Limbusnaher Tumor nach jahrelangem unkontrollierten Tragen harter Kontaktlinsen aus PMMA

Fallbeispiel aus der Praxis von Dr. Hans-Walter Roth.

Zur Anamnese

Eine 62-jährige Frau kommt zu einem Augenoptiker, sie wünscht die Überprüfung Ihrer Sehfunktion. Während beim Sehen in die Ferne keine Probleme erkennbar seien, habe sie erhebliche Schwierigkeit beim Lesen oder Einfädeln von Nadeln. Sie gibt an, seit etwas über 40 Jahren harte Kontaktlinsen zu tragen, und, da sie damit bislang beschwerdefrei war, habe sie sich jegliche Kontrollen erspart. Nochmals nachgefragt berichtet sie nur über ein gelegentlich erhöhtes Fremdkörpergefühl ihres linken Auges. Bei der Spaltlampenkontrolle fällt dem Optiker ein kleiner, limbusnahe gelegener Tumor auf, er rät zur raschen Abklärung durch einen Augenarzt.

Der Befund

Dort zeigt sich bei Parallelstand und freier Beweglichkeit beider äußerlich und innerlich reizfreien Augen links nasal ein kleiner, stecknadelkopfgroßer weißgrauer Tumor (s. Abb.), an dessen medialen Seite der Rand der formstabilen Linse bei Blickbewegungen und Lidschlag reibt. Der Visus für die Ferne beträgt mit der Linse beiderseits 1.0, für die Nähe ist ein Brillenausgleich von + 3,0 dpt erforderlich. Da die Linsengravierung noch lesbar ist können Alter und Parameter identifiziert werden: Der Brechwert beträgt rechts – 12,5 dpt. links – 10,75 dpt., das Material ist ein klassisches PMMA, die Linse stammt noch aus dem Jahr 1966.

Die Diagnose

Pterygium, Pseudopterygium.

Die Differenzialdiagnose

Alte Verletzungs- oder Entzündungsnarbe, Pinquecula.

Der Kommentar

Solche limbusnahe Tumore finden sich oft im Alter, meist werden sie vom Patienten spontan entdeckt. Da sie nur wenig stören, finden sie auch kaum Beachtung. Beim Tragen von weichen Linsen werden diese über solchen raumfordernden Tumoren verformt, es resultiert hieraus dann meist ein durch die Kontaktlinse selbst induzierter Astigmatismus in horizontaler Achsenlage. Harte Linsen scheuern mit ihrem Rand an dieser Stelle, was zur allmählichen Vergrößerung des Tumors führt. Regelmäßige augenärztliche Kontrollen sind hier unerlässlich.

Die Therapie

Limbusnahe Tumoren, sofern benigne, sind nur dann zu entfernen, wenn sie den Linsensitz, den Visus oder die Verträglichkeit beeinträchtigen. Bei Pterygien ist nach Entfernung allerdings eine hohe Rezidivgefahr gegeben, da die chronische mechanische Irritation durch die Kontaktlinse meist ein rasches neues Wachstum fördert. Im Zweifelsfall ist auf das weitere Linsentragen zu verzichten.

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