KI-Netzhautscreening zur kardiovaskulären Risikovorhersage

Eine diabetische Retinopathie gilt als Prädiktor für kardiovaskulären (CV) Ereignisse und vorzeitigen kardiovaskulären Tod (CVD). Im fortgeschrittenen Stadium der Retinopathie verdoppelt sich das Risiko. Die Vorhersage unerwünschter CV-Ereignisse könnte mit KI im Routine-Screening der Netzhaut einfacher und präziser werden, zeigt eine kürzlich in „Cardiovascular Diabetology“ publizierte Studie. Darin wurden 6.127 Patienten mit Typ-2-Diabetes ohne Herzinfarkt oder Schlaganfall in der Vorgeschichte eingeschlossen.

Neben Berechnung des Zehnjahres-CVD-Risikos erfolgte ein polygener Risiko-Score für die koronare Herzkrankheit. Primäres Studienziel war die Zeit bis zum Auftreten des ersten schwerwiegenden CV-Ereignisses (MACE), einschließlich kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt oder Schlaganfall. Ein höheres durch die Retina vorhergesagtes Risiko war signifikant mit einem erhöhten Zehnjahres-MACE-Risiko assoziiert. Mit einem Deep-Learning-KI-Modell kann MACE im Retina-Screening genau vorhergesagt werden. Das ermöglicht eine Risikobewertung für CV-Ereignisse bei Routine-Untersuchungen der Netzhaut, schlussfolgern die Autoren.

Die Studie sei ein weiteres Beispiel, welches Potenzial in KI stecke, meint Priv.-Doz. Hans-Joachim Hettlich von der Augenklinik am JWK Minden, der auch die Stiftung DHG (Diabetes | Herz | Gefäße) in der Deutschen Diabetes Stiftung fördert. Bei der Suche nach Netzhautschäden werde schon länger auf KI-gestützte Diagnostik gesetzt, um betroffene Patienten frühzeitig zu entdecken. „Ein Problem ist aber, dass wir Patienten in vielen Fällen zu spät sehen“, so der Ophthalmologe. Nur etwa die Hälfte der Menschen mit Typ-2-Diabetes ließen sich wie vorgesehen alle zwei Jahre augenärztlich untersuchen. Zudem würden Ärzte ihre Patienten oft erst schicken, wenn Krankheitsstadien weit fortgeschritten sind. „Alles steht und fällt mit dem Zeitpunkt der Diagnose und der Möglichkeit zu einer Therapie“, fassen Hettlich und der Diabetologe Prof. Diethelm Tschöpe zusammen. Hier könne KI zumindest als Add-on einen Beitrag leisten, schneller zur Diagnose zu kommen oder Risiken einzuordnen. „Das ersetzt nicht die ärztliche Leistung mit Untersuchung von Patienten, Ergebnisinterpretation und Therapieentscheidungen, die zu treffen sind.“ KI ergänze den diagnostischen Werkzeugkoffer.

Quelle: Deutsche Diabetes Stiftung

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