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Zum 36. Kongress der ASCRS in Boston

Zum 36. Kongress der American Society of Cataract and Refractive Surgery (ASCRS) trafen sich im April rund 7.300 Teilnehmer in Boston, USA. Den angereisten Ophthalmologen bot sich die Möglichkeit, aus etwa 700 wissenschaftlichen Vorträgen, 18 Symposien, 130 Kursen, 170 Filmen sowie 370 Postern ein individuelles Fortbildungsprogramm zusammenzustellen. Darüber hinaus gab es weitere Beiträge und Kurse speziell abgestimmt für ärztliches Assistenz- und Pflegepersonal in Zusammenarbeit mit der American Society of Ophthalmic Administrators (ASOA). Ein Bericht von Dr. Tanja M. Rabsilber.

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Die Eröffnungssitzung umfasste neben der Amtseinführung von R. Doyle Stulting, MD, PhD, zum neuen ASCRS-Präsident auch die „Binkhorst Lecture“, die I. Howard Fine, MD, hielt. Er gab zum Thema Kataraktchirurgie einen Überblick von den Ursprüngen bis zu Weiterentwicklungen im 20. Jahrhundert sowie aktuellen innovativen Ansätzen. Fine betonte, dass er sich vor 45 Jahren als Medizinstudent im dritten Jahr, als er bei intrakapsulären Kataraktoperationen assistierte, nicht vorstellen konnte, wie weit die moderne Kataraktchirurgie noch gehen würde.

Die „Charles D. Kelman Innovators Lecture“ wurde dieses Jahr von Henry F. Edelhauser, PhD, zum Thema „Evolution of surgical pharmacology: Reviewing the past and looking to the future“ gehalten. Edelhauser ist Professor in der Abteilung für Grundlagenforschung der Emory Universität Atlanta und Leiter der ophthalmologischen Forschung. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in der chirurgischen Pharmakologie, Physiologie der Kornea, Wege der Medikamentenapplikation und okulärer Toxikologie. Die Sitzung wurde durch Beiträge von Preisträgern der vergangenen Jahre ergänzt, die ihre aktuellen Forschungsergebnisse diskutierten.

Symposien

Viele Teilnehmer lobten die thematische Zusammenstellung der Symposien, die einen guten Überblick über aktuelle Themen sowie Therapieverfahren gaben und diese auch kontrovers beleuchteten. Im Fokus waren insbesondere die Presbyopiebehandlung inklusive globaler Perspektiven durch Zusammenarbeit der verschiedenen Gesellschaften ASCRS, ESCRS, APACRS und ALACCSA, die refraktive Kataraktchirurgie, kindliche Kataraktchirurgie sowie Komplikationsmanagement in der Refraktiven Chirurgie, der Kataraktchirurgie als auch Kornea-Highlights. Ein weiterer Schwerpunkt war die Kombination verschiedener Unterdisziplinen, wie zum Beispiel Behandlungsstrategien bei Katarakt und gleichzeitigem Vorliegen von Netzhauterkrankungen wie einer Altersabhängigen Makuladegeneration oder einer diabetischen Retinopathie. Im Symposium „Retinal disorders and the anterior segment surgeon“ wurden aktuelle wissenschaftliche und klinische Erkenntnisse präsentiert. Im Vordergrund stand hier die Frage, wann die Anwendung von VEGF-Inhibitoren durch den Kataraktchirurgen sinnvoll erscheint.

Informativ war auch das Programm für Assistenzärzte in Weiterbildung insbesondere im Hinblick auf den beginnenden Ophthalmochirurgen. Neben Falldemonstrationen und Hinweisen zum operativen Management gab es zahlreiche Sitzungen und Kurse, in denen chirurgische, diagnostische und therapeutische Fähigkeiten vermittelt wurden.

Wissenschaftliches Programm

Das wissenschaftliche Programm umfasste alle innovativen neuen Verfahren, inklusive auch solcher chirurgischer Eingriffe, die in den USA aktuell noch nicht zugelassen sind, wie zum Beispiel das INTRACOR-Verfahren zur kornealen, intrastromalen Presbyopiekorrektur oder die klinische Anwendung des Femtosekundenlasers im Rahmen der Kataraktoperation. So ist es nun möglich, neben Kapsulotomien auch Linsenfragmentierung, limbale Entlastungsschnitte sowie Clear-Cornea-Inzisionen durchzuführen. In diesem Zusammenhang sei auch die Sitzung „New and emerging technologies in cataract surgery“ erwähnt, die sich mit diesen und anderen vielversprechenden, neuen Ansätzen beschäftigte.

Die „ASCRS Lecture on Science and Medicine“ beschäftigte sich dieses Jahr mit dem Umgang mit Behandlungsfehlern. John D. Banja, PhD, beleuchtet hierbei nicht nur den Umgang mit dem Patienten, sondern auch mit sich selbst als Verursacher. Banja arbeitet am Institut für medizinische Rehabilitation und Ethik am Zentrum für Ethik der Emory Universität, Atlanta, USA.

