Ergebnisse einer multizentrischen Verbandlinsenstudie (Teil 1)

Alle Linsen, die zu Behandlungszwecken Anwendung finden, werden als therapeutische Kontaktlinsen bezeichnet. Einen Unterbegriff stellen die Verbandlinsen dar, die vornehmlich zur Schmerzbekämpfung, Befundverbesserung und Heilung eingesetzt werden. Weitere therapeutische Kontaktlinsen können zur Amblyopiebehandlung und Medikamentenabgabe herangezogen werden. Die vorliegende Studie umfasst die Auswertung von 702 Verbandlinsen, die in 16 deutschen Augenarztpraxen von 1994 bis 2003 angepasst wurden. Ein Beitrag von Dr. Dieter Schnell./

Seit fast 2.000 Jahren sind Versuche bekannt, durch Abdecken der verletzten Hornhaut Schmerzlinderung und rasche Heilung nach Verletzungen der Augen herbeizuführen. Celsus legte etwa 100 nach Christus zur Verhinderung von Symblepharonbildungen in Honig getränkte Leinentücher auf die verletzten und verätzten Augen. Der als Entdecker der Verbandlinse geltende französische Arzt X. Galezofski beschrieb 1886 in einer Studie, dass er erfolgreich in Kokain und Sublimat getränkte Gelatineblättchen als Schmerz- und Infektionsvorsorge nach Operationen des grauen Stars angewandt habe. Im gleichen Zeitraum wurden Sklerallinsen zur Schmerz- und Symblepharonprophylaxe sowie als Irisersatz entwickelt. Einen großen Fortschritt stellten die Hydrogellinsen von Wichterle, Lim und Dreifuß dar, die in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfolgreiche Behandlungen erlaubten. Die Hema-Linse schließlich brachte Anfang der 70er Jahre den Durchbruch in der Anwendung flexibler Materialien zu therapeutischen Zwecken.

Parallel dazu klebten einige Kontaktologen bei schweren Heilungsstörungen des Epithels gasdurchlässige Hartlinsen (z. B. aus CAB-Material) auf Hornhäute und hatten auch damit zum Teil recht gute Erfolge. Einige Zeit danach versuchte man, die gerade auf den Markt gekommenen Silikonlinsen, die sich wegen ihrer hohen Gaspermeabilität besonders zu eignen schienen, therapeutisch einzusetzen. Leider waren deren Vorder- und Rückflächen sehr empfindlich und zeigten oft schon bald erste Schäden. Die Linsen wurden trübe und mussten oft bereits nach ein bis zwei Wochen gewechselt werden. Auch verhinderte der hohe Preis dieser Kontaktlinsen einen routinemäßigen therapeutischen Einsatz.

Collagen shields, mit oder ohne medikamentöser Durchtränkung, wurden bis zum bekannt werden der ersten BSE-Fälle zur besseren Epithelialisierung mit mäßigem Erfolg therapeutisch eingesetzt. Sie lösten sich meist nach einigen Stunden auf dem Auge auf. Danach wurden Versuche mit nicht-tierischem Material unternommen, die von keinem großen Erfolg gekrönt waren. Die Erfolgsgeschichte der Verbandlinse setzte sich mit den hoch hydrophilen Linsen fort, die bis zu 80 Prozent Wasser enthalten, und endet vorläufig bei den hochgasdurchlässigen Silikonhydrogelmaterialien, die seit 1999 zur allgemeinen Verfügung stehen.

Material und Methode

Für die vorliegende retrospektive Studie wurden von sechs Praxen alle Fälle von Verbandlinsenanpassung aus den Jahren 1994 bis 2003 erfasst, von weiteren zehn Praxen (wegen Computerproblemen und Datenverlusten) nur ein Teil. Es handelte sich bei den teilnehmenden Praxen um einen Querschnitt deutscher konservativer wie auch operativer Augenarztpraxen. Sämtliche Teilnehmer waren erfahrene augenärztliche Kontaktologen, eine unabdingbare Voraussetzung für die kompetente Anpassung und Betreuung von Verbandlinsenpatienten. Insgesamt wurden 702 Anpassungen ausgewertet.

Angepasst wurde die für den jeweiligen Fall geeignetste verfügbare Linsenart. In den ersten 5,5 Jahren bestanden die benutzten Linsen der Studie in Ermangelung geeigneteren Materials aus wenig gasdurchlässigen Weichlinsenmaterialien. In den letzten 4,5 Jahren wurden vorwiegend die ab 1999 erhältlichen, hoch gasdurchlässigen Silikonhydrogelmaterialien eingesetzt. Sie haben einen relativ niedrigen Wassergehalt, besitzen eine geringe Austrocknungstendenz und beeinflussen die Hornhautphysiologie nur wenig. Aufgrund der weltweit guten Erfahrungen mit diesen wesentlich verbesserten Materialien wurde bereits 2002 eine Leitlinie „Anpassung und Kontrolle von Verbandlinsen“ (Leitlinie 6A) vom Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) gemeinsam erarbeitet.

Mehr dazu im AUGENSPIEGEL 02/2009.

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