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Kontaktlinsen und Trockenes Auge

Zum BVA-Kontaktlinsenkongress im Kurhaus zu Wiesbaden
Erstmals nach 2006 veranstaltete der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) in diesem Jahr erneut einen Kontaktlinsenkongress im Kurhaus zu Wiesbaden. Die vom BVA-Ressorts „Trockenes Auge“ und „Kontaktlinsen“ organisierte Tagung bot den rund 300 Teilnehmern in 30 Vorträgen und 21 Kontaktlinsenkursen den aktuellen Stand zu Neuentwicklungen von Kontaktlinsen, ihrer Reinigungs- und Desinfektionsmöglichkeiten sowie Forschungsergebnisse und Therapieansätze des Trockenen Auges, das in der Kontaktologie eine große Rolle spielt. Ein Bericht von Dr. Dieter Schnell.

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Zum BVA-Kontaktlinsenkongress, der in diesem Jahr unter dem Titel „Kontaktlinsen und Trockenes Auge“ veranstaltet wurde, hatten die drei Hauptorganisatoren, Prof. Dr. Horst Brewitt, Dr. Gerald Böhme und Dr. Wolfgang Werner ein ausgewogenes Programm wissenschaftlicher Ergebnisse und deren Umsetzung in die Praxis zusammengestellt. Die von namhaften Referenten aus dem gesamtem Bundesgebiet dargebotenen Vorträge und Kurse waren optimal besucht, oft ausgebucht.

Vorträge

Im wunderschön renovierten Friedrich von Thiersch-Saal standen zunächst die Anatomie und Pathophysiologie der Hornhaut, des Tränenfilms und Trockenen Auges im Mittelpunkt der Diskussion, mit sämtlichen bewährten und auch neuen Untersuchungs- sowie Behandlungsmethoden, einschließlich modernster immunologischer Therapieansätze. Danach folgten Referate über Erkrankungen der Bindehaut und Lider sowie der Periorbital-Region. Therapien von Krankheiten kamen hier ebenso zur Sprache wie kosmetische Problematiken, wie beispielsweise nach Hyaluronsäure- und Botulinumtoxin-Anwendungen. Als dritter Teil der Vorlesungsreihe fanden Methoden von Korrekturen der Fehlsichtigkeiten Interesse. Im Mittelpunkt stand hier natürlich die Kontaktlinsenanpassung und -abgabe, von der optischen bis zur therapeutischen Anwendung. Interessant waren vor allem die neuen Projekte der Anpassung formstabiler Linsen bei Jugendlichen und Kindern, die hervorragende Ergebnisse zeitigen. Es folgten schließlich Ausführungen über die Anpassungen bei Keratokonus, Trockenem Auge sowie die Auswertung einer Erfassung von Kontaktlinsenkomplikationen, die der BVA seit einiger Zeit durchführt. Auch kamen steuerliche und rechtliche Problematiken, solche der Kontaktlinsenabrechnung und des Qualitätsmanagements zur Sprache. Von großem Interesse waren die Ausführungen über die Behandlung des Keratokonus mittels Crosslinking und Beiträge über refraktiv-chirurgische Eingriffe.

Kurse

Im Mittelpunkt der Kursweiterbildung stand die Fortbildung bei der Anpassung formstabiler Linsen. Hier wurden Kurse für Fluobildbeurteilungen, für torische sowie formstabile Speziallinsen angeboten. Großen Zulauf fanden Kurse für die qualitative und quantitative Untersuchung des Tränenfilms. Hier standen Tearscop und Tearlab als relativ neue Entwicklungen im Brennpunkt des Interesses. Auch ein Kurs für die Anpassung optischer und therapeutischer Kontaktlinsen bei Augenerkrankungen fand statt.
Bei den Kursen über die Anpassung flexibler Linsen interessierten vor allem die Kontaktlinsenhygiene, die Hygienerichtlinien, ihre Einhaltung und die Qualitätssicherung in diesem Bereich, Schwachpunkte bei der Weichlinsenanpassung weltweit. Die Untersuchungen über die Compliance ergaben einen optimalen hygienischen Standard nach zwei bis fünf Jahren zwischen 1,5 und 13 Prozent. Dies bedeutet, dass die überwiegende Mehrzahl der Träger flexibler Linsen Gefahr läuft, ihre Augen durch Infektionen zu gefährden. Die Erkenntnis, dass hier die formstabile Linse wesentliche Vorteile besitzt, durchzog als roter Faden die gesamte Veranstaltung.

