Zur 169. RWA-Versammlung in Mülheim

„Höhepunkte und Irrtümer in der Augenheilkunde“
Unter dem diesjährigen Hauptthema „Höhepunkte und Irrtümer in der Augenheilkunde“ fand Anfang Februar die 169. Versammlung des Vereins Rheinisch-Westfälischer Augenärzte (RWA) in Mülheim statt. Rund 610 Teilnehmer kamen in die Stadt an der Ruhr, die aufgrund des 100-jährigen Jubiläums ihrer Augenklinik als Tagungsort ausgewählt wurde. Im Hinblick auf den Teilnehmerrekord kam Dr. Cay Christian Lösche, diesjähriger Tagungsleiter und Chefarzt der Augenklinik Mülheim, in seiner Eröffnungsrede nicht umher zu fragen: „Liegt es an der Stadt oder am Thema?“. Von Katica Djakovic.

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Das diesjährige Hauptthema hatte zum Ziel, die Erkenntnisse, Irrtümer, Fortschritte und Höhepunkte in der Augenheilkunde der letzten Jahrzehnte aufzuzeigen und auf die aktuellen und praxisrelevanten Entwicklungen zu verweisen. Dr. Lösche betonte in seiner Eröffnungsrede: „Rückblick bedeutet immer von einander lernen“. Wichtig sei ihm als Tagungspräsident „mit den Referaten einen Überblick über gesichertes Wissen mit wertendem Blick auf frühere und heutige Verfahren zu vermitteln.“

Vorträge

Entsprechend referierte Prof. Dr. Günther K. Krieglstein (Köln) in dem Vortrag „Operative Glaukomtherapie – Siege und Niederlagen“ über moderne, innovative und operative Glaukomtherapien, die nicht alle nach einer kritischen Evaluierung einen überzeugenden Fortschritt gegenüber den traditionellen Operationstechniken darstellten. Er zeigte Fortschritte unter anderem bei der selektiven Trabekelchirurgie sowie bei der nicht-perforierenden Glaukomchirurgie auf und führte die Trabekulektomie mit Mitomycin C als Goldstandard gegenüber neuen Techniken auf.

Eine prospektive klinische Studie zur Evaluierung der 360-Grad-Kanaloplastik bei Patienten mit Offenwinkelglaukom, die seit einem Jahr unter anderem an drei deutschen ambulanten OP-Zentren läuft, stellte Prof. Dr. Norbert Körber (Köln) vor. Bei diesem Verfahren wird eine flexible Mikrokanüle im Anschluss an eine klassische Viskokanalostomie in den gesamten Schlemmschen Kanal eingeführt, um den Kanal und die Sammelkanäle zu dilatieren. Bisher liegen die Daten von 71 Patienten vor und der mittlere Augeninnendruck nach sechs Monaten betrug 14,4 mmHG bei im Mittel 0,2 Medikamenten.

Dass das AMD-Problem mit der Entwicklung intravitrealer Injektionen nicht gelöst sei, erläuterte Prof. Dr. Frank G. Holz (Bonn). Die neuen Therapien würden zwar einen erfreulichen Durchbruch darstellen und seien eine neue und wirksame Behandlungsmöglichkeit der neovaskulären, altersabhängigen Makuladegeneration. In der klinischen Anwendung gebe es jedoch noch zahlreiche offene Fragen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen pharmakologischen Möglichkeiten stellte Prof. Dr. Antonia M. Joussen (Düsseldorf) die chirurgischen Verfahren als Option vor, wo die medikamentöse Behandlung versage. Bei großen submakularen Blutungen etwa müsse operiert werden. Sie stellte die chirurgischen Möglichkeiten dar von der reinen Membranextraktion über die IPE-Transplantation, die Makularotation bis hin zur Patch Translokation.

