Augensymptome bei Coronavirus-Infektion

Kaum ein Krankheitsbild der letzten Wochen hat die Medizin international so aufgerüttelt wie das der Coronavirus-Infektion. Ein Virus, über Jahre hin immer wieder pandemisch, entwickelt sich in einer neuen Mutation zu einem weltweiten Problem. Rasch steigende Patientenzahlen und mangelnde Erfahrung im Umgang mit Seuchen wecken Erinnerungen an Epidemien des Mittelalters. WHO und Politik scheinen ratlos. Wie bei nahezu allen Viruserkrankungen gibt es auch bei der gerade in China auftretenden Epidemie mit dem neuen Coronavirus (Covid-19) eine Mitbeteiligung der Augen. Im Vergleich zu anderen Entzündungen allerdings zeigt sie sich anfangs nur als banale Bindehautentzündung und erscheint selbst im fortgeschrittenen Stadium des Krankheitsbildes nur selten als hämorrhagische Konjunktivitis, selbst im Finalstadium kommt es, sofern keine bakterielle Superinfektion vorliegt, zu keiner Mitbeteiligung des Augeninneren.

Das Problem der Epidemie ist die hohe Virulenz und Kontagiosität des Erregers. Die Letalitätsrate liegt derzeit etwa wie bei der SARS-Epidemie von 2002 bis 2003 bei etwas über zwei bis drei Prozent. Impfstoffe sind noch in Entwicklung beziehungsweise noch nicht ausreichend erprobt. Eine spezifische antivirale Behandlung ist bisher nicht bekannt. Der legere Umgang mit Infizierten, fehlende Quarantänestationen und mangelhafte gesetzliche Vorgaben für die Einreise aus den betroffenen Gebieten, lassen in den nächsten Wochen eine explosionsartige Vermehrung der Seuche auch in Europa befürchten. Nach einer Inkubationszeit von zwei bis 21 Tagen, – als Mittelwert werden zwei Wochen angegeben -, treten die ersten Krankheitssymptome auf. Der Patient kann über Tage bereits Virusträger sein, ohne dass die klassischen Symptome eines grippalen Infekts wie Fieber, Gliederschmerzen oder allgemeinen Müdigkeit auftreten. Identisch mit der klassischen Influenza beginnt die Erkrankung als fieberhafter Infekt, Körpertemperaturen bis zu 41 Grad Celsius lassen die rasche Ausbreitung des Virus im gesamten Körper vermuten, eine Non-Kontakt-Thermometrie der Lider sichert die Diagnose. Parallel hierzu entwickelt sich am Auge eine Konjunktivitis, die im Anfangsstadium ähnlich wie eine durch das Influenzavirus ausgelöste Bindehautentzündung verläuft. Sie erscheint bereits von Beginn an als therapieresistent.

Im frühen Stadium wird gelegentlich auch von einer Chemosis und Plicaschwellung berichtet, so dass sich in der Initialphase das Krankheitsbild einer durch das neue Coronavirus bedingten Konjunktivitis kaum von der Keratokonjunktivitis epidemica (KE) abgrenzen lässt. Das gilt auch für die bei beiden Krankheitsbildern möglichen retroaurikulären Lymphknotenschwellungen. Differentialdiagnostisch sind daher ausschließlich die bereits von Beginn an sehr hohen Körpertemperaturen verdächtig, diese sind bei anderen Augenentzündungen wie zum Beispiel bei der KE ungewöhnlich. Die Diagnose sichert prinzipiell das Labor. Da die Coronaerkrankung selbst in ihrem finalen Verlauf die Blutgerinnung soweit bisher bekannt nicht beeinflusst, kommt es am Augapfel nach den bisherigen Berichten im Gegensatz anderen viralen Bindehautentzündungen nicht zu Petechien oder flächenhaften Einblutungen der Konjunktiva. Eine spezifische Therapie ist, wie gesagt, bei der neuen Coronainfektion bislang nicht bekannt. Sie kann derzeit nur von internistischer Seite her allgemein stabilisierend erfolgen. Den Rest muss das Immunsystem des Erkrankten leisten. Am Auge empfiehlt sich wie in allen Situationen einer Virusentzündung primär der lokale antibiotische Schutz vor einer bakteriellen Superinfektion in Kombination mit Kortikoiden. Differentialdiagnostisch sind zuvor herpetische Prozesse und Infektionen anderer Genese auszuschließen. Da jede erhöhte Körpertemperatur zu einem Tränenmangelsyndrom führt, ist die zusätzliche Gabe von befeuchtenden Augentropfen, Salben oder Sprays unbedingt anzuraten.

Sehr wichtig ist noch der Hinweis auf die Gefahr einer Ansteckung des Untersuchers. Wie bei AIDS ist Tränenflüssigkeit schon von Beginn an Virusträger, die ophthalmologische Untersuchung darf daher nur mit entsprechenden Schutzmaßnahmen erfolgen. Eine Schutzbrille ist zusätzlich dringend zu empfehlen. Bei Auftreten eines Falls in einer Praxis oder im Rahmen des Notfalldienstes ist zum einen die sofortige Meldung an das nächste Gesundheitsamt erforderlich, des Weiteren ist die Weiterleitung in eine für diese Erkrankung eingerichtete beziehungsweise zertifizierte Klinik notwendig. Alle mit dem Patienten in Kontakt gekommenen Personen, zum Beispiel aus dem Wartezimmer wie auch das medizinische Personal, sind nach Maßgabe der Gesundheitsbehörde zu beobachten beziehungsweise zu isolieren, die Praxis für die notwendigen Desinfektionsmaßnahmen sofort zu schließen.

Informationen über das Vorgehen bei Auftreten einer Coronainfektion liefern die zuständigen Gesundheitsbehörden.

Quelle:
Dr. Hans-Walter Roth, Ulm

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