Sonderverträge zur ambulanten Augenchirurgie
Seit fast zwei Jahren können Krankenkassen Sonderverträge zur besonderen ambulanten Facharztversorgung schließen. Die bundesweit erste Ausschreibung zur spezialisierten fachärztlichen Versorgung kommt aus Brandenburg und betrifft die Augenchirurgie. Ein Beitrag von Angela Mißlbeck.
Immer wieder sorgen Hausarztverträge nach §73b SGB V für Schlagzeilen. Jetzt hat die erste Krankenkasse einen Facharztvertrag nach §73c ausgeschrieben. Die AOK Brandenburg will auf diesem Weg die flächendeckende augenchirurgische Versorgung ihrer Versicherten mit ambulanten Kataraktoperationen und glaskörper- und netzhautchirurgischen Eingriffen mit Schwerpunkt auf wohnortnaher prä- und postoperativer Behandlung neu organisieren.
„Wichtig für uns ist, dass wir im Bereich der Selektivverträge vorne dran sind“, sagt der Sprecher der AOK Brandenburg Jörg Trinogga. Die Ausschreibung ist in vier Regionallose und zwei Fachlose gegliedert. Neben niedergelassenen Ärzten und Medizinischen Versorgungszentren kommen auch ermächtigte Ärzte und Einrichtungen als Leistungserbringer in Frage. Die Bewerbungsfrist endet Anfang Dezember. Beim Auswahlverfahren soll laut AOK der Preis zu 40 Prozent und die übrigen detaillierten Kriterien zu 60 Prozent berücksichtigt werden.
Was wird aus der KV-Versorgung?
Bei Verträgen zur ambulanten fachärztlichen Versorgung nach §73c SGB V wird die Vergütung direkt zwischen der Krankenkasse und ihrem Vertragspartner geregelt. Genau wie für die Hausarztverträge wird die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) um das Vergütungsvolumen bereinigt. Die KV Brandenburg äußert mit Blick auf das Honorarvolumen derzeit keine Bedenken, weil noch nichts entscheiden sei. „Wir sind im Moment für alles offen“, sagte KVBB-Sprecher Ralf Herre. Es sei denkbar, dass Ärzte sich über die KVBB-Tochtergesellschaft KVComm beteiligen oder auf eigene Initiative mit Abrechnung über die KV. Möglich ist aber auch, dass die Augenärzte sich ohne Einbeziehung der KV bewerben. Der Berufsverband der Augenärzte in Brandenburg steht den Verträgen nach §73c offen gegenüber. „Inwieweit diese Verträge die KV schwächen oder tangieren, hängt sicher von der jeweiligen Gestaltung ab“, so der märkische BVA-Chef Thomas Maruniak.
Wer mischt wie mit?
Als Bewerber kommen neben einzelnen großen Augenchirurgischen Zentren und ambulant tätigen Augenkliniken auch die augenärztliche Genossenschaft Brandenburg und der Ocunet-Verbund in Frage. Der Ocunet-Verbund könnte mit seinem Mitglieds-Augenzentrum in Groß-Pankow zumindest ein Regionallos abdecken. Den bislang mit diesem Zentrum bestehenden Integrationsvertrag hat die AOK mit Blick auf das Ende der Anschubfinanzierung und die finanziellen Unsicherheiten des Gesundheitsfonds gekündigt. Die Ausschreibung zielt laut AOK auch darauf, dieses Modell auf anderer vertraglicher Basis flächendeckend in ganz Brandenburg anzubieten. Dass auch die konservative Augenheilkunde über 73c-Verträge organisiert wird, schloss der AOK-Sprecher zunächst aus. „Ich glaube nicht, dass es sinnvoll wäre, die ganz normale augenärztliche Versorgung über 73c auszuschreiben“, so Trinogga. In manchen Regionen Brandenburgs besteht ein definierter Mangel an Augenärzten. Wenn sie sich in den Kreisen Cottbus-Land, Luckau oder Wittstock niederlassen, können sie sogar Sicherstellungszuschläge bei der KV beantragen.
Ocunet-Geschäftsführerin Ursula Hahn betrachtet 73c-Verträge für ihren Verbund als „essentiell, weil die gesamte ambulante augenchirurgische Versorgung direkt mit Krankenkassen geregelt werden kann“. Der Vorsitzende der augenärztlichen Genossenschaft Brandenburg Dr. Dietmar Reinfeld begrüßt die Ausschreibung der AOK Brandenburg. „Wir versprechen uns davon eine Stärkung der augenärztlichen Vergütung vor allem im konservativen Leistungsbereich“, so Reinfeld. Diese Hoffnung rührt vor allem daher, dass die AOK in der Ausschreibung Wert auf die Vor- und Nachsorge legt.
Wie geht es weiter?
Vorerst bleibt aber abzuwarten, welches Preisgefüge sich bei der Ausschreibung durchsetzt. Wenn ein harter Preiswettbewerb in Gang kommt, besteht durchaus die Gefahr, dass die extrabudgetäre Vergütung nach §73c niedriger ausfällt als die Bewertung der Leistungen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab. Der Zeitpunkt der Ausschreibung könnte sich dabei ebenfalls negativ auswirken. Denn es ist fraglich, ob die Neubewertung der Leistungen in Euro ab 2009 und die damit erwarteten Honorarsteigerungen Berücksichtigung finden. DER AUGENSPIEGEL wird über den Ausgang der Ausschreibung informieren.