5. Frankfurter Fortbildungskurs für Refraktive Chirurgie (Teil 2)

Beim fünften Frankfurter Fortbildungskurs für Refraktive Chirurgie standen unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Kohnen in diesem Jahr Aspekte der Lasertechnologie sowie der Hornhaut- und Linsenchirurgie im Mittelpunkt. Der zweite Teil des Tagungsberichts fasst die Vorträge zu refraktiver Linsenchirurgie, Berechungsmöglichkeiten des Behandlungshonorars, inzisionaler Astigmatismuskorrektur sowie Hinterabschnittsänderungen und Komplikationsmanagement zusammen. Ein Bericht von Dr. Steffen Herting.

Die Vortragsreihe zur refraktiven Linsenchirurgie wurde von Prof. Dr. Rudy Nuijts, Direktor der Kornea-Klinik und des Academic Center für Refraktive Chirurgie aus Maastricht, eröffnet. In seinem Vortrag über irisgestützte phake Intraokularlinsen (PIOL) präsentierte Nuijts die Langzeitergebnisse einer Studie mit der torischen Artisan-Linse zur Korrektur eines Astigma-tismus nach Keratoplastik. Im Rahmen seiner Beobachtung konnte bei allen Patienten durch die Implantation der phaken IOL eine befriedigende Verbesserung des Visus erreicht werden. Während der Zylinder nach der PIOL-Implantation in dem beobachteten Zeitraum von 36 Monate stabil blieb, zeigte die Endothelzellmikroskopie bei einigen Patienten einen Rückgang der Zellzahl, so dass es in einem Fall sogar zu einer endothelialen Hornhautdekompensation kam.

Über seine Erfahrungen mit intraokularen Kontaktlinsen (ICL) zur Korrektur der Myopie und Hyperopie informierte Prof. Dr. Thomas Neuhann. Bei der ICL handelt es sich um eine phake Hinterkammerlinse, die sich hinter der Iris mit ihren Haptiken im Sulkus auf den Zonularfasern fixiert. Über einen speziellen Injektor kann die ICL durch eine 3,0 mm kleine limbale Inzision in die Augenvorderkammer injiziert und dann hinter die Iris platziert werden. Im Rahmen seiner Beobachtung von 688 behandelten myopen Augen konnten bei 6,5 Prozent eine Linsentrübung beobachtet werden. Dagegen war eine Linsentrübung bei 16,4 Prozent der behandelten 67 hyperopen Augen zu sehen. Generell zeigte die Beobachtung eine gute Vorhersagbarkeit bezüglich der Sphäre und des Zylinders. Darüber hinaus konnte die Akkommo-dation der Patienten erhalten bleiben. Die primäre Anwendung der ICL ist in der Korrektur einer Myopie von -8 dpt bis -14 dpt zu sehen. Dennoch sollte nicht versäumt werden, die Patienten präoperativ über das Risiko einer induzierten Katarakt zu informieren.

Refraktiver Linsenaustausch

Prof. Dr. Thomas Kohnen erläuterte anschließend die Möglich-keiten des refraktiven Linsenaustausches. Die Indikationen sind meist eine hohe Myopie, hohe Hyperopie oder Anisometropie. Seine Untersuchungen haben gezeigt, dass im Rahmen der Myopiekorrektur zur IOL Berechnung die SRK/T oder Holladay 2 Berechnung der Hoffer Q oder Haigis überlegen ist. Zur Be-rechnung eines hyperopen refraktiven Linsenaustausches ist die Berechnung nach Haigis die der Holladay 2, Hoffer Q und SRK/T vorzuziehen. Sollte neben der sphärischen Korrektur auch eine astigmatische Korrektur nötig sein, kann neben Anwendung der inzisionalen Chirurgie auch eine torische IOL implantiert werden. So stellte Kohnen neben der torischen Silikon-IOL mit Z-Haptik von Schmidt, die torische hydrophile Acrylat IOL von Rayner, auch die torische hydrophobe Acrylat-IOL von Alcon vor.