Darüber hinaus hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, neben dem Hauptkongress sich in zwei weiteren Unterdisziplinen über aktuelle Standards zu informieren. Der World Cornea Congress in Boston hatte bereits einige Tage zuvor begonnen und umfasste insbesondere die Themenkomplexe Refraktive Chirurgie, Hornhauttransplantation, Diagnostik, Infektionen sowie Immunologie. Etwa 500 Delegierte nahmen am Glaukomfortbildungsprogramm teil. Hier wurden neben der medikamentösen und chirurgischen Therapie auch gesundheitspolitische Aspekte beleuchtet.

Gesundheitspolitische Themen

Auch in anderen Veranstaltungen zeigte sich der internationale Charakter der Tagung. Ein Schwerpunkt der ASCRS ist es, auch gesundheitspolitische Themen aufzugreifen. Die Sitzung „What in the world is going on with health care?“ beschäftigte sich mit Eigenschaften und Problemen in den verschiedenen Gesundheitssystemen. An der regen Diskussion beteiligte sich aus Deutschland Prof. Dr. Gerd U. Auffarth neben Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Kanada, Japan und den USA.

Auszeichnungen

Preise für den jeweils besten Vortrag einer Sitzung gewannen in diesem Jahr folgende Vertreter aus Deutschland: Prof. Dr. Holzer (Stability of femtosecond intrastromal presbyopic treatment: 18 months follow-up), Dr. Vetter (Intraocular pressure during flap praparation: comparison between 4 femtosecond lasers and 1 mikroceratome in porcine eyes), Dr. Scharioth (Intrascleral PC IOL haptic fixation: interim results), Prof. Dr. Auffarth (New concept of multifocal IOL technology) sowie Priv.-Doz. Dr. Haigis (Determination of posterior corneal radii of curvature using optical pachymetry). Posterpreise wurden unter anderem für folgende Themen vergeben: Größennomogramm für phake Hinterkammerlinsen durch Messung des Sulkusdurchmessers mittels Ultraschall (Rivera et al.), Rolle des topischen Interleukin-1-Rezeptorantagonisten in der kornealen Wundheilung und Haze-Entstehung nach PRK (Reilly et al.), Keratokonusgenelavierung (Lee et al.), Langzeitänderung der Keratometrie nach kindlicher Kataraktchirurgie (Lenhart et al.) sowie Gesichtsfeldanalyse Normaldruck- versus PEX-Glaukom (Ahrlich et al.). Priv.-Doz. Dr. W. Haigis durfte sich über die Auszeichnung „Special Interest“ in der Kategorie „Keratorefractive“ für sein Poster „Origin of corneal data in Gullstrand Eye“ freuen.

Das Filmfestival bot auch dieses Jahr einen interessanten Überblick über aktuelle innovative Technologien und chirurgische Verfahren sowie im Bereich „Quality Teaching“ didaktisch hochwertige Videos. Die Jury hatte Beiträge aus 31 verschiedenen Ländern zu bewerten. Folgende deutsche Kolleginnen und Kollegen konnten sich über die Auszeichnung „Runner-up“ freuen: Dr. Omid Kermani für seinen Beitrag „Toric IOL: Axis marking options and implantation technique“ in der Kategorie „Cataract/Implant Surgery“ sowie Dr. Stefanie Schmickler für ihr Video „The canaloplasty“ in der Kategorie „Glaucoma Surgery“. Der „Grand Prize“ ging verdientermaßen an Dr. Mani Bhaumik aus Indien. Er wurde für seinen Beitrag „Out or In: It´s the same door“, in dem er eine beeindruckende neue Technik zur Intraokularlinsenexplantation darstellt, ausgezeichnet.

In die ASCRS Hall of Fame wurden 2010 gewählt: Judah Folkman, MD, für seine wissenschaftliche Forschung zur Tumorangiogenese und Alan C. Bird, MD, für seine Beiträge zur Behandlung von Netzhauterkrankungen.

Auch am letzten Tag des Kongresses fand die „Best for Last“ Sitzung statt, in der alle ausgezeichneten Beiträge (Vorträge, Poster, Videos) gezeigt wurden. In der abschließenden Nachmittagssitzung „Clinical carryout session: Questions and Controversies“ wurde die aktuellsten Themen der diesjährigen Veranstaltung nochmals aufgegriffen und interaktiv diskutiert.

Ausblick

Die Vorbereitungen für die Fortbildungsveranstaltungen 2011 sind bereits angelaufen. Das ASCRS Winter Update Meeting wird vom 27. bis 31. Januar 2011 in Palm Beach Florida, USA, stattfinden. Der Hauptkongress kehrt im nächsten Jahr nach San Diego, Kalifornien, zurück. Vom 25. bis 30. März 2011 werden dort erneut zahlreiche internationale Teilnehmer erwartet. Die Möglichkeit der Registrierung beginnt am 25. August 2010.

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