|

9. Frankfurter Fortbildungskurs für Refraktive Chirurgie

Zum 9. Frankfurter Fortbildungskurs für Refraktive Chirurgie (FFRC) versammelten sich erneut rund 250 Teilnehmer zu einem breit gefächerten Update. Die Veranstaltung unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Kohnen umfasste in aktuellen Beiträgen der geladenen Referenten sowohl innovative Aspekte als auch bewährtes Wissen zur refraktiven und intraokularen Hornhautchirurgie, sie präsentierte praxisnahe Fallbeispiele und bot den Teilnehmern rege Diskussionsmöglichkeiten. Ein Bericht von Anna Sophia Bauch.

Bild

Abb. 1: Die Dozenten des 9. FFRC (v.l.n.r.): Prof. T. Kohnen, D.-L. Ott, A. S. Bauch, Dr. T. Kern, Priv.-Doz. Dr. J. Bühren, Prof. G. U. Auffarth, C. E. Song, Prof. G. Grabner, Dr. M. Baumeister, Prof. T. Neuhann, Prof. T. Seiler, Dr. W. Herrmann, Prof. S. Pieh, Dipl.-Ing. O. K. Klaproth.

Refraktive Hornhautchirurgie

Priv.-Doz. Dr. Jens Bühren, Oberarzt der Universitäts-Augenklinik Frankfurt mit dem Forschungsschwerpunkt optische Qualität, eröffnete den diesjährigen Kurs mit einer Zusammenfassung zum wichtigen Thema der Voruntersuchung vor refraktiv-chirurgischen Eingriffen. Von besonderer Bedeutung wurde hierbei das Keratokonusscreening mittels Hornhauttopographie (Randleman-Schema, Randleman, Russell, Ward et al.: Risk factors and prognosis for corneal ectasia after LASIK. Ophthalmology 2003;110:267-75) und Aberrometrie erachtet. Im Anschluss unterstrich Prof. Dr. Theo Seiler die Relevanz der Auswahl des richtigen Ablationsprofiles und die korrekte Zentrierung der Abtragszone, idealerweise mittels Ray-Tracing-Profil und Rotations-Eye-Tracker zur Prophylaxe optischer Phänomene wie Blendung und Halos. Als Verfechter der Oberflächenbehandlung zeigte Dr. Wolfgang Herrmann aus Regensburg interessante Vergleichsstudien, die die Vorteile der Surface-Ablation in Bezug auf die Biomechanik der Hornhaut gegenüber der im Stroma wirkenden LASIK herausarbeiteten,  die mit elektronenmikroskopischen Aufnahmen veranschaulicht wurden. Prof. Dr. Stefan Pieh schloss sich an mit einer Arbeit, die eine erfolgreiche Behandlung von Aberrationen höherer Ordnung, ausgelöst durch hohe korneale Astigmatismen nach perforierender Keratoplastik mittels photorefraktiver Keratektomie demonstrierte.

Die letzten beiden Vorträge der Sitzung widmeten sich der Technologie der Femtosekundenlaser. Prof. Dr. Günther Grabner gab einen Überblick über aktuell erhältliche Modelle mit ihren Möglichkeiten und Limitationen. Bezüglich der Flexibilität der Schnittformen hob sich der IntraLase der Firma AMO hervor, mit dem Flapschnitte beliebiger Tiefe (stufenlos), verschiedene Keratoplastikschnitte und auch die Flex-Prozedur durchgeführt werden können. Als Nachteil des IntraLase wurde die mangelnde Mobilität angeführt. Beendet wurde die Sitzung mit einem Referat von Prof. Dr. Thomas Neuhann, der betonte, dass die LASIK per se ein sehr komplikationsarmer Eingriff sei und es sich bei 90 Prozent der Komplikationen bei LASIK-Operationen um Schnittkomplikationen handele. Folglich plädierte Neuhann für die Anwendung des Femtosekundenlasers, ergänzte jedoch, dass das Mikrokeratom „definitiv nicht obsolet“ sei.

