Internationales Symposium zur Hör- und Sehforschung in Tübingen
Jeder zweite Deutsche entwickelt im Laufe seines Lebens eine Seh- oder Hörbehinderung, etwa 80 Millionen Europäer leiden an diesen Erkrankungen. Die starke Zunahme der neurosensorischen Erkrankungen in den Industrienationen lässt sich nur teilweise mit der gestiegenen Lebenserwartung erklären, die eigentlichen Ursachen sind komplexer Natur: Neben persönlichen Lebensgewohnheiten tragen bisher weitgehend unbekannte Faktoren erheblich zu diesem Erkrankungsspektrum bei.
In dem Symposium „Neue Horizonte in der Seh- und Hörforschung“ diskutieren über 200 internationale und nationale Spitzenforscher vom 5. bis zum 7. März 2018 am Universitätsklinikum Tübingen aktuelle Aspekte und offene Fragestellungen hierzu.
Worin liegen die Ursachen für den Verlust von Seh- und Hörfähigkeit? Sind es genetische Ursachen oder Umweltfaktoren? Sind Stress, ständige Erreichbarkeit und exzessive Mediennutzung Gründe für die Zunahme sensorischer Erkrankungen im Alter? Erhöhen Hörstörungen das Risiko an Alzheimer zu erkranken? Oder senkt das Tragen einer Brille bei altersbedingter Sehschwäche die Gefahr einer Demenz? Kann man mit Gentherapie, Stammzellen oder elektronischen Implantaten neue Wege der Behandlung neurosensorischer Störungen entwickeln? Diese und andere Fragen stehen im Mittelpunkt des Symposiums.
Da Auge und Ohr eng verwandte Funktionsweisen haben und gemeinsame molekulare Systemkomponenten nutzen, sind häufig die Hör- und die Sehfähigkeit betroffen. Verschiedenen Erkrankungen liegt eine gemeinsame genetische Grundlage für eine gestörte Reizübertragung beider Sinnessysteme zugrunde, wobei die komplexen, sehr ähnlichen molekularen Stoffwechsel- und Transportvorgänge in den sensorischen Zellen von Auge und Ohr eine große Rolle spielen. Forschungsfragen zur Reizverarbeitung in den Sinnesorganen und zu zentralen neurosensorischen Verarbeitungsprozessen und ihren Störungen sind in weiten Bereichen ähnlich.
Das Zentrum für Neurosensorik am Universitätsklinikum Tübingen hat sich in den letzten Jahren zu einem Hotspot in der Seh- und Hörforschung entwickelt. Hier wurde die erste klinische Studie zur Gentherapie am Auge in Deutschland durchgeführt und die Entwicklung von Seh-und Hörimplantaten vorangetrieben.
Bei dem Symposium diskutiert die Forscherelite aus dem In- und Ausland ob und wie Erkrankungen von Auge und Ohr mit Gen- oder Stammzelltherapie geheilt werden können. Sie werden dem Zusammenhang von altersbedingter Hör- und Sehstörungen und dem Risiko, an Alzheimer und Demenz zu erkranken auf den Grund gehen.
Gentherapeutische Intervention bei Netzhaut- und Ohrerkrankungen (Profs. Ali, Dalkara, Fischer, Smith, Lentz, Sieving und Reisinger) sowie epidemiologische und genetische Faktoren von Pathophysiologien der beiden Sinnessysteme (Profs. Klaver, Scholl, Fauser, Sahel und Petit) werden erörtert. Ausgewiesene Experten zu den neuesten technischen Entwicklungen und der Prothetik (Profs. Kollmeier, Picaud, Lenarz, Lauer und Shepherd) spannen den Bogen zu Erkenntnissen über neuronale Schaltkreise (Profs. Herrmann, Strettoi, Warren und Dedek) und Zusammenhänge zu Alter und Alzheimer (Profs. Launer, Warren)
New Horizons 2018
Das Symposium wird vom Zentrum für Neurosensorik mit Unterstützung der DFG, der Hector Stiftung, Universitätsbund und Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN) ausgerichtet, federführende Organisatoren sind der Augenarzt Professor Eberhart Zrenner und die Hörforscherin Professorin Marlies Knipper.
Mehr zur Veranstaltungen unter:
http://www.neurosensorik.de/aktivitaeten/new-horizons-2018/
Über das Zentrum für Neurosensorik
Das Zentrum für Neurosensorik wurde 2011 von Universitätsklinikum und Medizinischer Fakultät Tübingen gegründet. Das Zentrum ist die einzige Einrichtung in der Bundesrepublik Deutschland, bei der ein Forschungsinstitut für Augenheilkunde, ein Hörforschungsinstitut, eine Augenklinik und eine HNO-Klinik unter einem Dach in einer gemeinsamen Organisationsstruktur vereint sind. Es ist Kristallisationspunkt für Wissenschaftler und private und öffentliche Drittmittelgeber im Bereich der neurosensorischen Forschung und Vernetzung. Ziel des Zentrums ist es, durch den Verbund der unterschiedlichen neurosensorischen Bereiche ein fundiertes Verständnis der gemeinsamen und abweichenden elementaren molekularen, physiologischen und pathophysiologischen Prozesse dieser Systeme zu gewinnen und die diagnostische und therapeutische Anwendung der Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in die Klinik zu erleichtern und zu beschleunigen.
Quelle:
Universitätsklinikum Tübingen