Frauen in der Kataraktversorgung

Genderspezifische Unterschiede in der perioperativen Kataraktversorgung
Obwohl der Begriff der so genannten Gender-Medizin in aller Munde ist, gibt es im Bereich der Ophthalmologie nur wenige Studien zu diesem Thema. Ziel einer Untersuchung am Krankenhaus Hietzing in Wien war es, genderspezifische Unterschiede bei Kataraktpatienten zu erheben, um mit dem gewonnenen Wissen besser auf die Bedürfnisse der Patientinnen eingehen und die Versorgung der Patientinnen optimieren zu können. Ein Beitrag von Prof. Dr. Pia Veronika Vécsei-Marlovits und Dr. Birgit Weingessel.

„Gender-Medizin“ wurde in den letzten Jahren zu einem Modebegriff, der in keinem medizinischen Journal fehlen darf. Gender-Medizin ist noch ein recht junger Fachbereich: Die Weltgesundheitsorganisation hat in den 90er Jahren begonnen, sich der Gender-Thematik zu widmen und 1996 eine „Gender Working Group“ ins Leben gerufen. Nur was ist Gender-Medizin eigentlich?

Gender-Medizin wird häufig fälschlicherweise mit reiner Frauenmedizin assoziiert, berücksichtigt jedoch die unterschiedlichen medizinischen Bedürfnisse von Männern und Frauen im Hinblick auf Symptome und Erkrankungen. Gender-Medizin bezieht somit beide Geschlechter mit ein. Die Themen gehen quer durch die Medizin, umfassen biologische Faktoren wie die geschlechterspezifische Wirkung von Medikamenten und die Erfassung geschlechtsspezifischer Unterschiede in Hinblick auf Epidemiologie, Ätiologie, Diagnose und Therapie.

Während es in der englischen Sprache möglich ist, begrifflich zwischen biologischer Geschlechtszugehörigkeit (sex) und den sozialen Dimensionen (gender) zu unterscheiden, gibt es im Deutschen dafür nur das Wort „Geschlecht“, das für beide Aspekte benutzt wird. „Gender“ ist ein Begriff, der zwar die biologischen Funktion im Hintergrund mit transportiert, jedoch die Prägung „Mann“ und „Frau“ als etwas begreift, was vornehmlich durch die Umwelt, das soziale Umfeld und die Erfahrungen des einzelnen Individuums entwickelt wird (Rieder, Lohff 2004). Gender-Medizin versucht, die Unterschiede zwischen „Männergesundheit“ und „Frauengesundheit“ durch soziale und/oder biologische Faktoren zu erklären. Die derzeitigen Lebensumstände, der Platz in der Gesellschaft und der Bildungsgrad finden zum Beispiel Berücksichtigung (Risberg et al. 2006).

Werden diese Aspekte nicht berücksichtigt, kann dies zu Verzerrungseffekten (Bias) führen. Unberechtigte Unterschiede in der Untersuchung und Behandlung von Männern und Frauen sind in der Literatur beschrieben, die bekanntesten Beispiele finden sich hier im Bereich der Kardiologie (Daly 2006). Meistens wird in medizinischen Studien das Geschlecht nur als statistische Variable, selten als möglicher erklärender Faktor angesehen. Auch in der Augenheilkunde gibt es bisher kaum Arbeiten zu genderspezifischen Unterschieden.
Kataraktchirurgie

Gerade die Kataraktchirurgie, als weltweit häufigster elektiver Eingriff, bot sich deshalb an, dieses Patientengut auch von einer Genderperspektive zu beleuchten, um so mit besserem Verständnis der Bedürfnisse der Patientinnen möglicherweise die Versorgung noch verbessern zu können. Die Katarakt stellt weltweit den häufigsten Grund für eine Sehbeeinträchtigung in den entwickelten Ländern dar, jeder Dritte über 65-Jährige leidet an einer visusrelevanten Katarakt (Woodcock et al. 2004). Das Durchschnittsalter der Kataraktpatienten in Österreich beträgt 75 Jahre (Hofmarcher et al. 2005).

Mehr dazu im AUGENSPIEGEL 02/2009.

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