Ergebnisse der Hornhautchirurgie

Die zweite Sitzung behandelte Ergebnisse und mögliche Komplikationen sowie deren Behandlung nach hornhautchirurgischen Eingriffen. Prof. Dr. Theo Seiler eröffnete die Sitzung mit einem Vortrag über mögliche Ursachen von Über- oder Unterkorrekturen bei LASIK-Behandlungen und betonte noch einmal, dass eine Nachbehandlung mittels Flap-Relift frühestens nach einem eher noch nach drei Monaten stattfinden sollte. Im zweiten Vortrag stellte Prof. Dr. Thomas Kohnen die Vorteile der additiven pseudophaken Hinterkammerlinse Sulcoflex, die als asphärisches, torisches und multifokales Modell erhältlich ist, dar. Diese Linse kann beispielsweise bei pseudophaken Patienten mit hohen Hornhautastigmatismen nach perforierender Keratoplastik eingesetzt werden oder bei Restrefraktionsfehlern nach Kataraktchirurgie. Langzeitkomplikationen wie Pigmentdispersion sind vor allem im Hinblick auf die Haptikwinkelung im Gegensatz zur „Piggy-back-Linse“ weniger zu erwarten.

Es folgte ein sehr interessanter Vortrag von Dr. Wolfgang Herrmann zum Thema Haftung und Forensik in der Refraktiven Chirurgie – ein wichtiges Gebiet gerade im Bereich von „medizinisch nicht notwendigen Operationen“. Hierbei wurde noch einmal besonders herausgearbeitet, wie wichtig die soziale Anamnese und die damit verbundenen (optischen) Ansprüche des Patienten sind und dass der aufklärende Arzt auch zu seiner eigenen Absicherung individuelle Besonderheiten dokumentieren sollte.

Im Anschluss berichtete Professor Kohnen über häufige und seltenere Komplikationen nach hornhautchirurgischen Eingriffen und deren Behandlung. Betont wurde die langwierige und Geduld erfordernde Therapie des Trockenen Auges nach LASIK. Prof. Dr. Theo Seiler referierte über eine schwerwiegende Komplikation nach LASIK: die iatrogene Keratektasie und ihre Behandlung. Eine häufige Ursache ist dabei ein präoperativ nicht erkannter Forme-Fruste-Keratokonus. Er hob hervor, dass beim UV-Crosslinking zur Stabilisierung der Hornhaut bei Keratektasie besonders auf die Hornhautdicke geachtet werden muss, da die Behandlung das Endothel toxisch schädigen kann. Prof. Dr. Thomas Neuhann schloss sich an und ergänzte weitere Risikofaktoren für eine iatrogene Keratektasie, wie eine präoperative Myopie von mehr als acht Dioptrien und eine Reststromadicke von weniger als 250 µm. Zur Visusverbesserung bei Keratektasie empfahl er intrakorneale Ringsegmente, wies jedoch auch auf eine notwendige Restdicke der Hornhaut hin.

Presbyopiemanagement

Die dritte Sitzung wurde von Dipl.-Ing. Oliver Klaproth eröffnet, der in seinem Vortrag auf die Patientenselektion in der Presbyopiekorrektur einging. Er fasste die verschiedenen Möglichkeiten wie refraktiver Linsenaustausch mit Multifokallinsentechnologie oder Monovision mittels unterschiedlicher operativer Verfahren zusammen und wies noch einmal auf die besondere Bedeutung der sozialen und Berufsanamnese sowie die Klärung der Vorstellungen und Bedürfnisse des Patienten hin. Prof. Dr. Stefan Pieh stellte im Anschluss die physikalischen Grundlagen der diffraktiven und refraktiven Optiken mit ihren praktischen Folgen für den Patienten sehr anschaulich dar. Über die Indikationen und Auswahlkriterien für einen refraktiven Linsenaustausch berichtete Prof. Dr. Thomas Kohnen, der besonders auf das Problem des Akkommodationsverlustes bei RLA einging. Prof. Dr. Gerd Auffarth stellte dann die ersten Ergebnisse einer diffraktiven multifokalen torischen Linse vor (Rayner M-Flex T), die überzeugend sowohl den Akkommodationsverlust kompensiert als auch einen Hornhautastigmatismus ausgleicht und damit Brillenlosigkeit in Ferne und Nähe für pseudophake Patienten mit Hornhautverkrümmung ermöglicht. Anschließend referierte Prof. Dr. Thomas Kohnen über akkommodative Intraokularlinsen als Alternative zur multifokalen Technik. Die Crystalens als ein Vertreter soll mit einer speziellen Haptik zur Verschiebung im Kapselsack befähigt sein und durch ihre spezielle Form über den Schärfentiefeeffekt ein Sehen in der Nähe und Ferne ermöglich.

