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Kongress ESCRS 2008

Interview mit Prof. Dr. Gerd U. Auffarth
Vom 13. bis 17. September tagt die European Society of Cataract and Refractive Surgeons (ESCRS) im Internationalen Congress Centrum in Berlin. Mit Prof. Dr. Gerd U. Auffarth (Heidelberg) und Prof. Dr. Manfred Tetz (Berlin) gehören seit 2005 zwei Vorstandsmitglieder der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII) dem ESCRS-Vorstand an, Prof. Dr. Thomas Kohnen (Frankfurt) ist kooperierendes ESCRS-Vorstandsmitglied. DER AUGENSPIEGEL sprach mit ESCRS-Vorstandsmitglied und diesjährigem DGII-Tagungspräsidenten Prof. Dr. Gerd U. Auffarth über den ESCRS-Kongress.

Bild DER AUGENSPIEGEL:
Der ESCRS-Kongress findet, nach 2003 in München, zum zweiten Mal in Deutschland statt. Welchen Stellenwert hat das für die deutschen Ophthalmochirurgen?

Prof. Dr. Gerd U. Auffarth:
Grundsätzlich kann man kann schon sagen, dass die deutschen Ophthalmochirurgen einen wesentlichen Anteil an der ESCRS haben und Deutschland auch einen deutlichen Schwerpunkt in der Organisation darstellt. So gehören dem ESCRS-Board mit Professor Manfred Tetz, Professor Thomas Kohnen und mir immerhin drei deutsche Ophthalmochirurgen an. Auch im Kongress-Programm sind viele Vortragende und Forschungsgruppen aus Deutschland vertreten. Dass Deutschland nun bereits zum zweiten Mal Austragungsort des ESCRS-Kongresses ist, spiegelt den deutschen Stellenwert sicherlich wieder. Andererseits ist die Wahl eines Kongressortes sehr stark von logistischen Erwägungen geprägt. Der ESCRS-Kongress ist einer der großen Kongresse im refraktiv- und kataraktchirurgischen Bereich und verzeichnet etwa 5.000 bis 6.000 Besucher, für die man geeignete Gebäude beziehungsweise Tagungsstätten mit dem erforderlichen Umfeld benötigt. Letztlich sind es also vor allem organisatorische Gründe, die für die Entscheidung eines Tagungsortes ausschlaggebend sind.

DER AUGENSPIEGEL:
Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte des diesjährigen ESCRS-Kongresses?

Prof. Dr. Gerd U. Auffarth:
Der Kongress der ESCRS versucht die gesamte Breite des refraktiv- und kataraktchirurgischen Bereiches abzubilden und die aktuellen Entwicklungen aufzugreifen. Dies wird im Programm vor allem über die so genannten Research Symposia und Main Symposia vermittelt. Im diesjährigen Programm sind vier Research Symposia zu aktuellen Trends in den Bereichen Refraktive Chirurgie, Diagnostik und Kataraktchirurgie vorgesehen. Ausgewählte wichtige Themenkomplexe werden in den so genannten Main Symposia behandelt: Hier gibt es Symposien über phake Linsen und Excimerlasertechnologie oder auch zum Femtosekundenlaser. Im Vergleich zum letztjährigen Kongress-Programm werden etwas mehr linsenspezifische Aspekte im Vordergrund stehen. Neben der Linsentechnologie, also vor allem den Sonderlinsen wie zum Beispiel torische, multifokale, asphärische usw., nimmt auch der refraktive Linsenaustausch immer mehr Raum ein. Die Presbyopiekorrektur mit intrastromalem Abtrag, bzw. Presbyo-LASIK, wird ein weiteres wichtiges Thema sein. Im Bereich Kataraktchirurgie sind im letzten Jahr einige neue Maschinen auf dem Markt gekommen, so dass hier einige Beiträge zu erwarten sind. Im Bereich Phakotechnologie wird es sicherlich auch Neues zu berichten geben, im Bereich Viskoelastika hingegen weniger.

DER AUGENSPIEGEL:
Die ESCRS und DGII verbindet eine enge Zusammenarbeit. Worin besteht sie?

Prof. Dr. Gerd U. Auffarth:
Eine Form der Zusammenarbeit zwischen ESCRS und DGII besteht darin, dass man wechselseitig eine Mitgliedschaft mit reduzierten Beiträgen von beiden Organisationen erwerben kann. Eine weitere Form stellt das DGII-Symposium dar, in dem themenspezifisch sortiert, die Highlights der letzten DGII vorgetragen werden. Dieses Symposium wird nun schon zum wiederholten Male auf der ESCRS gehalten. Da drei Mitglieder sowohl im DGII- als auch im ESCRS-Vorstand vertreten sind, wird das Thema ESCRS oft diskutiert. Als DGII fühlen wir uns den Kollegen aus Österreich und der Schweiz verpflichtet, teilweise auch den osteuropäischen Ländern, wir kooperieren also hauptsächlich mit den deutschsprachigen Ländern, während die ESCRS doch mehr global europäisch ausgerichtet ist.

DER AUGENSPIEGEL:
Prof. Ionnis Pallikaris hat 2006 in London ein neues, von der ESCRS unterstütztes Ausbildungsprogramm vorgestellt, dass jungen Ophthalmologen eine kontinuierliche medizinisch hochwertige Ausbildung ermögliche soll. Welche Erfolge konnten bislang erzielt werden?

