Zum 21. Kongress der DGII in Potsdam

Entwicklungen in der Katarakt- und Refraktiven Chirurgie
Vom 16. bis 17. März findet in Potsdam der 21. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation und refraktive Chirurgie (DGII) statt. DER AUGENSPIEGEL sprach mit dem diesjährigen Tagungspräsidenten Prof. Dr. Manfred R. Tetz, Direktor der Augentagesklinik Spreebogen und wissenschaftlicher Leiter des Berlin Eye Research Institutes (BERI), über das aktuelle Programm.

Bild DER AUGENSPIEGEL:
Herr Prof. Tetz, der Kongress der DGII tagt im März zum 21. Mal. Welche besonderen Schwerpunkte wurden in diesem Jahr für das Programm ausgewählt?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Neben den in Deutsch gehaltenen Kongressbeiträgen über Katarakt-, Glaukom- und Refraktive Chirurgie haben wir zusätzlich international besetzte Vortragsreihen und Round-Table-Gespräche zusammengestellt. Diese widmen sich vorwiegend den Themen der neuen Vorderabschnittsdiagnostik, Presbyopiekorrektur sowie kombinierten Eingriffen wie Katarakt-OP kombiniert mit Glaukom-OP, Vitrektomie oder Keratoplastik. Die besten Vorträge der jeweiligen Sitzungen werden wieder prämiert. In aktuellen Wetlabs und Kursen wird die praktische Anwendung innovativer OP-Techniken und Verfahren angeboten. Die teilnehmenden Industriefirmen werden sich wiederum zu einem kurzweiligen und sicherlich interessanten Wettstreit einfinden, der diesmal ohne Parallelveranstaltung die Kongressteilnehmer unterhalten und über die letzten Innovationen informieren soll. Für das augenärztliche Assistenz- und OP-Personal wird ein gesondertes Programm stattfinden. Neu sind im Vorfeld Kurse zu innovativen Techniken aus speziellen ophthalmochirurgischen Bereichen.

DER AUGENSPIEGEL:
Ein Schwerpunkt des Programms ist die Presbyopiekorrektur. Warum?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Die Presbyopie betrifft statistisch mehr als die Hälfte der Bevölkerung und ereilt im Prinzip jeden über 45- bis 50-jährigen. Sie ist damit die häufigste „altersbedingte“ Augenerkrankung. Die Refraktive Chirurgie nimmt sich durch Verbesserung der Therapiemethoden und die Entwicklung neuer Linsenoptiken diesem Thema verstärkt an. Vom 2. bis 4. November 2006 fand der erste Kongress der Internationalen Gesellschaft der Alterssichtigkeit (International Society of Presbyopia) in Barcelona statt. Ich hatte dabei das große Vergnügen, zusammen mit dem Tagungspräsidenten Dr. Bernhard Febrer-Bowen mehr als 80 internationale Experten, darunter Ophthalmologen, Optometristen, Physiker und Psychologen als Referenten begrüßen zu dürfen. Es wurden Therapieansätze, wie zum Beispiel diverse akkommodative und pseudoakkommodative Intraokularlinsen, sklerale Behandlungen, Laserprofile aber auch Biofeedback und neuroadaptive Prozesse ausgiebig vorgestellt. In zahlreichen weiteren Vorträgen dieses Kongresses wurden neue Behandlungsmodelle, wie zum Beispiel der Einsatz des Femtosekundenlasers und Phako-Ersatz, für die Presbyopie vorgestellt. Einen Teil dieser Informationen werden wir in der Sitzung über Presbyopiekorrektur mit anschließendem Round-Table bekommen.

DER AUGENSPIEGEL:
Welche technischen Entwicklungen für die Kataraktchirurgie werden in Potsdam diskutiert werden?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Der Trend in Bezug auf Kleinschnittchirurgie geht derzeit etwas weg von den bimanuellen Microinzisionen hin zur koaxialen Miniinzisionsphakoemulsifikation. In der Sitzung Phako-Techniken unter dem Mitvorsitz von Prof. Dr. Ekkehard Fabian werden zahlreiche Vorträge und Referate zu den Themen mikrokoaxiale, biaxiale und mikroinzisionale Phakoemulsifikation gehalten. Die neuesten Linsenentwicklungen werden in den Sitzungen „IOL: Material, Design und Optik“ vorgestellt. Wir freuen uns unter anderem auf das Referat zu IOL-Materialien von Dr. Liliana Werner „IOLs: Manufacting and more“. Prof. Dr. Holger Dietze wird aus optometrischer Sicht zu Grenzen der Aberrationskorrektion berichten.

DER AUGENSPIEGEL:
Welche Neuerungen gibt es bei IOL-Optiken?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Wesentliche Teile des 21. DGII-Kongresses beschäftigen sich mit Optikverbesserungen. Hier sind die asphärischen und „intelligent“ asphärischen IOLs sowie die neue Multifokallinsentechnologie zu nennen. Einige Vorträge aus diesem Bereich betreffen die Designoptimierung der MIOL und funktionelle Ergebnisse nach Implantation von MIOL insbesondere im Nah- und Fernbereich.