Prof. Dr. Gerd U. Auffarth berichtete dann über die Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe mit der akkommodativen Linse Synchrony als Dual-Optik-Modell. Am Ende der Sitzung stellte Prof. Dr. Thomas Neuhann eine große Studie über das Risiko der Ablatio retinae nach Kataraktchirurgie vor, deren Ergebnis zeigt, dass eine Myopie das größte Risiko für eine Ablatio retinae per se darstellt, die Kataraktchirurgie jedoch nicht. Zu diesem Schluss kam die Arbeitsgruppe nachdem die Rate der Amotiones in einer Gruppe von mehr als 2.000 kataraktoperierten Augen mit einer Achslänge über 27 mm nicht größer war, als die Rate für eine spontane Ablatio retinae (um zwei Prozent).

Refraktive Intraokularchirurgie

Die letzte Sitzung eröffnete Dr. Martin Baumeister mit einem Vortrag über IOL-Dezentrierung und deren Einfluss auf die optische Qualität. Es wurde eine Arbeit vorgestellt die zeigt, dass nicht bei allen asphärischen Linsen die Abbildungsqualität unter einer Verkippung und Dezentrierung weniger leidet als bei sphärischen Linsen. Über verschiedene phake Vorderkammerlinsen referierte anschließend Prof. Dr. Thomas Kohnen, der auf die schnelle visuelle Rehabilitation bei der kammerwinkelgestützten Acrysof Cachet hinwies. Als Vorteil gegenüber der irisfixierten Artisan führte er die geringe inflammatorische Reaktion nach der Implantation an. Professor Neuhann stellte dann die Ergebnisse der phaken torischen Hinterkammerlinse (ICL) vor, welche bei einem Follow-up von sieben Jahren keine Kataraktentwicklung zeigten, gefolgt von Prof. Dr. Stefan Pieh, der im kürzesten Vortrag des Tages von einer gegenteiligen Erfahrung berichtete: 26 Prozent Katarakt-Rate nach zehn Jahren haben in seiner Klinik zur Einstellung der ICL-Implantation geführt. Als ursächlich für die Kataraktentwicklung konnte er die Abnahme des Abstandes der ICL zur natürlichen Linse (= Vault) identifizieren.

Zum Abschluss stellte Prof. Dr. Gerd U. Auffarth seine Ergebnisse mit dem Intracor-Verfahren zur hornhautchirurgischen Presbyopiekorrektur mittels Femtosekundenlaser vor und Prof. Dr. Günther Grabner berichtet über gute Ergebnisse mit dem Acufocus-Hornhautimplantat, das ebenfalls zur Presbyopiekorrektur als Lösung ähnlich einer Monovision mit unilateraler Implantation eines intrakornealen Kunststoffscheibchens funktioniert.

Fazit

Auch in diesem Jahr wurden zwischen den Sitzungen wieder thematisch passende interessante Fallvorstellungen aus dem Patientengut der Universitäts-Augenklinik Frankfurt vorgetragen, die zu angeregten Diskussionen führten. Prof. Dr. Thomas Kohnen hielt das Schlusswort, in dem er zum 10-jährigen Jubiläum des FFRC am 27. November 2010 einlud.

Ähnliche Beiträge