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Fachgebundene genetische Beratung in der Augenheilkunde

Durch die Fortschritte in der molekulargenetischen Diagnostik und den gentherapeutischen Ansätzen nimmt die molekulargenetische Beratung und Befundbeurteilung einen immer höheren Stellenwert in der Ophthalmologie ein. An der Universitäts-Augenklink Tübingen wurde erstmals die Fortbildung „Fachgebundene genetische Beratung in der Augenheilkunde“ angeboten. Über den Kurs, der mit Unterstützung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) veranstaltet wurde, berichtet Dr. Udo Hennighausen (Hamburg).

Der erstmalig angebotene Kurs „Fachgebundene genetische Beratung in der Augenheilkunde“ wurde mit Unterstützung durch die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) unter der Leitung von Prof. Katarina Stingl an der Universitäts-Augenklinik Tübingen im Juni letzten Jahres abgehalten. Stingl leitet die Sprechstunde für Erbliche Netzhautdegenerationen am Department für Augenheilkunde Tübingen und ist seit 2020 außerdem Sprecherin des Zentrums für Seltene Augenerkrankungen des Universitäts-Klinikums Tübingen, Sprecherin der Sektion Genetik der DOG sowie Koordinatorin des Deutschen Referenzwerks für Seltene Augenerkrankungen (DRN-EYE).

Einführung und gesetzliche Grundlagen

Prof. Carsten Bergmann, Medizinische Genetik Mainz, gab eine Einführung in die Humangenetik, erklärte die möglichen Erbgänge und führte in das Spektrum der verschiedenen Mutationstypen ein. Aus der Fülle des Erklärten sei mitgeteilt: Mildere Formen einer autosomalen Neumutation können sich als „Mosaike“ zeigen. Beim weiblichen Geschlecht erfolgt in der sehr frühen Embryonalentwicklung eine weitgehende Inaktivierung des zweiten X-Chromosoms, die sich deszendent fortsetzt (Lyonisation). Dieses bietet die Erklärung für die unter Umständen variable klinische Ausprägung einer Erkrankung bei Konduktorinnen.

Als prominentes Beispiel für eine heutzutage gentherapierbare Erkrankung erklärte Bergmann die Bedeutung der molekularen Gendiagnostik für die mit dem RPE65-Gen assoziierte Retinitis pigmentosa. Gemäß dem Gesetz zu genetischen Untersuchungen beim Menschen (Gendiagnostikgesetz, GenDG) darf jeder approbierte Arzt eine Blutentnahme zur jeweiligen Gendiagnostik durchführen, wenn Symptome vorliegen, die auf eine genetisch bedingte Krankheit hinweisen. Eine genetische Beratung ohne Vorliegen einer entsprechenden Symptomatik ist aber an die Gebietsbezeichnung Genetik oder an die entsprechende fachgebundene Qualifikation gebunden.

Arten der genetischen Diagnostik

Dr. Tobias Haack, Institut für medizinische Genetik und angewandte Genomik Tübingen, führte wie folgt aus: In der molekulargenetischen Diagnostik kommen sowohl konventionelle Analysen (zum Beispiel PCR/Sanger-Sequenzierung, quantitative PCR, MLPA, Schmelzkurvenanalyse) als auch Next-Generation-Sequencing-basierte Verfahren zur Anwendung. Letztere erlauben die zielgerichtete Untersuchung definierter genomischer Regionen (Panel- oder Exomsequenzierung), aber auch die Sequenzierung gesamter Genome.

Mehr dazu im AUGENSPIEGEL Februar 2023.

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