konnte in 59 Prozent aller Fälle die Bildung chorioretinaler Anastomosen festgestellt werden. Der mit dem Ophthalmodynamometer gemessene Venenabflussdruck konnte von präoperativ 90mm Hg auf durchschnittlich 30mm Hg postoperativ reduziert werden, wobei die Patienten mit niedrigem Venenabflussdruck die besten Ergebnisse zeigten. Er machte darauf aufmerksam, dass Patienten innerhalb von 14 Tagen nach Auftreten der Erkrankung behandelt werden sollten.

Prof. Dr. Peter Kroll (Marburg) bestätigte in seiner vergleichenden Studie, dass die Bildung chorioretinaler Anastomosen signifikant höher war als in der konservativ behandelten Gruppe, jedoch zeigten beide Gruppen keine Unterschiede der retinalen Durchblutungsgeschwindigkeit. Er schließe jedoch, dass mit der RON eine Verbesserung der retinalen Perfusion bei gleichzeitiger Stabilisierung der funktionalen Ergebnisse bei Patienten mit initial schlechtem Visus und schlechter Prognose, bei nonischämischen oder hämorrhagischen Verschluss möglich sei.

Prof. Dr. Arthur J. Mueller (Augsburg) erweiterte die Sitzung mit neuesten Information aus einer Metaanalyse zur Behandlung zentraler retinaler Arterienverschlüssen (CRAO) mit der risikobehafteten selektiven intraarteriellen Lyse. Außerdem stellte er erste Ergebnisse zur Behandlung branchialer retinaler Arterienverschlüsse (BRAO) mit Hilfe der Nd:YAG-Lasers Embolysis vor. Obwohl eine Rekanalisation der Gefäße möglich sei, träten vitreale Blutungen auf, die eine Pars-Plana-Vitrektomie bedurften. Diese experimentelle Behandlung von Arterienverengungen oder -verschlüssen würde derzeit noch durch die technischen Möglichkeiten von Nd:YAG Lasern begrenzt.

Qualitätsmanagement

Das Schwerpunktthema QM-System wurde von einer breiten Zuhörerschaft mit großem Interesse aufgenommen, da mit dem Inkrafttreten des GMG im Januar 2004 der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die grundlegenden Anforderungen an das interne QM-System mit Wirkung zum 1. Januar 2006 festgelegt hat. Es sei besonders wichtig, dass ein QM-System gelebt würde und dabei die Erstellung wie auch die Weiterentwicklung des Sys-tems für eine Verbesserung, zum Beispiel der internen Abläufe, der Motivation der Mitarbeiter sowie die Wettbewerbsfähigkeit, durch die Mitarbeiter eines augenärztlichen Unternehmens selbst durchgeführt würden. Dies sei im Übrigen auch kostengünstiger, so Dr. Heinz (Schlüsselfeld). Er empfiehlt die drei Phasen der Erstellung eines QM-Systems gemäß GBA: Planung (zwei Jahre), Umsetzung (zwei Jahre) und Überprüfung (ein Jahr). Danach wäre eine Zertifizierung möglich (aber nicht zwingend), die eine Entsprechungsmatrix zur DIN EN ISO 9001:2000 hat und die eine Matrix-Zertifizierung zum Beispiel Chirurg-Zuweiser ermöglichen würde.

Dr. Mrochen (Zürich) unterstrich dabei, dass nach der Einführung des QM-Systems gemäß ISO 9001:2000 die Kosten der Praxis durch effizientere Abläufe gesenkt werden könnten und vor allem eine messbar höhere Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit erreicht werden könnte. Der Arzt als Unternehmer solle das Qualitätsmanagement eher als ein „prozessorientiertes Praxismanagement“ verstehen, bei dem er selber entscheiden könne, wie er was regelt, schloss Mrochen den Sitzungstag.

Schlusswort der Autoren

Nach drei Tagen endete vor der malerischen Kulisse des sonnenbeschienen und schneebedeckten Matterhorns in Zermatt eine wissenschaftlich sehr interessante Veranstaltung, deren Teilnehmer sich schon jetzt auf das kommende Programm im Januar 2007 freuen.

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