BVA: Frühe Vorsorge für späteres Sehvermögen notwendig

Rund fünf Prozent der Bevölkerung, in Deutschland, also rund vier Millionen Menschen, verfügen nicht über die Fähigkeit zu binokularem Sehen – sie erleben die Welt nur in zwei Dimensionen. Damit sich das beidäugige Sehen optimal entwickeln kann, rät der Berufsverband der Augenärzte (BVA) dazu, dass Kinder spätestens im Alter von drei Jahren augenärztlich untersucht werden. Diese Vorsorgeuntersuchung wird von der gesetzlichen Krankenversicherung allerdings nicht bezahlt.

Dreidimensionales Sehen ist für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit. Im Alltag spüren sie nicht, welche Höchstleistungen der Sehapparat – Augen, Augenmuskeln und Gehirn – ständig vollbringt. Doch etwa fünf Prozent der Bevölkerung, in Deutschland also rund vier Millionen Menschen, verfügen über diese Fähigkeit nicht – sie sehen die Welt nur in zwei Dimensionen.

Wir sehen aus unterschiedlichen Blickwinkeln wahrgenommene Bilder mit dem rechten und dem linken Auge. Aus diesen beiden Bildern entsteht in der Sehrinde – einem für das Sehen wichtigen Teil des Gehirns – die dreidimensionale Wahrnehmung. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Augenbewegungen optimal aufeinander abgestimmt sind. „Die Blickachsen beider Augen müssen stets auf denselben Punkt gerichtet sein“, erklärt Prof. Dr. Joachim Esser, Universitäts-Augenklinik Essen. „Schon kleine Abweichungen der Blickachsen sorgen dafür, dass die Fusion der beiden Bilder misslingt. Bei Erwachsenen entstehen störende Doppelbilder. Schielen ist daher kein Schönheitsfehler, sondern eine echte Beeinträchtigung der Sehfunktionen.“

Meist tritt Schielen schon im Kindesalter auf, in einer Zeit, in der das Zusammenspiel von Augen und Gehirn sich erst entwickelt. Dann besteht nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Fähigkeit zur dreidimensionalen Wahrnehmung nicht entwickeln kann. Es besteht auch die Gefahr, dass sich auf einem Auge eine Sehschwäche entwickelt, die im Erwachsenenalter nicht mehr rückgängig zu machen ist. „Das kindliche Gehirn unterdrückt den Seheindruck des schwächeren Auges“, macht Esser deutlich. „Geschieht dies auf Dauer, dann wird das Auge sozusagen abgeschaltet. Die große Gefahr liegt darin, dass ein kleines Kind dies selber nicht bemerkt oder äußern kann, und deshalb diese Beeinträchtigung von der Familie nicht bemerkt wird.“

Mit einer augenärztlichen Untersuchung, die möglichst vor dem dritten Lebensjahr stattfinden sollte, können Eltern sicherstellen, dass sich das Sehvermögen ihres Kindes normal entwickelt. Diese wichtige Vorsorgeuntersuchung darf bei Kassenpatienten in Deutschland bislang allerdings nur als Selbstzahlerleistung erfolgen. Die Kosten dafür liegen – abhängig vom Umfang der Untersuchung – zwischen 30 und 120 Euro. Die Bemühungen des Berufsverbands der Augenärzte, die augenärztliche Vorsorge für Kinder in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufzunehmen, scheitern bislang am Widerstand der Gesundheitspolitiker.

Die Untersuchung kann dem Kind aber für den Rest seines Lebens einen erheblichen Nutzen bringen. Denn wenn der Augenarzt in dieser frühen Phase einen Sehfehler oder ein Schielen entdeckt, ist eine erfolgreiche Behandlung möglich. Am besten sind die Erfolgsaussichten, wenn die Behandlung noch im Baby- oder Kleinkindalter, spätestens aber im Kindergartenalter beginnt. So wird sichergestellt, dass auch „Schielkinder“ auf beiden Augen ein gutes Sehvermögen erreichen.

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