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Intelligente Implantate

Zum Symposium „Intelligente Implantate in der Augenheilkunde“ der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina trafen sich mehr als 30 Referenten und rund 120 Teilnehmer aus dem In- und Ausland zu einem interdisziplinären Gedankenaustausch. Prof. Dr. Rudolf F. Guthoff fasst die Schwerpunkte des Symposiums, das Ende April in Rostock-Warnemünde tagte, zusammen.

Die Weiterentwicklung ophthalmologischer Implantate setzt ein hohes Maß an interdisziplinärer Forschung voraus und erfordert den ständigen Gedankenaustausch zwischen Informatikern, Ingenieuren und Medizinern. In der von Prof. Dr. Rudolf F. Guthoff und Prof. Dr.-Ing. Klaus-Peter Schmitz von der Universität Rostock sowie Prof. Dr. Eberhart Zrenner, Universitäts-Augenklinik Tübingen, gemeinsam organisierten Veranstaltung, wurden sowohl das bisher Erreichte als auch zukunftsweisende Entwicklungsperspektiven dieses Forschungsbereiches aufgezeigt.Folgende Schwerpunkte standen dabei im Vordergrund:

Künstliches Akkommodationssystem

Allein in Deutschland werden jährlich etwa 600.000 Kunstlinsen mit fester Brennweite im Rahmen der Kataraktchirurgie implantiert. Die Bemühungen, aus dieser Fix-Focus-Linse ein dynamisches, die Akkommodation wiederherstellendes System entstehen zu lassen, erfordern gemeinsame Anstrengungen von Informatikern, Ingenieuren und Medizinern. Nachdem Konzepte, die den in der Regel noch funktionierenden Ziliarmuskel zu nutzen versuchten, aus verschiedenen Gründen nicht zum Erfolg geführt haben und sich die Mikro- und Nanotechnologie rasch weiterentwickelt, besteht die Hoffnung, mittelfristig ein mechatronisches System mit eigener Energieversorgung und eigenen Stellgliedern zu entwickeln. Viel versprechende Vorarbeiten sind abgeschlossen.

Telemetrische intraokulare Druckmessungen/Acrisensor

Im Rahmen eines BMBF-Verbundprojektes wird seit einigen Jahren an einer künstlichen Intraokularlinse gearbeitet, die einen Drucksensor enthält, dessen Messwerte telemetrisch (über Transpondertechniken) kontinuierlich eine Registrierung des Augendruckes zulassen. Tierexperimente sind abgeschlossen, erste humanmedizinische Anwendungen werden vorbereitet.

Extern steuerbare neue Kammerwasserabflusswege

Das Glaukom stellt die häufigste irreversible Erblindungsursache weltweit dar. Diese Erkrankung könnte durch ein ventilkontrolliertes, von außen nachjustierbares Implantatsystem, das weitgehend unabhängig von der zurzeit in der Glaukomchirurgie durch schwer beeinflussbare Wundheilungsvorgänge limitierte Implantatsysteme arbeiten. Diese Möglichkeiten werden in Projekten des SFB Transregio 37 „Mikro- und Nanosysteme in der Medizin“ bearbeitet.

Das Retinaimplantatprojekt

Dem unbeeinflussbaren genetisch bedingten Rezeptoruntergang, der bereits im mittleren Lebensalter zur Erblindung führt, wird seit 15 Jahren versucht, durch so genannte Retina Implantate elektronisch Licht in elektrische Impulse zur Weiterleitung an das Zentralnerven­system bereitzustellen. Dies geschieht mit Hilfe von in der Makularegion epi- oder subretinal implantierten Halbleiterelementen. Erste Erfolge wurden publiziert. Der Patientennutzen ist jedoch bisher nicht in der gewünschten Weise sichtbar geworden. Hier ist eine Standortbestimmung unter Mitwirkung aller interdisziplinär beteiligten Arbeitsgruppen sinnvoll.

Nach drei intensiven Veranstaltungstagen, die neben Vorträgen, Industrieausstellung und vielen Gesprächen am Rande auch ein entspannendes Rahmenprogramm mit Hafenrundfahrt und Ostseepanorama bei schönstem Wetter bot, waren sich alle einig: Es war ein erfolgreiches Symposium, das die interdisziplinäre Zusammenarbeit in diesem zukunftsweisenden Forschungsfeld vertiefen und weitere Synergien entstehen lassen wird.

Bild
Funktionsfähiges Muster eines künstlichen Akkommodationssystems im Maßstab 5:1, entwickelt vom Institut für Angewandte Informatik Karlsruhe (Prof. Dr.-Ing. G. Bretthauer, 2. v. re, und Mitarbeiter) sowie der Universitäts-Augenklinik Rostock (Prof. Dr. R. Guthoff, 2. v. lks.).

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