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Kongress DOC 2008

Interview mit Dr. Armin Scharrer
Vom 12. Juni bis 15. Juni 2008 findet der 21. Internationale Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgen (DOC) im Messezentrum Nürnberg statt. Rund 4.700 Teilnehmer aus 56 Ländern konnte die Tagung der Ophthalmochirurgen im letzten Jahr zu ihrer 20. Jubiläumsveranstaltung begrüßen und versteht sich damit als inzwischen größter augenchirurgischer Kongress in Europa. Innovative Entwicklungen und Fachaustauch stehen auch in diesem Jahr wieder im Mittelpunkt des umfassenden Programmangebotes, das nicht nur zu Vorträgen, Kursen und Wetlabs lädt, sondern auch kontroverse Diskussionen anstoßen möchte. DER AUGENSPIEGEL sprach mit dem DOC-Präsidenten Dr. Armin Scharrer über die diesjährige Tagung.

BildDER AUGENSPIEGEL:
Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte der diesjährigen DOC-Tagung?

Dr. Armin Scharrer:
Neben der Kataraktchirurgie, der Glaukomchirurgie, der Refraktiven Chirurgie und der Netzhaut-Glaskörper-chirurgie steht der Bereich „Medical Retina“ im Mittelpunkt, da die chirurgische Behandlung der Makuladegeneration enorme Bedeutung erlangt hat.

DER AUGENSPIEGEL:
Einige augenchirurgische Themen sollen auch als Pro-Contra-Darstellung erörtert werden. Bei welchen Fragestellungen zeigen sich gegenwärtig Kontroversen?

Dr. Armin Scharrer:
Wie immer, werden bei der DOC Innovationen gegen Altbewährtes abgewogen und entsprechend bewertet. Dies gilt gleichermaßen für Trends in der Kataraktchirurgie (Multifokallinse, Monovision), wie auch für Innovationen in der Glaukomchirurgie (360-Grad-Kanaloplastie gegenüber der Trabekulektomie mit Mitomycin C) oder auch für neue Verfahren im Bereich der Netzhaut-Glaskörperchirurgie.
In der Behandlung der feuchten Makuladegeneration ist ganz sicher auch die Therapie mit Avastin und/oder Lucentis ein kontroverses Thema.

DER AUGENSPIEGEL:
Die DOC veranstaltet zum zweiten Mal ein gemeinsamens Symposium mit der American Academy of Ophthalmology (ASCRS) sowie der International Society of Refractive Surgery (ISRS). Ist dies ein Beleg dafür, dass die DOC an internationaler Bedeutung gewinnt?

Dr. Armin Scharrer:
Das ist ganz sicher so. Die DOC ist der Kongress der Deutschen Augenchirurgen, aber auch ein sehr bedeutender internationaler Augenchirurgie-Kongress. Teilnehmer aus fünf Kontinenten, aus über 50 Ländern beweisen dies ebenso wie die aktive Teilnahme von fast allen bedeutenden Persönlichkeiten der internationalen Augenchirurgie (so beispielsweise die Präsidenten von Fachgesellschaften usw.).

DER AUGENSPIEGEL:
Das internationale Symposium widmet sich der Refraktiven Chirurgie. Welche inhaltlichen Aspekte stehen im Mittelpunkt der gegenwärtigen Auseinandersetzung?

Dr. Armin Scharrer:
Sicher steht der Siegeszug der Femto-LASIK im Mittelpunkt der Diskussion. Es wird aber auch erstmals sehr deutlich diskutiert, dass Excimer-Laser nicht gleich Excimer-Laser ist und billige Excimer-Laser von der Qualität der Photoablation her nicht vergleichbar sind mit den erstklassigen Geräten.
Ein Dauerthema ist auch in 2008 noch aktuell, ob der Abtrag an der Oberfläche (surface ablation) ein qualitativ gleichwertiges Verfahren zur LASIK, insbesondere zur Femto-LASIK ist.

DER AUGENSPIEGEL:
Welche zukünftigen Trends zeichnen sich ab? Wohin wird sich die Refraktive Chirurgie entwickeln?

Dr. Armin Scharrer:
Mit Ergebnisdatenbanken in der Refraktiven Chirurgie wird die Ergebnis-Qualitätskontrolle immer stringenter. Es wird sich zeigen, dass Billiganbieter nicht mit den Premium-Anbietern mithalten können. Erstklassiges Equipment, erstklassige Ärzte sowie erstklassiges Personal haben ihren Preis! Diesen Trend, der in USA und Kanada bereits erfolgt ist, haben wir nun auch in Deutschland!