Die Komplikationen eines refraktiven Linsenaustausches können bei der Myopie eine Amotio sein. In einer Studie von Colin (2003) wurde nach zehn Jahren in zehn Prozent der Fälle eine Amotio beobachtet. Dabei wird das Amotiorisiko durch eine YAG-Kapsulotomie bei Nachstar deutlich erhöht. Generell sollte besonders bei dem refraktiven Linsenaustausch einem IOL-Design mit geringer Nachstarrate der Vorzug gegeben werden. Die möglichen Komplikationen eines refraktiven Linsenaustausches bei hyperopen Augen können in dem erschwerten Zugang bei meist flacher Vorderkammer und engem Kammerwinkel liegen, so dass gegebenenfalls eine Nd:YAG Laser-Iridotomie nötig ist. Eine Netzhautablösung ist in dieser Gruppe deutlich weniger häufig beobachtet worden. Dennoch ist es die Aufgabe jedes verantwortungsbewussten Ophthalmochirurgen seine Patienten über die etwaigen Risiken des Eingriffs und den Verlust der Akkommodation zu informieren.

Patientenzufriedenheit

Zur Patientenzufriedenheit nach Refraktiver Chirurgie stellte Nuijts seine Studienergebnisse nach der Implantation einer phaken IOL vor. So beschrieben 73,1 Prozent der untersuchten Patienten, dass das Nachtsehvermögen gleich gut oder besser geworden ist. 26,9 Prozent der Patienten beschrieben eine postoperative Sehminderung in der Nacht. Interessant ist auch, dass 33,3 Prozent der Patienten postoperativ eine erschwerte Kfz-Tüchtigkeit in der Dunkelheit beschrieben, während 41,9 Prozent von geringeren Sehproblemen bei Nachtfahrten berichteten. So konnte eine Korrelation zwischen den Aberrationen höherer Ordnung und der Zufriedenheit des Nachtsehens festgestellt werden. Auch wenn 26,9 Prozent der Patienten das Nachtsehen als schlecht bewerteten, waren 90 Prozent der Patienten mit dem refraktiven Eingriff zufrieden. Es zeigte sich, dass die Patientenzufriedenheit primär nicht mit dem erreichten Visus korreliert. Vielmehr offenbart diese Studie auch, dass eine ausführliche und nachvollziehbare Patientenaufklärung unerlässlich ist.

Honorarberechnung

In seinem Referat über die Möglichkeiten der Berechung des Behandlungshonorars nach refraktiven Eingriffen erörterte Dipl.-Ing. Jörg Hassel (alz, München) die einzelnen Posten, die zur Erstellung eines Honorars herangezogen werden können. Bei einer refraktiv-chirurgischen Versorgung handelt es sich nicht um eine Kassenleistung. Da es sich nach der derzeitigen Rechtsauffassung bei einem komplikationslosen Verlauf um eine selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit handelt und somit kein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, ist sonach auch das Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeit nicht möglich. Bei einem komplikationslosen Verlauf ist davon auszugehen, dass nach drei Monaten die Behandlung im Rahmen des refraktiv-chirurgischen Eingriffs abgeschlossen ist. Dementsprechend kann de jure anschließend eine kassenärztliche Weiterbehandlung erfolgen. Sollten allerdings postoperative Komplikationen auftreten, können diese zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geltend gemacht werden.

Von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wurde die Refraktive Chirurgie in den Katalog für individuell zu finanzierenden Gesundheitsleistungen (IGeL) aufgenommen. Darüber hinaus wurde dieses Thema auch im Deutschen Ärzteblatt, Jg. 99 Heft 23, vom 7. Juni 2002 aufgegriffen. Entsprechend der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungs-methoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB Richtlinien) des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 10. Dezember 1999 zählen refraktiv-chirurgische Eingriffe nach Anlage B zu den Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zulasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen. Der entspreche Beschluss kann unter http://www.baek.de/ nachgelesen werden.

Grundsätzlich dürfen derartige Leistungen nur nach der Gebührenordnung für Ärzte berechnet werden. Erwähnt werden sollte, dass auch eine Erstattung von Honoraranteilen des Operateurs an den Zuweiser rechtlich unzulässig ist. Für die Honorierung der Operation selbst sind ebenfalls die Bestimmungen der GOÄ unter Hinzuziehung von Analogziffern anzuwenden. Eine entsprechende Empfehlung wurde von der Bundesärztekammer herausgegeben. Demgemäß gilt für die PRK beziehungsweise PTK die Ziffer A 5855 und für die LASIK die Ziffer 1345 in Kombination mit der Analogziffer A 5855. Hassel appellierte an die Versammlung, dass für die Honorarberechnung der mittlerweile erstellte offizielle Modus anhand der GOÄ ver-wendet werden sollte. Weiterführende Informationen können auch unter dem Link http://www.augeninfo.de/krc bezogen werden. Bei aller Honorarberechnung sollte aber nicht vernachlässigt werden, dass der refraktive Anwender zu einer ausführlichen präoperativen Aufklärung des Patienten über den geplanten Eingriff verpflichtet ist. Um diese Verpflichtung für alle Beteiligten zu vereinfachen, wurde ein entsprechender Aufklärungsbogen von der DOG zusammen mit der KRC erstellt. Interessenten können unter http://www.augeninfo.de/krc/patinf_l.htm entsprechende Informationen erhalten.

