Wie man sehen kann, was es gar nicht gibt

Zur Physiologie und zur Philosophie von George Berkeleys Theorie über das Sehen
George Berkeley, irischer Philosoph und anglikanischer Bischof, propagierte seine Thesen von einer illusionären Welt zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Seine wichtigsten Werke verfasste er in den Jahren 1709 bis 1713, den Auftakt stellte sein „Versuch über eine neue Theorie des Sehens“, in dem er sich mit dem Verhältnis von Gesichts- und Tastwahrnehmung auseinandersetzt. Von Dr. Michael Ahlsdorf

Er musste sich auf Gott berufen. Wer sonst konnte es gewesen sein, der dem Menschen die Sinnesreizungen bescherte, diese Farben, Formen, Schattierungen und Kontraste, wohlgeordnet und in sich schlüssig wie eine grandiose Sinfonie? Es konnte und durfte nur Gott gewesen sein, der uns diese Eindrücke von Menschen und Landschaften lieferte – die es in Wirklichkeit gar nicht gibt.

George Berkeley propagierte seine Thesen von einer illusionären Welt zu Beginn des 18. Jahrhunderts, seine wichtigsten Werke verfasste er in den Jahren 1709 bis 1713. Kurz davor war er am Trinity College in Dublin zum anglikanischen Priester geweiht worden, Jahrzehnte später verstarb er als Bischoff. Ohne Gott ging damals nichts, zu groß war die Gefahr, noch auf dem Scheiterhaufen zu landen. Die Berufung auf Gott aber legitimierte die abstrusesten Thesen. Auch die, dass es die Welt da draußen, so wie wir sie wahrnehmen und sogar sehen können, gar nicht gibt. Abstrus? Nein, denn Theorien dieser Art waren in der Philosophie üblich. Sie sind es heute noch.

Mehr dazu im AUGENSPIEGEL November 2022.

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