Engagement in Kibosho

Am Fuße des Kilimandscharo in Tansania wächst seit Jahren eine durch deutsches Engagement entstandene Augenklinik, die 2002 von dem Traunsteiner Augenarzt Dr. Johann Dillinger gegründet wurde. Dillinger erhielt für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz. Einer der in der Augenklinik ebenfalls regelmäßig tätigen deutschen Ärzte ist der in Eckernförde niedergelassene Augenarzt Dr. Hans-Joachim Miertsch, der für seinen Einsatz von den Lesern der „Eckernförder Zeitung“ zum „Menschen des Jahres“ gewählt wurde. Ein Beitrag von Dr. Hannsjürgen Trojan.

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Kibosho ist eine Streusiedlung mit 25.000 Menschen in 1.400 Metern Höhe, direkt am Fuße des Kilimandscharo. Der Ort zeichnet sich wegen seiner Höhenlage durch ein äußerst angenehmes, auch für den Europäer gut verträgliches Klima aus. Von einem Ort nach europäischem Verständnis kann man eigentlich nicht reden, denn Kibosho besteht neben Privathäusern fast ausschließlich aus Seminar- und anderen kirchlichen Gebäuden. Bereits zur deutschen Kolonialzeit wurde die mächtige Kirche der Ortschaft erbaut. Das jetzige Diözesan-Krankenhaus allerdings war nur eine einfache Krankenstation, auch einen Arzt gab es damals noch nicht.

AKO – Aktionskreis Ostafrika

Das heutige Krankenhaus hat ein Einzugsgebiet von etwa 160.000 Einwohnern und versorgt jährlich etwa 7.000 Patienten stationär (1.200 Geburten) und 22.000 Patienten ambulant. Die jetzige
Größe des Krankenhauses verdankt Kibosho dem so genannten Aktionskreis Ostafrika (AKO). Um die Motivation zu erläutern, muss man einen thematischen Schlenker machen: Die Besteigung des knapp 6.000 Meter hohen Kilimandscharo stellt eine große Herausforderung an Bergsteiger dar, mehr noch aber für „Möchtegern-Bergsteiger“. Mitte der 60iger Jahre stellten Traunsteiner Bergsteiger fest, dass es auf allen Routen keinerlei Rettungsmöglichkeiten gibt. Mit dem Wunsch, entsprechende Bergungsmöglichkeiten für verunglückte Bergsteiger zu schaffen, war der Grundstein für den Aktionskreis gelegt.

Über die Bergungsmöglichkeiten hinaus war der Aktionskreis Ostafrika entscheidend daran beteiligt, dass die schon bestehende Krankenstation zu einem Krankenhaus aufgewertet werden konnte. Der AKO kümmerte sich um die kontinuierliche Entwicklung und Erweiterung des Krankenhauses und plante in diesem Rahmen den Bau einer Augenklinik, für die 2002 der Traunsteiner Augenarzt Dr. Johann Dillinger gewonnen werden konnte. Dillinger begann für dieses Projekt unermüdlich Gelder zu sammeln und brachte Ende August 2003 für das zweigeschossige Gebäude mit einer Grundfläche von 185 Quadratmeter eine komplette Augenklinik-Ausstattung auf dem Seeweg von Deutschland nach Tansania. Dillinger, der weiterhin jedes Jahr mehrmals in Kibosho ist, um dort zu operieren. Für seine Aktivitäten erhielt Dillinger das Bundesverdienstkreuz.

Out-reach-Einsätze

Von November 2004 bis März 2005 leitete Dr. Hans-Joachim Miertsch die Augenklinik in Kibosho. Niedergelassen ist Miertsch in Eckernförde als Augenarzt mit Belegbetten. Den Wunsch und auch den Plan, nach Afrika zu gehen, trug er schon lange mit sich. Nach einer tropenophthalmologischen Zusatzausbildung arbeitete er zunächst in Sambia, ehe er sich nachfolgend der Augenabteilung des Krankenhauses von Kibosho in Tansania annahm.