Prof. Dr. Daniel Pauleikhoff (Münster) referierte zum Thema „Welche Konsequenzen haben die neuen Therapien für unser medizinisches Handeln“ und setzte der „Euphorie“, AMD sei heilbar, die „Depression der nüchternen Betrachtung der Therapieeffekte sowie der finanziellen Aspekte“ gegenüber. Bei der Anti-VEGF-Therapie handele sich primär um eine Anti-Permeabilitätstherapie, wodurch die kurzfristigen Visusverbesserungen besonders bei Avastin und Lucentis zu erklären seien. Bezüglich des CNV-Wachstums komme es jedoch bei den meisten Patienten primär zu einem Wachstumsstopp. Bei einem Teil der Patienten könnten diese Effekte nur durch vier- bis sechswöchige Injektionen erreicht werden, während ein anderer Teil auch durch dreimonatige Injektionen zu stabilisieren sei. Pauleikhoff zeigte ein Zukunftsszenario auf, nachdem über einen Zeitraum von drei Jahren die Behandlung von zehn Patienten pro Woche in drei Jahren die Behandlung von 240 Patienten pro Woche bedeuten würde.

Dass der Arzt in seiner Berufsausübung einer Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen unterworfen ist, zeigte Klaus-Martin Sell (Mülheim) anhand von Fallbeispielen auf. Jeder ärztliche Eingriff erfülle den Tatbestand der Körperverletzung und nur bei Einwilligung des Patienten entfalle die Rechtswidrigkeit.

TED-System

Zum ersten Mal wurde auf einer RWA-Tagung ein TED-System zur verstärkten Einbeziehung der Zuhörer eingesetzt. Interessant waren zum Beispiel die Abstimmungsergebnisse bei dem Vortrag von Prof. Dr. Andreas Remky (Aachen) bei der Frage „Was ist die sinnvollste Glaukom-Funktionsdiagnostik zur Früherkennung?“: Vor dem Vortrag stimmten für die Antwort „Blau-/Gelb-Gesichtsfeld“ 45 Prozent der Teilnehmer (nachher 13 Prozent) und für die Antwort „s-/w-Gesichtsfeld“ vorher 36 Prozent (nachher 71 Prozent). Aufgrund der positiven Resonanz wurde auf der Mitgliederversammlung beschlossen, das TED-System auch bei zukünftigen Veranstaltungen zu verwenden.

Fazit

Die jährlich stattfindende Tagung des Vereins Rheinisch-Westfälischer Augenärzte, der mit knapp 600 Mitgliedern die größte deutsche regionale augenärztliche Vereinigung ist, ist über die Jahre hinweg von einer einfachen Versammlung mit kleinem Programm zu einem richtigen Kongresss angewachsen und konnte in diesem Jahr neben der bisher höchsten Besucherzahl ebenso die größte Zahl angemeldeter Vorträge verzeichnen: Insgesamt 83 Referate und Vorträge von hochkarätigen Referenten wurden in zwölf wissenschaftliche Sitzungen eingeteilt (unter anderem Glaukom, AMD, Katarakt, Netzhaut, Erkrankungen vorderer Augenabschnitte, Hornhaut und Uveitis). Unter dem Thema „Aus Fehlern lernen“ war ein besonderer Schwerpunkt dem Qualitäts- und Fehlermanagement gewidmet. Darüber hinaus wurden am Samstag Weiterbildungsveranstaltungen für OP-Personal, Pflegepersonal und Arzthelferinnen angeboten. Eine Posterausstellung sowie die 47 Firmen zählende Industrieausstellung rundeten die Tagung ab.

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Dr. Cay Christian Lösche,
diesjähriger Tagungspräsident
und Chefarzt der Augenklinik Mülheim.

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RWA-Vereinspräsident Dr. Michael Klein (Duisburg)
verabschiedet Dr. Marita Tietz-Olschowksy (Recklinghausen)
nach 20-jähriger Tätigkeit als Kassenwartin.

Die 170. RWA-Versammlung findet vom 8. bis 9. Februar 2008 in Wuppertal unter der Leitung von Prof. Dr. Edmund Gerke statt.

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