Ich sehe, was ich sehen will

Nietzsches Übermensch und sein Perspektivismus

Der Philosoph Friedrich Nietzsche (1844–1900) prägte den Begriff des „Übermenschen“. Nietzsches Übermensch kann Übermenschliches: Er kann sehen, was er sehen will. Bei Bedarf wechselt er die Brille. Die philosophische Forschung hat dieses Konzept anerkannt und nennt es „Perspektivismus“. Vielleicht ist es aber auch eine Regenbogenphilosophie: Viele Sichtweisen auf die Welt sind möglich, und alle sind erlaubt. Von Dr. Michael Ahlsdorf (Edingen).

Im Jahr 1795 verfasste Friedrich Schiller die Ballade „Das verschleierte Bildnis zu Sais“. Es erzählt die Geschichte eines angehenden Priesters, der von einem verhüllten Bildnis erfährt, hinter dessen Schleier die Wahrheit zu sehen sei. Nachts macht er sich auf, um den Schleier zu lüften und einen verbotenen Blick auf die Wahrheit zu erheischen. Das geht nicht gut aus. Die älteren Priester hatten ihn gewarnt: Der Blick auf die Wahrheit würde niemandem gut bekommen. Ein tiefer Gram reißt den Jüngling zum frühen Grabe. Wir lernen daraus: Wahrheit kann man sehen. Aber es ist besser, gar nicht erst hinzugucken.

Mehr dazu im AUGENSPIEGEL Juni 2024.

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