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Zum 4. Internationalen Pro Retina-Forschungskolloquium

Neue Ansätze zur Diagnostik und Therapie von Netzhauterkrankungen
Beim 4. Internationalen Pro Retina-Forschungskolloquium trafen sich rund 150 führende Wissenschaftler und Mediziner aus Deutschland, Europa und den USA Ende März im Templiner Seehotel bei Potsdam. Ziel des Kolloquiums ist vor allem der Austausch zwischen Klinikern und Grundlagenforschern, um bei bislang oft gar nicht oder nur schwer behandelbaren Netzhauterkrankungen neue Ansätze zur Diagnostik und Therapie zu entwickeln. Priv.-Doz. Dr. Hendrik P.N. Scholl, Dr. Steffen Schmitz-Valckenberg, Dr. Peter Charbel Issa und Prof. Dr. Frank G. Holz berichten über das diesjährige Treffen.

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Die Organisatoren des 4. Internationalen Pro Retina-Forschungskolloquium konnten internationale Spitzenforscher für ein zugleich hochkarätiges als auch diskussionsfreudiges Meeting gewinnen. Zur Tagung wurden Cutting-Edge-Forschungsergebnisse auf den Gebieten der erblichen Netzhaut- und Makuladystrophien und der Altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) präsentiert. Der besondere Fokus des Meetings war das Zapfensystem. Geleitet wurde das Kolloquium von Prof. Dr. Klaus W. Rüther, Berlin, Prof. Dr. rer. nat. Olaf Strauß, Regensburg, Prof. Dr. rer. nat. Bernhard Weber, Regensburg und Franz Badura, Amberg, von der Pro Retina-Stiftung zur Verhütung von Blindheit.

Prof. Dr. Eberhart Zrenner (Tübingen) eröffnete das Meeting, in dem er die Besonderheiten und die Wichtigkeit der Zapfen-Photorezeptoren erläuterte. Die zentrale Bedeutung des Zapfensystems lässt sich daran erkennen, dass dessen Beeinträchtigung schon früh zu Symptomen führt. Die Zapfen werden leider auch bei zunächst reinen Stäbchenerkrankungen sekundär in Mitleidenschaft gezogen, wie zum Beispiel einer Retinitis pigmentosa durch Mutationen im Rhodopsin-Gen, welches ausschließlich in den Stäbchen exprimiert wird. Diese sekundäre Schädigung wird auch als „Bystander Effect“ bezeichnet. Ein wichtiges Gen beziehungsweise Protein ist hierfür der so genannte Rod-Derived Cone Viability Factor (RDCVF). Zapfen erlauben durch drei unterschiedliche Absorptionsspektren der dazugehörigen Pigmente das Farbensehen, sie vermitteln das Kontrastsehen (durch ein spezielles ON- und OFF-System) und stellen einen Signalweg für die Stäbchen bereit. Verschiedene Mausmodelle wie die Cnga3 -/- Maus, die cone-GFP-Maus und die cpfl1-Maus erlauben die detaillierte Erforschung des Zapfensystems. Verschiedene Methoden der Phänotypisierung wie die Optische Kohärenztomographie, die Fundusautofluoreszenz und die Elektroretinographie sind besonders gut geeignet für die klinische Diagnostik bei Erkrankungen des Zapfensystems.

Retina International

Die Präsidentin von Retina International, Christina Fasser (Zürich), zeigte die Patientenperspektive auf. Erkrankungen der Photorezeptoren zeigen unterschiedliche Facetten von Sehbeeinträchtigungen, wie Verluste des Gesichtsfeldes, Blendungsempfindlichkeit und Schwierigkeiten, sich auf verschiedene Beleuchtungsbedingungen einzustellen. Sie zeigte auch auf, wo in diesen einzelnen Symp-tomkomplexen die Schwierigkeiten liegen, wie beispielsweise, dass bei Verlust des zentralen Sehens Schwierigkeiten bestehen, nicht nur im Lesen, sondern auch in der zwischenmenschlichen Kommunikation und im Lesen von Emotionen. Letztlich, so betonte Fasser, sei bei allen Forschungsanstrengungen, auch und gerade derjenigen, die auf dem Symposium vorgestellt wurden, das eigentliche Ziel, eine Therapie zu entwickeln. Sie zeigte aber auch die sozioökonomische Bedeutung auf. Sie forderte von Krankenversicherern, die vorhandenen Therapien auch tatsächlich zu bezahlen und den Patienten nicht vorzuenthalten. Nicht nur spiele die Entwicklung von Therapie eine große Rolle, sondern auch, dass diese dann bei den Erkrankten ankommt. Problematisch sei auch die Forschungsförderung im Bereich der seltenen Erkrankungen. Die Genetik dieser Erkrankungen sei mittlerweile sehr komplex geworden und umso wichtiger sei deswegen eine professionelle genetische Beratung der Patienten.

