Die Gesundheitsreform steht – wie geht es weiter?
Niedergelassene Augenärzte blicken derzeit in eine ungewisse Zukunft: Was die Gesundheitsreform für ihre Honorarsituation bringen wird, lässt sich derzeit noch kaum abschätzen. Von Angela Mißlbeck.
Die Gesundheitsreform hat Mitte Februar die letzte parlamentarische Hürde genommen. Nach und nach werden nun die verschiedenen Teile des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) in Kraft treten. Ab 1. April können die Krankenkassen neue Wahltarife mit Selbstbehalten einführen, über Kassenarten hinweg fusionieren und ihr Vertragsgeschäft weiter ausgestalten. Zudem werden den Kliniken größere Möglichkeiten eingeräumt, an der ambulanten Versorgung teilzunehmen. Wesentliche Elemente des Gesetzes werden jedoch erst ab 2009 umgesetzt. Dazu zählen der Gesundheitsfonds in Kombination mit einem reformierten Risikostrukturausgleich, der Basistarif in der Privaten Krankenversicherung (PKV) und die Honorarreform für niedergelassene Ärzte.
„Für einige Ärzte besteht das Risisko, unter die Räder zu kommen.“
Während die schwarz-rote Bundesregierung die Zustimmung zum GKV-WSG im Bundestag und im Bundesrat als Erfolg und Bestätigung verbuchte, riss die Kritik der Oppositionsparteien und der Verbände im Gesundheitswesen auch nach der abschließenden Debatte in der Länderkammer nicht ab. Unmittelbar nach der Bundesratszustimmung startete die Freie Ärzteschaft eine Kampagne, die Bundespräsident Horst Köhler dazu aufforderte, dem Gesetz die Unterschrift zu verweigern. Die Bundesärztekammer warnte vor einem „Dauerkonflikt im Gesundheitswesen“, den die Regierung mit dieser Reform losgetreten habe. Der Berufsverband der Augenärzte betrachtet die Tage der GKV als gezählt. BVA-Chef Dr. Uwe Kraffel sprach von der Reform als einer „Unmenge kleinteiliger Lösungen, die teils einander entgegenwirken, teils neue Lücken reißen“. Damit stelle sich die Frage, wie lange die GKV noch weiter existieren könne. „Beim Absturz der sozialen Sicherung besteht für einige Ärzte ein Risiko, mit unter die Räder zu kommen“ so Kraffel. Der Bund der Ophthalmochirurgen (BDOC) hält die Reform für insgesamt verfehlt. „Der vermurkste Fonds löst die Probleme auf der Finanzierungsseite nicht“, so BDOC-Geschäftsführerin Eva Hansmann. Alle Beteiligten müssten sich auf ein verändertes und sich weiter veränderndes System einstellen. „Eine klare Vorhersage, wie es am Ende aussieht, ist heute noch nicht möglich“, meint Hansmann.
Mehr Honorargerechtigkeit?
Tatsächlich lassen sich die Auswirkungen der Reform auf die wirtschaftliche Situation der niedergelassenen Ärzte derzeit kaum einschätzen. Wenn der Gesundheitsfonds sein Ziel erreicht, wird er regionale Honorarunterschiede zumindest teilweise ausgleichen. Der neue Risikostrukturausgleich soll der Morbidität stärker Rechnung tragen und könnte auf diese Weise für mehr Honorargerechtigkeit sorgen. Die Honorarreform im ambulanten Bereich soll Augenärzten ein neues, entschlacktes Abrechnungssystem mit diagnosebezogenen Euro-Pauschalen bringen. Von einer Aufhebung der Budgets ist zwar längst nicht mehr die Rede, doch auch die kostenneutrale Umsetzung der Honorarreform ist vom Tisch. Zuletzt hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Chancen darin gesehen, dass die Krankenkassen verstärkt für Morbiditätsrisiken in die Pflicht genommen werden. Das begrüßt auch der BDOC: „Immerhin wird zukünftig das Morbiditätsrisiko von den Ärzten auf die Kassen verlagert – wo es auch hingehört! Wir dürfen also hoffen, dass bei der Umsetzung tatsächlich Regelungen gefunden werden, mit denen die Vergütung fest vereinbart wird und nicht floatet, sobald aufgrund erhöhter Krankheitshäufigkeit mehr Leistungen erbracht werden müssen“, so Hansmann. Chancen erhofft sich der BDOC zudem dadurch, dass die Honorarreform nicht mehr kostenneutral umgesetzt werden muss. „Damit würde mehr Geld ins System gelangen und die Honorierung der ärztlichen Leistung könnte wieder leistungsgerecht werden“, meint die BDOC-Geschäftsführerin. Auch BVA-Chef Kraffel sieht in der Honorarreform Chancen für finanzielle Verbesserungen bei niedergelassenen Augenärzten.
„Wir müssen jetzt schnell und entschlossen handeln.“
Ausschlaggebend für die Finanzierung der Praxen und Kliniken wird jedoch auch die Gestaltung des neuen Basistarifs in der PKV sein. Je mehr Privatversicherte ihn nutzen, desto mehr Privathonorare gehen Arztpraxen und Kliniken verloren. Von bis zu einem Drittel Verlusten ist die Rede. Der neue Tarif könnte aber gleichzeitig bislang freiwillig Versicherte aus der GKV in die PKV locken. Hierin sieht der BVA-Vorsitzende ein „erhebliches Potenzial zur Verbesserung unserer finanziellen Situation“. Voraussetzung sei allerdings, dass die Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Basistarif nach dem Prinzip der Kostenerstattung gestaltet wird. Welche Abrechnungsregeln für den Basistarif gelten sollen, ist bislang noch völlig offen. „Wir müssen jetzt schnell und entschlossen handeln, dann können wir viel erreichen“, so Kraffel.