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Zum 9. Ophthalmochirurgischen Nachmittag der Artemis Augen- und Laserklinik

Neue Trends, Techniken und ­Entwicklungen
Bereits zum neunten Mal lud die Artemis Augen- und Laserklinik im September zum Ophthalmochirurgischen Nachmittag nach Frankfurt ein. Den rund 180 anwesenden Augenärzten im Liebighaus wurden von renommierten nationalen und internationalen Referenten interessante Vorträge sowie rege Diskussionen um neueste Trends, Techniken und Entwicklungen in der Ophthalmologie geboten. Ein zusammenfassender Bericht von Dr. Christian Horstmann.

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Dr. Kaweh Schayan-Araghi, Mitgründer der Laserklinik, eröffnet die Tagung.

Aktuelle Studien belegen, dass AMD-Patienten einen erheblich höheren Verlust an Lebensqualität empfinden als Ophthalmologen annehmen, betonte Dr. Claudia Jandeck, Frankfurt, die neue Ergebnisse zu den seit jüngster Zeit zur Verfügung stehenden Medikamenten gegen die feuchte Makuladegeneration vorstellte. So entspricht eine starke Ausprägung der Krankheit einem Verlust an Lebensqualität, der dem einer Aids-Infektion gleicht. Hierdurch gewinnen Behandlungsmethoden bei der altersabhängigen Krankheit umso mehr an Bedeutung. Während es vor zwei Jahren noch keine effektive Therapie gab, haben Behandlungsmöglichkeiten mit VEGF-Hemmern wie Lucentis und Avastin neue Perspektiven geschaffen. Eine eigene Untersuchung in der Artemis Laserklinik umfasste 626 Injektionen bei 235 ­behandelten Augen von 211 ­Patienten mit mindestens drei Monaten Nachbeobachtung. In 88 Prozent der Fälle stoppen die Wirkstoffe eine Verschlechterung der Sehkraft – bei rund 28 Prozent der Patienten rufen sie sogar eine deutliche visuelle Verbesserung um drei Zeilen hervor. In keinem der Fälle traten Komplikationen oder Infektionen auf. Da Therapien in den meisten Fällen nur den fortschreitenden Sehverlust unterbrechen, sollten Patienten nach wie vor frühzeitig fachliche Hilfe aufsuchen.

Kataraktoperation ein Risiko für AMD?

In den letzten Jahren mehrten sich Bedenken, ob Kataraktoperationen die Progression einer Makuladegeneration beschleunigen oder gar verursachen. Experten diskutierten verschiedene pathophysiologische Mechanismen, um solch eine mögliche Korrelation zwischen Kataraktoperation und fortgeschrittener AMD zu erklären: Lichttoxizität während der Operation, chirurgisches Trauma, entzündliche Faktoren nach der Operation oder eine gesteigerte Exposition der Makula gegen blaues Licht nach Entfernung der Linse. Intraokularlinsen mit Blaufilter werden weltweit in großer Zahl eingesetzt, um das potenzielle Risiko der Pseudophakie auf die Makula zu reduzieren. Prof. Dr. Horst Helbig, Regensburg, widerlegte detailliert eine Studie, die eine Assoziation von Kataraktoperationen und der Entwicklung einer AMD zeigt, und gab zu bedenken, dass schon vor der Kataraktoperation eine okkulte CNV vorgelegen haben könnte, welche Ärzte bei Kataraktbedingt schlechtem Einblick nicht diagnostizierten.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich keine eindeutige Korrelation zwischen Kataraktoperation und der Entwicklung einer AMD feststellen. Als praktische Quintessenz bleibt die Empfehlung, Patienten mit erhöhtem Risiko für Makuladegeneration bei beginnender Katarakt nicht sofort zu operieren. Bei fortgeschrittener Linsentrübung und verminderter Sicht jedoch sollten Mediziner Kataraktoperationen keinesfalls aus Angst vor Makuladegeneration unterlassen. Neben dem Einfluss von Kataraktoperationen auf die Entwicklung einer AMD thematisierten die Referenten auch intensiv die Katarakt selbst.

Entwicklungen in der Kataraktchirurgie

Prof. Dr. Rupert Menapace, Wien, hielt einen spannenden Vortrag zu State of the Art und zukunftsweisenden Entwicklungen in der Kataraktchirurgie. Im Bereich der Mikroinzisionschirurgie zeigt sich insbesondere in Europa ein Trend hin zur koaxialen Technik. Gründe hierfür sieht Menapace unter anderem in der fehlenden Wundtraumatisierung und optimalen Wundabdichtung durch den sich der Wunde anformenden weichen Silikonsleeve sowie den höheren und gleich bleibenden Infusionsfluss, der die Kammerstabilität erhöht und den Windkesseleffekt verringert. Dies erlaubt ein Arbeiten mit hohen Durchfluss- und Vakuumraten, womit Kraftschluss und Energieübertragung optimiert werden.