Prof. Dr. Gerd U. Auffarth:
Die Verbesserung der europaweiten Ausbildungsprogramme wurde von Pallikaris generell als Leitlinie seiner Präsidentschaft aufgerufen. Aber es ist eine schwieriges Unterfangen aus mehreren Gründen: Wir haben einerseits das Problem, dass es eine Ausbildung der Mediziner zu Augenärzten gibt, die in den einzelnen europäischen Ländern sowohl zeitlich als auch inhaltlich durchaus unterschiedlich sein kann. Gemeinsamer Nenner ist zwar das vom European Board of Ophthalmology (EBO) getragene Europäische Facharztexamen, das EBO-Examen in Paris, dies hat aber mit der ESCRS nichts zu tun. Außerdem wird es nicht wie eine Facharztprüfung anerkannt, das heißt mit dieser Prüfung kann man sich nicht in Deutschland als Augenarzt niederlassen.
Man muss also zunächst schauen, welche Ausbildungsprogramme es in den verschiedenen Ländern gibt und welche Bedeutung sie haben. Beispielsweise bieten SOE sowie EBO, aber auch übergeordnete Organisationen teilweise Fellowships oder andere Möglichkeiten an, aber im Einzelfall gilt es zu prüfen, welchen Wert diese Zertifikate haben. Bietet man etwa den Ländern, die in Bezug auf diagnostische Geräte unterprivilegiert sind, aber andere Ressourcen haben, eine Ausbildung über Fellowships oder Kurse an? Oder hält man Vorträge und Operationen in diesen Ländern? Bislang gibt es von der ESCRS noch keine festgelegte Politik bei diesen Fragen. Derzeit bemüht man sich herauszufinden, in welcher Form man in welchen Ländern aktiv werden kann. Und dieser Prozess ist in den letzten zwei Jahren noch nicht abgeschlossen worden. Grundsätzlich kann man sagen, dass Pallikaris mit seinen Vorschlägen eine rege Diskussion angestoßen hat und derzeit viele Konzepte erarbeitet werden.

DER AUGENSPIEGEL:
Die European Society of Ophthalmic Nurses and Technicians (ESONT) tagt jedes Jahr im Rahmen der ESCRS. Was bedeutet das für die Ausrichtung des Programms?

Prof. Dr. Gerd U. Auffarth:
Heutzutage sollte eigentlich auf jedem Kongress, der sich schwerpunktmäßig mit Katarakt- und Refraktiver Chirurgie auseinandersetzt, das Assistenzpersonal im Programm berücksichtigt werden. Ein Großteil der Logistik, die Organisation von Sprechstunden und Operationen sowie viele Untersuchungen liegen in den Händen vom Assistenzpersonal, das dem Arzt stark zuarbeitet. Für diese Aufgaben sollte das Assistenzpersonal bestmögliche Einblicke in die Operationsabläufe haben. Die ESONT ähnelt dem ASOE-Konzept auf der ASCRS und dem AP-Programm auf der DOC. Entsprechend gibt es auf dem ESCRS-Kongress für diese Gruppe Kurse und auch Wetlabs. Zum Beispiel Phakokurse für Schwestern, die selber auch mal am Schweineauge operieren können. Sie lernen dadurch nicht das Operieren, erhalten aber eigene Einblicke in die Technik der Operationen und verstehen dann besser die Herausforderung für den Chirurgen. Diese Kurse werden auch gut angenommen.

DER AUGENSPIEGEL:
Zum letztjährigen ESCRS-Kongress kamen 5.000 Teilnehmer aus über 100 Ländern nach Stockholm. Erwarten Sie Teilnehmereinbußen wegen des DOG-Kongresses, der einen Tag später ebenfalls in Berlin beginnt?

Prof. Dr. Gerd U. Auffarth:
Die Terminierung ist ein wenig unglücklich, war aber von der deutschen Seite nicht groß zu beeinflussen. Interessanterweise wußte keiner von den deutschen ESCRS-Board-Mitgliedern, dass der Kongress dieses Jahr in Berlin stattfinden sollte. Man muss sich seitens der ESCRS schon vor einigen Jahren dazu entschieden haben. Als letztes Jahr bekannt gegeben wurde, dass der europäische Kongress ebenfalls im September in Berlin stattfinden wird, blieb nur noch zu überlegen, ob man den Kongress der DOG eine Woche früher oder später veranstaltet. Für mögliche Überlegungen, die beiden Kongress zusammenzulegen, gab es keinen Spielraum mehr. Zudem sind DOG und ESCRS meines Erachtens auch zu unterschiedlich für diese Variante.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Kongressnähe auf die Teilnehmerzahlen auswirkt. Viele Teilnehmer aus den osteuropäischen Ländern besuchen beispielsweise gerne den Kongress der DOG. Da diese Besucher aber auch häufig zur ESCRS kommen, kann es sein, dass sie eine ganze Woche bleiben und beide Kongresse mitnehmen. Kann aber auch sein, dass sie erst zur ESCRS kommen und anschließend nicht mehr zur DOG gehen. Wahrscheinlich aber wird es einen Mittelweg geben, ich hoffe auf eine gute Beteiligung an beiden Kongressen.

Herr Professor Auffarth, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Katica Djakovic.
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