BVA warnt vor möglicher Netzhautablösungen nach Bungee-Sprüngen und Achterbahnfahrten

Die starken Kräfte, die beim Bungee-Jumping oder auch bei einer Achterbahnfahrt auf den Körper wirken, könnten unter bestimmten Bedingungen eine Netzhautablösung bewirken, darauf weist der BVA hin. Da diese mögliche Folge meist erst einige Tage nach dem Kirmesbesuch oder dem Bungee-Sprung auftrete, würden die Patienten oft keinen ursächlichen Zusammenhang vermuten und dem behandelnden Augenarzt nichts von dem Ereignis berichten.

Rasante Vergnügen mit Adrenalin-Kick sind im Trend: Wagemutige stürzen sich aus bis zu 200 Metern Höhe an einem Gummiseil in die Tiefe; jetzt im Herbst sind es wieder die Achterbahnen auf der „Wiesn“, dem Cannstadter Wasen oder dem Hamburger Dom, die den Puls hochjagen und eine Kombination aus Angst und Glücksgefühl bescheren.
Wer sich diesen Kick gönnt, sollte allerdings körperlich fit sein. Viele Menschen sind sich dessen nicht bewusst, dass sogar Gefahren für das Sehvermögen bestehen. Darauf weist der Berufsverband der Augenärzte hin. Die starken Kräfte, die beim Bungee-Jumping oder auch bei einer Achterbahnfahrt auf den Körper wirken, könnten unter bestimmten Bedingungen eine Netzhautablösung bewirken. Wenn sich das Bungee-Seil spannt und den freien Fall des Springers abbremst, dann wirken Kräfte von 2,5 g bis 3,5 g. Zwar an und für sich kein besonders hoher Wert, aber diese Kraft wirkt in die entgegen gesetzte Richtung, die der Körper gewöhnt ist. Der Blutdruck im Kopf und damit auch an der Netzhaut kann dabei stark ansteigen. Die Folgen könnten Blutungen im Auge und eine Netzhautablösung sein, die im schlimmsten Falle zu einer Erblindung des Auges führen könnten.

Wie bedrohlich dieser Sehverlust für den Betroffenen sein könne, habe der Schriftsteller Bodo Kirchhoff vor einigen Jahren nach dem Besuch des „Wäldches-Tags“ in Frankfur erfahren: Bei der traditionellen Kirmes sei er mit einem der turbulenten Fahrgeschäfte gefahren. Zwei Tage später habe er erste Beeinträchtigungen des Sehvermögens bemerkt, darauf folgte eine rasche Eintrübung des Sehvermögens aufgrund einer Netzhautablösung auf einem Auge.

Dieser Verlauf ist so ungewöhnlich nicht, weiß Dr. Hans Brandl, Augenarzt am Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck. „Die Netzhaut rächt sich nach ein bis zwei Tagen, manchmal auch erst nach einigen Wochen“, erklärt er. Insbesondere, wenn sich so genannte Glaskörperstränge bilden, Bindegewebsfasern, mit denen der Glaskörper an der Netzhaut anhaftet, wächst das Risiko. Wenn der Augapfel in eine Rotation gerät oder einer starken Querbeschleunigung ausgesetzt ist, dann kann der Glaskörper Zug auf die Netzhaut auswirken, sie kann einreißen oder sich von ihrer Unterlage lösen. Vor allem stark kurzsichtige Menschen, aber auch Menschen in einem Alter von mehr als 40 Jahren sollten sich bei den rasanten Vergnügungen der Risiken bewusst sein, rät Dr. Brandl. Das individuelle Risiko ließe sich schwer vorab bestimmen, doch bei einer Kurzsichtigkeit von mehr als -10 Dioptrien sei bekannt, dass Probleme mit der Netzhaut häufiger auftreten würden. Im Falle von Bodo Kirchhoff sei dies nicht einmal der Fall gewesen, seine Kurzsichtigkeit von -3 Dioptrien ist moderat. Die Folgen der Netzhautablösung und eine spätere Erkrankung seines Auges am Grauen Star greift Kirchhoff auch in seinem aktuellen, autobiographisch geprägten Roman „Eros und Asche“ auf.

Weil die Erkrankung der Netzhaut meist erst einige Tage nach dem Kirmesbesuch oder dem Bungee-Sprung auftritt, vermuten die Patienten oft keinen ursächlichen Zusammenhang und berichten dem behandelnden Augenarzt nichts von dem Ereignis. Daher gibt es auch keine gesicherten Daten, wie häufig solche Komplikationen auftreten, erläutert Dr. Brandl. Er selbst habe allerdings schon mehrere Patienten behandelt, bei denen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem Bungee-Sprung und einer Netzhautablösung, einem Riss in der Netzhaut oder punktförmigen Einblutungen in der Netzhaut deutlich war. Umso wichtiger sei es, dass sich die Menschen der Wirkung bewusst sind, die das rasante Vergnügen über den Adrenalin-Kick hinaus auf ihren Körper haben kann.

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