DER AUGENSPIEGEL:
Welche neuen diagnostischen Verfahren sind zu erwarten?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Dieses Thema wird uns in einer kompletten Vortragsitzung unter dem Vorsitz von Dr. L. Werner, Prof. Dr. Rudolf F. Guthoff und Priv.-Doz. Christopher Wirbelauer beschäftigen. Nie zuvor hat uns die Gerätetechnologie bessere prä- und postoperative Vermessungen des vorderen Augenabschnittes und des gesamten Auges erlaubt. Die Vorträge beschäftigen sich hauptsächlich mit den Themen: Konfokale Mikroskopie, Optische Kohärenztomographie, Scheimpflugkamera, Orbscan und UBM. Im Anschluss an diese Sitzung findet eine der bereits erwähnten Round-Table-Diskussionen zum Thema „Bedeutung der Vorderabschnittsdiagnostik“ statt.

DER AUGENSPIEGEL:
Was tut sich im Bereich der Materialentwicklung?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Hier möchte ich auf das bereits erwähnte Referat von Dr. Liliana Werner hinweisen. Sie wird über aktuelle Trends in IOL-Materialien und Beschichtungen unter den Aspekten optische Eigenschaften, Langzeitstabilität und Biokompatibilität berichten. Als eine der neuesten Entwicklungen kann ich die mit UV-Licht nach Implantation optisch anpassbare Silikonlinse nennen. Wir freuen uns außerdem über einen Vortrag zum Thema IOL-Entwicklung von Dr. David Apple. Er wird auch dem Pionier der Intraokularlinse, Sir Harold Ridley, in einem Referat Tribut zollen.

DER AUGENSPIEGEL:
Große Erfolge wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei der IOL-Entwicklung erzielt. Wo liegen die heutigen Herausforderungen?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Neben den optischen Verbesserungen der IOL liegt eine weitere Herausforderung im Bereich der Prävention der Cataracta Secundaria. Vor allem beim refraktiven Linsenaustausch ist 0 Prozent-Nachstar unser Traum. Das Bemühen, die Nachstarrate weiter zu reduzieren ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg dieser chirurgischen Maßnahme. Eine der ersten Sitzungen des Kongresses unter dem Vorsitz der Professoren Oliver Findl, Rupert M. Menapace und Hans E. Völcker widmet sich diesem Thema.

DER AUGENSPIEGEL:
Wie ist der Stand beim Thema „Akkommodation“?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Lassen Sie mich zu diesem Thema auf eine im November 2006 im Journal of Cataract and Refractive Surgery erschienene Publikation des Kollegen S. Strenk aus New Jersey verweisen. Mittels Magnet-Resonanz-Tomographie wurden 48 Augen (17 pseudophak) von 40 Patienten im Alter von 22 bis 91 Jahre untersucht. Die MRT-Bilder wurden während der physiologischen Akkommodation und bei Ruheakkommodation aufgenommen wobei der Durchmesser des Ziliarmuskelringes vermessen wurde. Die Aufnahmen zeigten, dass die Ziliarmuskeln das ganze Leben lang aktiv bleiben. Die Auswertungen ergaben, dass die akkommodative Verringerung des Ziliarmuskels im Durchmesser bei jungen und alten (z. T. pseudophaken) Menschen signifikant identisch ist. Diese stabile Fähigkeit des Ziliarmuskels könnte neue Möglichkeiten in der Korrektur von Presbyopie eröffnen.

DER AUGENSPIEGEL:
Wie sehen Sie die Entwicklungen in der Vorderabschnittschirurgie?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Zu diesem Thema wird Prof. Thomas Neuhann in bekannter akzentuierter Art einen persönlichen Rück- und Ausblick aus der Entwicklung der deutschen Ophthalmochirurgie, speziell der Vorderabschnittschirurgie, am Ende der Eröffnungssitzung präsentieren.

DER AUGENSPIEGEL: Zur jährlichen DGII-Umfrage: Welche Trends sind zu verzeichnen?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Die Umfrageergebnisse der von DGII, BVA und BODC durchgeführten Umfrage zur Katarakt- und Refraktiven Chirurgie 2006 wird Prof. Dr. Martin Wenzel (Trier) vorstellen. Ich möchte seinem Vortrag nicht vorweg greifen, jedoch kurz auf die Trends des Jahres 2005 eingehen. In den etwa 350 befragten Zentren gingen die Katarakt-Operationszahlen von insgesamt 480.000 (2004) auf 390.000 zurück. Die mittleren OP-Zahlen in Kliniken blieben gegenüber dem Vorjahr konstant, die von Belegkliniken sanken um 12 Prozent, die der ambulant operierenden Praxen um 3 Prozent. Die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) wurden 2005 erstmals in der Statistik mit einer mittleren OP-Zahl von 1.200 notiert. Die Anzahl der durchgeführten refraktiven Operationen blieb mit etwa 23.000 konstant, wobei die LASIK mit 70 Prozent immer noch die Methode der Wahl ist. Wir dürfen gespannt sein, ob diese Trends weiter anhalten oder sich 2006 doch geändert haben.

DER AUGENSPIEGEL:
Die DGII ist ein Kongress für den deutschsprachigen Raum. Haben die Kollegen in den Nachbarländern andere Erfahrungen beziehungsweise Probleme?

Prof. Dr. Manfred R. Tetz:
Auf der DGII-Tagung als deutschsprachigen Kongress werden auch internationale Kollegen aus insgesamt 13 Ländern wissenschaftliche Beiträge halten und die Round-Table-Diskussionen werden unter internationaler Beteiligung stattfinden. Wir dürfen gespannt sein, auch etwas über die jeweiligen nationalen Aspekte der Entwicklungen in der Augenchirurgie auf die einzelnen Gesundheitssysteme zu lernen.

DER AUGENSPIEGEL: Herr Prof. Tetz, wir bedanken uns für das Gespräch.

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