DER AUGENSPIEGEL:
Maßnahmen zur Qualitätssicherung spielen eine zunehmende Rolle. Nicht nur für den Patienten, sondern auch im Wettbewerb. Die Einführung des LASIK-TÜVs wurde als Instrument kritisiert, mit dem kleinere Praxen vom Markt gedrängt werden. Ist dies ein berechtiger Einwand?

Dr. Armin Scharrer:
Definitiv nein – wer so etwas postuliert, hat die Zeichen der Zeit (immer noch) nicht erkannt. Was in der Autoindustrie bei der Herstellung von Autos seit 30 Jahren selbstverständlich ist, sollte auch in der Augenchirurgie akzeptiert werden. Hochwertige Leistungen entstehen nur durch konsequente Ergebnis-Qualitätssicherung, die nicht nur transparent gemacht wird, sondern auch bewiesen werden muss. Dies ist ein Gebot der Stunde. Kein Kostenträger und kein Patient wird auf Dauer für Leistungen bezahlen, deren Wert er nicht im Vergleich zu Benchmarks beurteilen kann.
Wie in der Refraktiven Chirurgie wird auch in der Kataraktchirurgie, der Netzhaut-Glaskörperchirurgie und der Glaukomchirurgie in Zukunft kein gutes Geld bezahlt werden für Leistungen, die nicht ergebnisqualitätsgesichert gegenüber Benchmarks sind , transparent und beweisbar erbracht werden. Hier herrscht ein sehr großes Einverständnis zwischen Kostenträgern, Politik und Patientenverbänden!

DER AUGENSPIEGEL:
Auch in diesem Jahr wird wieder der Strukturwandel in der augenärztlichen Versorgung im Rahmen des berufspolitischen Gesprächs diskutiert. Welche Aspekte werden insbesondere zur Diskussion gestellt?

Dr. Armin Scharrer:
Der Strukturwandel in der augenärztlichen Versorgung wird in einem berufspolitischen Roundtable bei der DOC mit hochdekorierten Persönlichkeiten aus den Bereichen Gesundheitsministerien, KV und Krankenkassen diskutiert. Ob es uns gefällt oder nicht: Hier hat der Gesetzgeber klare Vorgaben gemacht und die Vorgaben haben ein gemeinsames Ziel: mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen. Die partielle Entmachtung der KV führt dazu, dass Leistungserbringer sich konkret Gedanken machen müssen, ob sie sich nicht in funktionierenden großen Netzwerken besser aufgehoben fühlen.
Ich sage bewusst „funktionierende Netzwerke“: Es wird den Kostenträgern sicher nicht genügen, dass man sich einen Namen gibt und die konkrete Absicht bekundet, gerne einen guten Vertrag mit den Krankenkassen abschließen zu wollen. OcuNet hat seit sechs Jahren hier zukunftsorientierte wegweisende Arbeit geleistet und ist allen ein Vorbild.

DER AUGENSPIEGEL:
Welche Rolle kommt dem einzelnen Arzt angesichts der sich verändernden Versorgungsstruktur zu?

Dr. Armin Scharrer:
Jeder Augenarzt wird, wenn er seine Praxis oder sein MVZ gut organisiert, liebenswürdig und nett mit den Patienten umgeht und gleichzeitig über eine perfekte EDV-Dokumentation seine Leistungen ergebnisqualitätsgesichert gegenüber Benchmarks erbringt und dies auch beweisen kann, immer ein ordentliches Auskommen haben.

DER AUGENSPIEGEL:
Ausstieg oder Kooperation – sind das die verbleibenden Alternativen für den niedergelassenen Augenarzt?

Dr. Armin Scharrer:
Wer die Augenheilkunde liebt – unser Fach ist ein sehr schönes und sehr wertvolles Fach – wird hoffentlich nicht aussteigen.
Kooperation ist das Gebot der Stunde.
Da unsere Verhandlungspartner in vielen Verträgen direkt die Kostenträger sein werden, und das ist unbestritten, ist in unserer Branche der mächtigste Kooperationspartner für die einzelne
Augenarztpraxis auch die beste aller Möglichkeiten.

DER AUGENSPIEGEL:
Herr Dr. Scharrer, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Ulrike Lüdtke.
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