Inzisionale Astigmatismuskorrektur

In seinem anschließenden Vortrag über inzisionale Astigmatismuskorrektur beschrieb Prof. Dr. Markus Kohlhaas die verschiedenen Techniken. Die grundlegende Theorie dieser Inzisionen fußt auf dem Gauss´schen Gesetz. Hiernach bewirkt eine Inzision in der Achse des steileren Meridians, dass dieser abgeflacht und der flachere um den gleichen Betrag verstärkt wird. Durch diesen Coupling-Effekt bleibt das sphärische Äquivalent erhalten. Bei der transversen Inzision konnte beobachtet werden, dass diese nicht nur eine Wirkung auf die Hornhautkrümmung, sondern auch einen semiradiären Effekt haben. So verändern sie die Zirkumferenz und damit auch die sphärische Hornhautbrechkraft. Bogenförmige Schnitte sind in ihrer Wirkung wesentlich neutraler auf die Sphäre und können damit besser zur reinen Astigmatismuskorrektur genutzt werden. Entsprechende Nomogramme können dem Operateur Hilfestellung bei der Berechung der gewünschten Korrektur geben. Generell konnte aber festgestellt werden, dass die relaxierende Wirkung ansteigt, je zentraler, je länger und je tiefer die Schnittführung war.

Im Rahmen seiner Studie konnte in dem einmonatigen Beobachtungszeitraum eine Zylinderreduktion von etwa 70 Prozent erreicht werden. In den Fällen, bei denen eine erneute Keratotomie indiziert war, konnte wiederum eine Zylinder-reduktion um etwa 60 Prozent erzielt werden. Zusammenfassend konnte festgestellt werden, dass die inzisionale Astigmatismuskorrektur eine verhältnismäßig einfache und probate Technik zur Reduktion eines hohen Astigmatismus darstellt. Diese Inzisionen werden außerhalb des optischen Zen-trums angelegt und sind in Tropfanäs-thesie mit einer schmerzarmen und kurzen Rekonvaleszenzphase durchführbar. Auch wenn die irreversiblen Inzisionen einen rasch wirksamen Effekt herbeiführen, sind Re-Keratotomien oder Laser-Folgeeingriffe möglich. Für den Anfänger empfiehlt Kohlhaas die Korrektur von hohen hyperopen Astigmatismen, da die inzisionale Astigmatismuskorrektur einer persönlichen Empirie unterworfen und en detail nur limitiert planbar ist.

Hinterabschnittsveränderungen

Dr. Winkler von Mohrenfels (München) berichtete in seinem Vortrag über Hinterabschnittsveränderungen und -komplikationen nach refraktiver Chirurgie. So sollte bei einem Diabetiker die Indikation für einen refraktiven Eingriff grundsätzlich vorsichtig gestellt werden. Physikalisch wird das Auge bei der LASIK mit dem Sog des Saugringes, mit der Schnittaktivität des Keratoms und durch die Laserablation verschiedener Mikrotraumen augesetzt. Auch bei der Implantation einer phaken IOL oder einem refraktiven Linsenaustausch wirken diverse traumatische Ein-flüsse auf das operierte Auge ein. Zwar sind vitreoretinale Komplikationen möglich, dank moderner Operationsmethoden insgesamt selten, aber immer Bestandteil einer umfassenden Patientenaufklärung.

Wie vor jeder Tagungspause so moderierte Kohnen auch zum Ende der Fortbildung in einem interaktiven, lehrreichen und unterhaltsamen Kommunikationsforum den Fragen- und Interviewteil zu Themen aus der täglichen refraktiven Praxis. Neben einer dislozierten Vorderkammerlinse, einem Endothelzellverlust bei phaker Vorderkammerlinse, einem Flapverlust nach Reitpeitschen-Contusio und dem Management bei inkomplettem Mikrokeratomschnitt wurden viele weitere Fälle mit dem Expertenteam und dem Auditorium besprochen.

Der 6. Frankfurter Fortbildungskurs für Refraktive Chirurgie wird am 25. November 2006 im Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt stattfinden.

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