Zusammenhang zwischen beidäugigem Sehen und effizienter Textverarbeitung

Am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung wurden mit Methoden aus der Grundlagenforschung die Augenbewegungen beim Lesen am PC eingehend untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass das reibungslose Zusammenspiel der beiden Augen von zentraler Bedeutung ist, sowohl bei den elementaren Prozessen der Wahrnehmung also auch bei den darauf aufbauenden Prozessen der effizienten Textverarbeitung.

In der arbeitswissenschaftlichen Forschung finde die Beschäftigung am Computer bislang vergleichsweise wenig Beachtung und beschränke sich zumeist auf die Optimierung der Wahrnehmungsbedingungen durch Faktoren wie Schriftgröße oder Beleuchtung. Dabei gehe man davon aus, dass die Prozesse beim Lesen nahezu automatisch ablaufen und sich deshalb eine eingehendere Analyse erübrige, begründet das Leibniz-Institut für Arbeitsforschung (IfADo) seine Forschungsarbeit. Stephanie Jainta von der Forschungsgruppe „Individuelle Sehleistungen“ am IfADo baute eine Kooperation mit den Leseforschern an der britischen Universität Southampton auf, die über eine spezielle technische Ausstattung verfügen. Damit können sie in ihrem Labor mit besonderer Präzision die Augenbewegungen aufzeichnen, die die Probanden während des Lesens ausführen. Im Rahmen der Kooperation wurde anhand dieser Augenbewegungen untersucht, welche Vorteile das beidäugige Lesen im Vergleich zum Lesen mit einem Auge hat. Die Ergebnisse dieses Experiments wurden nun in der Zeitschrift Current Biology publiziert.

Bislang ging man davon aus, dass ein Vorteil des beidäugigen Lesens lediglich bei der Wahrnehmung als einer frühen Phase der menschlichen Informationsverarbeitung besteht, da ein und dasselbe Signal zweifach aufgenommen wird. Jainta und ihre britischen Kollegen konnten jedoch zeigen, dass sich dieser Vorteil auf späteren Ebenen der Informationsverarbeitung fortsetzt, die für das Textverständnis wichtig sind. Denn der Vorteil zeigte sich insbesondere bei häufig vorkommenden Wörtern. Im Vergleich dazu wurden seltene Wörter grundsätzlich langsamer verarbeitet, so dass die verschiedenen Sehbedingungen keinen Einfluss auf die Lesegeschwindigkeit hatten.

Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass ein eingehenderes Verständnis der menschlichen Informationsverarbeitung häufig nur durch den Einsatz von neuen und aufwändigen Untersuchungsmethoden aus der Grundlagenforschung erzielt werden kann. Die Verknüpfung mit Fragestellungen aus der Anwendung sei deshalb ein charakteristisches Merkmal der Arbeit am IfADo, betont das Leibniz-Institut für Arbeitsforschung.

Quelle:
Leibniz-Institut für Arbeitsforschung, TU Dortmund

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