Des Weiteren ging Menapace auf die moderne Tiptechnologie ein, welche mittlerweile ein effizientes Arbeiten durch 1,6 ­Millimeter Inzisionen erlaubt. Nur die Entwicklung von Kleinstschnittlinsen erreicht bisher noch nicht dieses Niveau, denn die derzeit vermarkteten Mikroinzisionslinsen mit Platten- oder Flanschenhaptiken haben den Nachteil, dass Kapselkantungen entlang der breitbasigen Haptikanbindung unterbrochen oder geschwächt werden. Als Folge kommt es zu einer erleichterten Einwanderung von Linsenepithelzellen und zu einem erhöhten Risiko der Nachstarbildung. In seinem Vortrag betonte Menapace jedoch auch, dass Unternehmen bereits Linsen mit nachstaroptimiertem Design entwickeln, die lediglich einer Inzision von 1,8 Millimetern bedürfen. Ärzten bietet sich damit zukünftig die Möglichkeit, auf eine Erweiterung von Inzisionen für Implantate zu verzichten und den Vorteil der Mikroinzisionsphako zu erhalten.

Auch erste neue Operationstechniken, die einen Nachstar verhindern, befinden sich aktuell in der Erprobung und weisen gute Erfolge auf. Vor allem die Einführung von scharfkantigen Optiken führte zu einer drastischen Reduktion der Nachstarrate. Allerdings zeigen Langzeituntersuchungen ein verzögertes Barriereversagen, das zwischen drei und fünf Jahren deutlich wird und nach zehn Jahren zu YAG-Raten von beispielsweise über 40 Prozent bei manchen IOL-Typen führt. Demgegenüber schnitten Silikonlinsen, obwohl damals noch rundkantig, mit unter 20 Prozent deutlich besser ab, was die Bedeutung der kollagenösen Verklebung der beiden Kapselblätter entlang des Optikrandes zeigt. Daraus ergab sich, dass Strategien, welche Linsenepithelzellen am Optik­rand aufhalten sollen, den Nachstar langfristig nicht ausreichend verhindern.

Aufgrund dessen wurden chirurgische Alternativen auf ihre Nachhaltigkeit untersucht. Kapselpolituren reduzieren zwar den fibrotischen Nachstar, fördern jedoch wegen der Schwächung der kollagenösen Kapselverklebung den regeneratorischen Nachstar. Die primäre hintere Kapsulorhexis entzieht den Linsenepithelzellen eine wichtige Leitschiene. Diese können aber auch auf der Optik­hinterfläche fallweise bis ins Zentrum vorwachsen. Eine Kombination der hinteren Kapsulorhexis mit dem Einknöpfen der Optik hingegen leitet die Linsenepithelzellen am Optikrand vorbei auf deren Vorderfläche um. Dadurch wird die Nachstarbildung hinter der Optik ausgeschlossen. Zudem wird die Fibrose der auf der Optikvorderfläche aufliegenden Kapselblätter deutlich reduziert. Eine zusätzliche Politur beseitigt sie völlig und dies ohne einen Nachteil in Bezug auf die regeneratorische Komponente des Nachstars. Menapace setzte diese Technik in über 1.000 Fällen ein. Sie erwies sich als gut steuerbar, sicher und effektiv. In nur einem Fall kam es nach Monaten postoperativ zu einer Netzhautabhebung bei Achsenmyopie, in keinem entwickelte sich ein klinisch manifestes zystoides Makulaödem.

Intraindividuelle Vergleichstudien ergaben keinerlei Unterschied in postoperativem Druckverhalten, Flare und OCT-Befund der Makula. Als weitere Vorteile gegenüber der Kapselsackimplantation nannte der Experte, dass die Brillenverordnung bereits ab dem ersten Tag postoperativ erfolgen kann, da die Optik sofort ihre finale axiale Position einnimmt. Des Weiteren wird der Glaskörper besser stabilisiert, da die Optik etwa 1 Millimeter weiter hinten liegt. Hierdurch lassen sich eventuell die exzellenten Ergebnisse hinsichtlich Netzhautabhebung und zystoidem Makulaödem erklären.

Korrektur der Presbyopie

Großes Interesse verzeichnete auch der Beitrag von Dr. Eduard Haefliger, der Möglichkeiten thematisierte, bei Kataraktoperationen zusätzlich die Presbyopie zu behandeln. Seit Jahren forscht der Augenchirurg aus Binningen, Schweiz, mit dem Ziel, die Akkommodationsfähigkeit künstlicher Linsen zu verbessern. Aktuell existieren bereits ausgereifte statische Lösungen. Das Ziel künstliche Linsen zu entwickeln, die eine Umstellung des scharfen Sehens von der Ferne in die Nähe ermöglichen, bleibt bisher jedoch unerreicht. Für eine potenzielle Lösung hält er ein Auffüllen der enthaltenen Linsenkapsel beispielsweise mit Acrylpolymeren. Bei diesem Vorgehen bleibt das natürliche Volumen der Linse erhalten. Wie bei der natürlichen Linse könnten Muskeln die Akkommodation regulieren.

