Private Krankenversicherung zahlt LASIK-Chirurgie
Eine Oralchirurgin, bei der eine Kontaktlinsenunverträglichkeit festgestellt worden war, unterzog sich einer Korrektur ihrer Fehlsichtigkeit durch refraktive Hornhautchirugie. Entgegen der Beurteilung der Privaten Krankenversicherung handelte es sich nach Auffassung des Berufungsgerichts dabei um eine medizinisch notwendige Behandlung i. S. v. § 1 Abs. 2 der Versicherungsbedingungen MB/KK 94, deren Kosten an die Patientin zu erstatten sind.
Nach Herstellerangaben werden jährlich alleine in der Bundesrepublik Deutschland mindestens 80.000 LASIK-Behandlungen durchgeführt. Weltweit sollen sich danach bereits sechs Millionen Menschen einer LASIK-Operation unterzogen haben. Als mögliche Risiken werden von Kritikern eine erhöhte Blendeempflindlichkeit, ein Fremdkörpergefühl und ein schlechtes Dämmerungssehen angegeben. Bei Wahrung der medizinischen Behandlungsstandards durch die zertifizierten Anwender könne nicht von einem erhöhten Komplikationsrisiko ausgegangen werden. Die seitens der privaten Krankenversicherung zur Ablehnung der Kostenerstattung angeführten diesbezüglichen Entscheidungen sind Einzelfalljudikate ohne generalisierungsfähigen Inhalt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.1999, 8 U 184/98, NJW 2001, 900; OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.09.2002, 7 U 102/01, VersR 2004, 244).
Bisher haben Private Krankenversicherer die Kostenerstattung regelmäßig mit der Begründung abgelehnt, die Verweisung des Patienten auf Brille und Kontaktlinse sei stets zumutbar, sie führe sicherer und risikoloser die Kompensation der Fehlsichtigkeit herbei, so dass der Wunsch nach einer augenchirurgischen Korrektur letztlich rein kosmetisch bedingt sei. Ein kosmetischer Behandlungswunsch stelle aber keine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen dar, die hierauf gerichteten augenärztlichen Bemühungen seien folglich nicht medizinisch notwendig im Sinne von § 1 Abs. 2 MB/KK 94.
Das Landgericht hat nun als Berufungsgericht klargestellt, dass es das Verfahren als hinreichend erprobt und sicher ansieht und es der Therapie mittels Brille oder Kontaktlinse jedenfalls gleichwertig ist. Es hat hervorgehoben, dass sogar eine gewisse Vorrangigkeit der LASIK-Behandlung bestehe, da hiernach nicht lediglich eine Kompensation der fortbestehenden Fehlsichtigkeit bezweckt werde, sondern die originäre Korrektur eines Defektes mit Krankheitswert. Schließlich weist das Gericht darauf hin, dass insbesondere die Verweisung auf Hilfsmittel nicht damit begründet werden könne, das diese möglicherweise kostengünstiger seien. Zum einen bestehe auch bei Brillen ein Korrektur- und Erneuerungsaufwand, vor allem aber sei eine solche Verweisung aufgrund Kostenvergleiches aufgrund der Entscheidung des BGH vom 12.03.2003, die auch für die ambulante Behandlung gelte (Vgl. LG Köln, Urt. v. 29.03.06, 23 O 269/06 für BOI-Zahnimplantate) ohnehin nicht mehr zulässig.
Diese gerichtliche Entscheidung korrespondiert mit dem Erlass der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 22.06.2006 (Az. S 2284 – St323), wonach die Kosten einer LASIK-Behandlung als außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuerrecht abzugsfähig sind, weil es sich hierbei um einen medizinisch und nicht bloß kosmetisch veranlassten Heileingriff handele (anders noch: FG Düsseldorf, Urteil vom 16.02.2006, 15 K 6677/04).
Zuletzt hatte auch das Landgericht Köln (Urteil vom 15.06.06, 23 S 8604, NJW-RR, 06, 1409) eine Kostenerstattung abgelehnt mit dem Begründungsansatz der Nachrangigkeit der Korrektur mittels Lasers ebenfalls die Kostenerstattung abgelehnt. Das nun vorliegende Berufungsurteil vermochte diesen Grundsatz den Versicherungsbedingungen jedoch nicht zu entnehmen und legt diese Frage nun dem Bundesgerichtshof vor.
Ob die Versicherungswirtschaft wegen der hierdurch zu erwartenden Kostenfolgen eine revisionsgerichtliche Abänderung versuchen wird, bleibt abzuwarten. Das erkennende Gericht hatte die in vergangenen Jahren die vorliegende Erstattungsfrage stets durch Vergleich beendet. Nach den Entscheidungen des AG München, Urteil vom 11.12.2003, 223 C 5047/03, und Landgericht München vom 04.11.2004, 31 S 951/04, hatte die PKV von der Möglichkeit einer höchstrichterlichen Klärung abgesehen und sich wiederum mit dem Patienten verständigt – offenbar um ein Präjudiz zu vermeiden.
Obwohl die vorliegende Entscheidung im Bereich der privaten Krankenversicherung erging, können auch Rückwirkungen auf die Erstattungslage im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung eintreten, da der Grad der wissenschaftlichen Anerkennung und praktischen Erprobung auch dort ein Kriterium der Zulassung darstellt (ablehnend im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung: Thüringer LSG, Urteil vom 27.03.06, L 6 KR 19/04).
Die vorliegende Entscheidung besitzt damit Relevanz nicht nur für die aktuellen und künftigen Erstattungsvorgänge, sondern auch für Behandlungen der Vergangenheit, sofern diese Ansprüche noch nicht verjährt sind.
Die Entscheidung ist im Volltext abgelegt bei:
http://www.rechtsanwalt-zach.de
Autor: Michael Zach
Fachanwalt für Medizinrecht, Mönchengladbach
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