Kurse über Administration, Abrechnung und juristische Problematiken ergänzten das Programm, neben Kursen für Lidpflege und Kosmetik beim Tragen von Kontaktlinsen. Themen am Rande behandelten Kurse mit der Thematik „Kontaktologie für Nichtanpasser“ und „Kontaktlinsen versus Refraktivchirurgie im Sport“.

Im Vortrag „von der „Contactologia zur Aktuellen Kontaktologie“ wurde der schwere Weg der Gründung einer neuen Zeitschrift für augenärztliche Kontaktologie vor vier Jahren beschrieben, nachdem die frühere dreisprachige Zeitschrift im Jahre 2000 eingestellt werden musste.

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Vortrag von Dr. Dieter Schnell: „Von der Contactologia zur Aktuellen Kontaktologie“

Insgesamt war festzustellen, dass die Augenärzteschaft deutliche Fortschritte bei der Behandlung des Trockenen Auges und der Linsenanpassung bei komplizierten Hornhautstrukturen verzeichnen kann.

Formstabile Linsen

Die formstabile Linse rückt in der Kontaktlinsenanpassung durch Augenärzte wieder mehr in den Mittelpunkt und wirkt dem Boom an unkritisch erfolgenden Weichlinsenabgaben entgegen. Da formstabile Linsen gegenüber flexiblen nur einen Bruchteil an Komplikationen hervorrufen, die individuelle Anpassung nur mit dieser Linsenart optimal möglich erscheint, einschließlich der Behandlung von Problemaugen und zudem ein Nachkauf dieser Linsen über das Internet praktisch unmöglich ist, stellt diese Linsenart nach wie vor, mit geringen Einschränkungen, die Linse der ersten Wahl dar, was bei diesem Kongress besondere Betonung fand.

Fazit

Zum harmonischen Ablauf und Klima dieser Veranstaltung trug vor allem auch die Kooperation und der Zusammenhalt des Kreises von Obleuten für Kontaktlinsen der einzelnen Bundesländer im Ressort des Berufsverbandes bei. Dies wirkte sich nicht nur an den Abenden, beim Referententreffen und dem Gesellschaftsabend, sondern während des gesamten Kongresses aus, wo jede Obfrau, jeder Obmann bei Spezialproblemen ansprechbar war und einsprang, wenn irgendwo Hilfestellungen benötigt wurden.

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Friedrich von Thiersch-Saal während einer Vorlesungspause.

Starke Unterstützung fand die Veranstaltung durch die Industrie, die als Sponsoren oder Aussteller zur Kostendeckung dieses doch sehr aufwändigen Kongresses beitrugen. Dass auch die Geselligkeit nicht zu kurz kam, muss hier wohl kaum betont werden. Die interessanten Gespräche und Diskussionen während der beiden erwähnten Rahmenveranstaltungen könnten einen eigenen Bericht füllen. Dass neben dem persönlichen Gespräch auch allgemein, ganz spontan, Fröhliches geboten wurde, war dem wieder neu in den Kreis der Ophthalmologen zurückgekehrten Ex-Augenarzt Dr. Winfried Rathke zu verdanken, der mit seinen ophthalmo-humoristischen Gedichten, Limericks und Liedern, unterstützt vom Autor dieser Zeilen, zum Gelingen des Gesellschaftsabends beitrug.

Alle Beteiligten waren der Meinung, dass Kongresse wie dieser der Attraktivität der augenärztlichen Kontaktologie dienen, diesen wichtigen Bereich augenärztlichen Handelns quantitativ und qualitativ aufwerten und fortentwickeln helfen. Ob die Wiedereinführung regelmäßiger Kontaktlinsenkongresse (der letzte fand 2006 an gleicher Stelle statt) möglich sein wird, entscheidet nicht zuletzt die Entwicklung der Ophthalmologie und der Kontaktlinsenindustrie.

Zu wünschen wäre jährlich eine ähnliche Kontaktlinsenveranstaltung, vielleicht im Wechsel als Symposium und Kongress, zusätzlich zur jährlichen Expertentagung der Deutschen Augenärztlichen Kontaktlinsen-Gesellschaft.

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