Bisher greifen Experten auf Multifokallinsen zurück, um eine Brille auch bei Nahsicht zu ersetzen. Haeflinger stellte eine Untersuchung vor, die die Zufriedenheit von Patienten mit modernen Mehr-Stärken-Linsen überprüft. Befragt wurden 31 Probanden mit Multifokallinsen und eine Kontrollgruppe mit 23 Probanden mit Monofokallinsen. Bei naher und mittlerer Entfernung bis 60 Zentimeter befanden sich Befragte mit den modernen Linsen im Vorteil. Auf größere Distanzen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede und auch das Kontrastempfinden beider Gruppen war identisch. Als einziger Nachteil der Multifokallinsen zeigte sich bei den Patienten eine erhöhte Blendeempfindlichkeit. Da aber 90 Prozent dieser Gruppe aussagten, ihre Lebensqualität habe sich erheblich verbessert, während nur 36 Prozent der Kontrollgruppe zu diesem Ergebnis kam, gehen die Experten davon aus, dass die Vorteile bei Mehr-Stärken-Linsen überwiegen. Dennoch, so betonte Haeflinger, sollten Ärzte jeden Patienten vor der Behandlung ausführlich über Vor- und Nachteile beider Alternativen informieren. Bei Betroffenen, die mit Lese- oder Gleitsichtbrille zufrieden leben, bieten sich nach wie vor die kostengünstigeren Ein-Stärken-Linsen an.

Fortschritt in der Keratoplastik

Zum Bereich der Keratoplastik referierte Prof. Dr. Thomas Neuhann, München. In den vergangenen 50 Jahren galt die Penetrierende Keratoplastik (PKP) als die vielversprechendste medizinische Behandlung bei Hornhautendothelerkrankungen. Mit dieser Therapie erzielen Mediziner zwar hervorragende anatomische Ergebnisse, visuelle Resultate hingegen sind in Bezug auf Geschwindigkeit, Qualität und Vorhersagbarkeit jedoch unbefriedigend. Durchschnittlich schränkt eine Operation mittels PKP die Sehfähigkeit des Betroffenen für zwei Jahre stark ein. Eine Vorhersage der endgültigen Hornhautkrümmung gestaltet sich schwierig, nach dem Eingriff ist die Mehrheit der Patienten auf Sehhilfen ­angewiesen. Des Weiteren zwingen die lang andauernden Regenerationszeiten Patienten, bei einer beidseitigen Behandlung lange auf die Therapie des zweiten Auges zu warten.

Einen erheblichen Fortschritt in der Keratoplastik bietet nun die DSAEK (Descemet Stripping Automated Endothelial Keratoplasty). Anders als noch vor einigen Jahren ersetzen Mediziner bei dieser Methode nur noch betroffene Teile der Hornhaut. Geeignet ist das Verfahren für Personen, die an einer Erkrankung der Hornhautendothelschicht leiden. Dies tritt am häufigsten bei Patienten mit einem Trauma der Endothelschicht nach einer Operation beispielsweise der Katarakt oder bei einer Fuchsendotheldystrophie auf. Vorteile der DSAEK sind eine schnellere visuelle Rehabilitation, ein geringeres intraoperatives Risiko im Vergleich zur perforierenden Keratoplastik sowie eine Vermeidung naht-assoziierter Komplikationen. Denn anders als beim herkömmlichen Verfahren erfordert die DSAEK nur einen kleinen Schnitt statt der üblichen vollständigen Eröffnung des vorderen Augenabschnitts. In der Regel verlaufen Eingriff und Regeneration schmerzfrei und das Risiko von Komplikationen, die das Sehvermögen gefährden, sinkt. DSAEK ist heute bei der Keratoplastik wegen endothelialer Erkrankungen die Methode der ersten Wahl.

Integrierte Versorgung

In seinem Vortrag über die integrierte Versorgung in Hessen konstatierte Dr. Bernd Strobel, Frankfurt, im Bundesland Hessen die weitaus meisten Verträgen zur Integrierten Versorgung sowie ein hohes Interesse der Krankenkassen an der Augenheilkunde. Neben den für alle Augenchirurgen geltenden Verträgen zwischen dem Bund Deutscher Ophthalmochirurgen (BDOC) in Hessen und den Krankenkassen existieren auch Abkommen zwischen den Artemis-Zentren und den Versicherern. Zu Letzteren gehört beispielsweise der Vertrag im Bereich der Netzhautchirurgie mit dem Verband der Angestelltenkrankenkassen (Barmer, DAK, TK, KKH, HEK und HMK). Hessenweit wiederum gelten Verträge mit der AOK in der Kataraktchirurgie und mit den Betriebskrankenkassen in den Bereichen Netzhautchirurgie und intravitreale Medikamenteneingabe zur Behandlung der Altersabhängigen Makuladegeneration.

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