Interdisziplinäre Therapie der Endokrinen Orbitopathie
Was kann der Endokrinologe beitragen?
Bei nahezu 80 Prozent der Patienten mit immunogener Hyperthyreose findet man mehr oder weniger ausgeprägte klinische Zeichen der Endokrinen Orbitopathie (EO). Diese verläuft in den meisten Fällen milde und heilt spontan aus. Nur in etwa drei bis fünf Prozent der Fälle entwickelt sich eine schwere Endokrine Orbitopathie mit Beeinträchtigung des Sehnerven. Da die Behandlung der immunogenen Hyperthyreose auch den Verlauf der Endokrinen Orbitopathie mit beeinflusst, sollten alle Patienten mit moderater bis schwerer Endokriner Orbitopathie gemeinsam von Endokrinologen und Ophthalmologen behandelt werden, bevorzugt in einer gemeinsamen Sprechstunde. Ein Beitrag von Prof. Dr. Roland Gärtner.
Die immunogene Hyperthyreose tritt bei etwa 0,5 Prozent der Bevölkerung auf, mit einem Altersgipfel zwischen 40 und 60 Jahren (Brent 2008). Die häufigste extrathyreoidale Manifestation der immunogenen Hyperthyreose ist die Endokrinen Orbitopathie (EO). Sie manifestiert sich meist zusammen mit der Hyperthyreose, in selteneren Fällen aber auch ohne vorherige Hyperthyreose (primär euthyreote endokrine Orbitopathie) oder bei Patienten mit chronischer, lymphozytärer Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis). Das Zusammentreffen von EO und immunogener Hyperthyreose wird als Morbus Basedow bezeichnet. Die Ursache der EO ist eine lymphozytäre Infiltration des retroorbitalen Fett- und Muskelgewebes mit der Folge einer Zunahme des retroorbitalen Volumens mit Motilitätsstörungen der Augenmuskeln (Orgiazzi 2007). Auslöser der Autoimmunreaktion ist sehr wahrscheinlich der TSH-Rezeptor-stimulierende Autoantikörper (TRAk). Er stimuliert nicht nur den TSH-Rezeptor der Schilddrüse und ist für die Hyperthyreose ursächlich verantwortlich, sondern bindet auch an TSH-Rezeptor ähnlichen Strukturen an Präadipozyten oder Fibroblasten und initiiert eine Autoimmunreaktion. Dies geschieht nicht nur im orbitalen Gewebe, sondern sehr wahrscheinlich systemisch.
Mehr dazu im AUGENSPIEGEL 06/2009.