Miertsch erkannte sehr bald, dass eine Klinik nur arbeiten kann, wenn genügend Patienten vorhanden sind. Patienten kamen zwar, aber ihm wurde klar, dass man ihnen auch entgegen gehen muss. So initiierte das Ehepaar in der näheren und weiteren Umgebung Untersuchungen der ländlichen Bevölkerung. Die katholischen Priester verkündeten im Anschluss an die Messe den genauen Termin. Mit deren Unterstützung und Kartenmaterial der näheren und weiteren Umgebung konnte Miertsch die so genannten Out-reach-Einsätze für die nächsten Monate planen und erfolgreich durchführen. Die Einsätze waren in Absprache mit dem Kilimandscharo Christian Medical Center (KCMC) entstanden, um Doppeluntersuchungen zu vermeiden.

Die Mannschaft bestand meist aus einem Arzt, zwei Schwestern, einer Optometristin und einem Fahrer nebst etwa 20 Jahre altem Landrover, der über die schlechten Straßenpisten meist eine gute Stunde für eine Strecke von 20 Kilometern brauchte. Das Ehepaar Miertsch beschaffte ein weiteres Fahrzeug, mit dem die Patienten bei den Out-reach-Einsätzen bei Bedarf auch sofort nach Kibosho mitgenommen werden konnten. Dort wurden die erforderlichen Eingriffe ohne größere Wartezeiten durchgeführt. Dieses Fahrzeug wurde leider nach Mierschts Weggang zweckfremd genutzt.

Ambulante Sprechstunde

Der ambulante Betrieb fand in zwei gut ausgestatteten Untersuchungsräumen statt. Die Visusbestimmung wurde von den Schwestern schon auf dem Flur durchgeführt, die von Dr. Miertsch angeleitet worden waren, die Schiotz-Tonometrie und die Refraktionsbestimmung verlässlich durchzuführen. Die ausgemessenen Brillen wurden sofort in der vorhandenen vollständig ausgestatteten Optikerwerkstatt angefertigt, die ein Optikermeister aus Teisendorf im Krankenhaus eingerichtet hatte. Über Sammelaktionen hatte er nicht nur die gesamte technische Einrichtung beschafft, sondern auch ausreichend Brillen gesammelt und per Container nach Tansania verschiffen lassen.

Operative Eingriffe

Kleinere Operationen führte Miertsch sofort in der Sprechstunde aus. So auch die YAG-Laser-Kapsulotomien. Die größeren intraokularen Eingriffe wurden nachmittags durchgeführt. Der Operationssaal ist mit modernen Geräten ausgestattet. Die Eingriffe beschränken sich auf die Vorderabschnitte.

Dem Krankenhaus angeschlossen ist eine Schwestern-Schule. Obwohl der gesamte Unterricht in Englisch erfolgte, hatten die Schülerinnen große Defizite im Umgangsenglisch. So wurde der zusätzlich von Frau Ingrid Miertsch angebotene Englischunterricht morgens vor der Sprechstunde von den Schwestern-Schülerinnen gern angenommen

Weitere Einsätze

Das Ehepaar Miertsch verbrachte die ersten vier Januarwochen dieses Jahres wieder in Tansania. Miertsch hatte ein Stipendium der DOG erhalten, um als Dozent in Entwicklungsländern zu arbeiten. Die ersten 14 Tage lehrte und operierte er im KCMC in Moshi, wohnte aber in dem fünf Kilometer entfernt liegenden Kibosho, wo er dann nachmittags und abends die Sprechstunde abhielt und anschließend die notwendigsten Operationen durchführte. Das passte gut, da der tansanische Augenarzt Dr. Christian so endlich seinen Urlaub nehmen konnte. Miertsch hatte auch die Möglichkeit, die mitgebrachte Phakomaschine zu installieren und funktionsfähig zu machen. Frau Miertsch kümmerte sich um die Out-reach-Einsätze. Die zweiten 14 Tage arbeitete Miertsch in Dar es Salaam. Hier hielt er Weiterbildungskurse und installierte das neue Phakogerät. Miertsch: „Ich habe zu Hause noch ein weiteres Gerät. Das bringe ich das nächste Mal nach Kibosho mit.“

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Dr. Miertsch mit Ehefrau im Kreis von Mitarbeitern
und Schwestern-Schülerinnen.

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Mit einem uralten Landrover 110 auf dem Wege
zu den Out-reach-Einsätzen.

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