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„Wir sind wie eine kleine Klinik“

Zweigniederlassungen sind eine Option, die noch nicht viele Ärzte nutzen. Gerade in der Augenheilkunde bietet sich dieses Modell der Zusammenarbeit an. Wie es funktionieren kann, macht ein Team niedergelassener Augenärztinnen in Brandenburg vor. Ein Beitrag von Angela Mißlbeck.

„Die Augenheilkunde ist für die Zweigniederlassungsstruktur gut geeignet“, sagt Marina Müller, „wir können ein unheimlich breites ambulantes Behandlungsspektrum anbieten, brauchen dafür aber moderne, meist sehr preisintensive Geräte“. Die Augenärztinnen Marina Müller und Elke Burghardt haben sich deshalb bereits vor 16 Jahren in einer Cottbuser Praxis zusammengetan. Seitdem haben sie ihr medizinisches Angebot immer weiter ausgebaut. Eine Praxis für Spezialdiagnostik und Lasermedizin und ein OP-Zentrum mit Tagesklinik in Cottbus machten den Anfang. Vor zwei Jahren kam eine weitere niedergelassene Kollegin hinzu: Dr. Andrea Kretschmann hat maßgeblich die Zweigpraxis in Lübben aufgebaut. Seit Juli ist auch noch eine angestellte Ärztin mit im Boot: Dr. Kerstin Korb betreut nun die neue Zweigniederlassung in Peitz, rund 15 Kilometer von Cottbus entfernt. Gemeinsam versorgten die Ärztinnen zuletzt bereits mehr als 4.000 Patienten pro Quartal – da hatte die Zweigniederlassung in Peitz den Betrieb noch nicht aufgenommen.

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Elke Burghardt, Dr. Kerstin Korb, Dr. Andrea Kretschmann, Marina Müller (v.lks.).

Jeder Standort und jede der Ärztinnen hat einen Schwerpunkt. Kretschmann ist in Lübben für die Basisversorgung zuständig und hat in der Tagesklinik die Netzhaut- und Glaskörperchirurgie aufgebaut. Die Kataraktspezialistin Müller arbeitet die meiste Zeit im OP-Zentrum. Burghardt ist die Fachfrau für Spezialdiagnostik und Lasertherapie in der Cottbuser Praxis. Die angestellte Kollegin übernimmt die Basisversorgung im ländlichen Peitz und springt in Cottbus zur Krankheits- oder Urlaubsvertretung ein. „Wir sind wie eine kleine Klinik“, sagt Müller. Über Patienten mit schwierigen Krankheitsbildern tauschen sich die Ärztinnen aus. Das funktioniere sogar besser als im Krankenhaus, meint Kretschmann. Zugleich sichert die Zusammenarbeit allen ein breites Arbeitsspektrum.

Aus der Praxis ist inzwischen ein Unternehmen mit rund 20 Mitarbeiterinnen geworden. Von dem vielseitigen Spektrum profitieren nicht nur die Ärztinnen. Auch die Schwestern wissen die abwechslungsreiche Arbeit zu schätzen. So sind alle zu Höchstleistungen motiviert. Anders hätte der Aufbau der zweiten Zweigpraxis nicht so schnell innerhalb eines halben Jahres geklappt.
Von einem „Denken in die Zukunft“ spricht Müller. „Jetzt muss sich alles einspielen“, sagt die Augenärztin, die auch bei der Augenärztlichen Genossenschaft Brandenburg aktiv ist. Die Genossenschaft hat einen augenchirurgischen Vertrag mit der AOK Brandenburg, der auch die Grundversorgung sichern soll (wir berichteten). Dazu passt die Struktur der Praxis von Müller, Burghardt und Kretschmann bestens.

Den Patienten in den Gemeinden Lübben und Peitz bringt die Vernetzung große Vorteile. Eigentlich sind sie dort schon froh, überhaupt wieder augenärztliche Versorgung vor Ort zu haben. Vor allem Lübben war vorher jahrelang augenärztlich unterversorgt. Unterstützung bei der Zweigpraxisgründung gab es deshalb auch von der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg. Doch die überörtliche Gemeinschaftspraxis hat nicht nur die Grundversorgung in Lübben wieder in die Gänge gebracht. Sind spezialisierte Untersuchungen oder gar eine Operation nötig, dann kann das für die Patienten leicht und schnell innerhalb der ortsübergreifenden Praxisstruktur organisiert werden. Dazu greifen die Teammitarbeiterinnen auf die vernetzten Praxiscomputer zurück. Die Terminvergabe für Spezialsprechstunden und OPs erfolgt elektronisch und die meisten Patientenakten liegen digital vor, so dass die Daten an allen Praxisstandorten einsehbar sind. „Es war ein Riesenaufwand, das alles aufzustellen“, sagt Müller. Dabei spricht sie nicht nur vom materiellen Aufwand für die Geräte, die am neuen Standort gebraucht werden, sondern vor allem von der Organisation der ortsübergreifenden Struktur: Zentraler Einkauf, zentrale Terminvergabe und auch die Urlaubsplanung muss zwischen allen Standorten abgestimmt werden.

Die Ärztinnen sind voll des Lobes für ihr Team. Wenn Probleme auftreten, werden sie in den monatlichen Teamsitzungen besprochen. „Aber wir finden, bei uns klappt es ganz gut. Auch für den Arzt ist diese Struktur ein Vorteil, denn eine fachliche Weiterentwicklung ist möglich“, so das Fazit der Ärztinnen.

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