Klinische und genetische Aspekte

Die Sitzung über klinische und genetische Aspekte bei Zapfen- und Zapfen-Stäbchen-Dystrophien wurde mit dem Vortrag von Prof. Dr. Ulrich Kellner (Siegburg) zum Thema „Klinische Manifestation und Diagnostik dominierter Netzhautdystrophien“ eröffnet. Netzhautdystrophien des Zapfensystems stellen eine heterogene Gruppe von Netzhautdystrophien dar, die oft nur schwer von anderen Netzhautdystrophien oder entzündlichen, degenerativen, vaskulär- oder toxisch bedingten Netzhauterkrankungen abzugrenzen sind. Das Ganzfeld-ERG stellt dabei ein diagnostisches Verfahren dar, um Zapfen- beziehungsweise Zapfen-Stäbchendystrophien von Makuladystrophien abzugrenzen. Neuere diagnostische Verfahren sind das multifokale ERG, die Fundusautofluoreszenz und die Optische Kohärenztomographie.

Prof. Dr. Hanno Bolz (Köln) präsentierte genetische Aspekte von Zapfen- beziehungsweise Zapfen-Stäbchen-Dystrophien, die in Kombination mit Taubheit auftreten. Hörschwäche in Kombination mit Zapfen-Stäbchendystrophie wird häufig beim Alström-Syndrom und der Refsum-Erkrankung gefunden, seltener sind zum Beispiel mitochondriale Erkrankungen oder eine Unterform der Megaloblastenanämie Ursache dieses Symptomkomplexes. Die Bedeutung von Phänokopien wurde auch verdeutlicht, was die Diagnostik dieser syndromalen Dysfunktion verkompliziert.
Einen Überblick über die Genetik von Zapfen- beziehungsweise Zapfen-Stäbchen-Dystrophien gab Veronique Kitiratschky (Tübingen) in ihrem Vortrag. Eine Reihe an Genen konnte bislang identifiziert werden und unterschiedliche Erbgänge können vorliegen. Hier wurde insbesondere über die Prävalenz von ABCA4- und GUCY2D-Genmutationen bei autosomal rezessiven und autosomal dominanten Zapfen- beziehungsweise Zapfen-Stäbchen-Dystrophien berichtet.

Sandra Brunner (Zürich) berichtete über Forschungsergebnisse zu Pathophysiologie und molekularen Mechanismen, die zu einer Netzhautdegeneration bei zwei unterschiedlichen Mauslinien führen mit Mutationen des Retinitis pigmentosa GTPase Regulator Gens (RPGR). Diese Mauslinien könnten geeignete Tiermodelle zur weiteren Erforschung der RPGR-Funktion in Zapfen und Stäbchen sowie des Einflusses von Modifier-Genen auf den Krankheitsverlauf der Retinitis pigmentosa darstellen.

Pathophysiologie

In der Sitzung über Zapfen- und Zapfen-Stäbchendystrophien berichtete zunächst Prof. Dr. Wolfgang Bähr aus Salt Lake City über Mechanismen der Zapfendegeneration bei RPE65 und LRAT knock-out Mäusen, einem Tiermodel für die Leber’sche kongenitale Amaurose. RPE65 und LRAT spielen eine Rolle im Retinoid-Zyklus und sind phänotypisch durch eine rasche sektorielle Zapfendegeneration gekennzeichnet. Bähr stellte anschaulich dar, dass im Tiermodel Proteine wie unter anderem Opsin, Guanylatzyklase oder Phosphodiesterase nicht in die Zapfen-Außensegmente transportiert werden. Diese Prozesse gehen den degenerativen Veränderungen voraus und Zapfen sind für die degenerativen Veränderungen wesentlich anfälliger als Stäbchen. Die Gabe von 11-cis-Retinal kann in bestimmten Fällen den Transport wieder herstellen. 11-cis-Retinal scheint sowohl für die Regeneration von Zapfen-Opsinen als auch für den Transport von membran-assoziierten Proteinen benötigt zu werden.

Ein interessanter neuer Ansatz in der Erforschung retinaler Erkrankungen wurde von Dr. Oliver Biehlmaier aus Zürich vorgestellt. Die Forschergruppe zeigte am Beispiel einer Knockdown-Variante für Nyctalopin, dass der tetrachromatische Zebrafisch mit vier Zapfenarten ein Model zur Untersuchung von Zapfenfunktion und -dysfunktion darstellt. Störungen von Nyctalopin, dessen Funktion noch nicht bekannt ist, liegen beispielsweise bei Patienten mit kongenitaler stationärer Nachtblindheit vor. Die Fischlarven wurden mittels optokinetischer Antworten, ERG-Analysen und Immunhistochemie untersucht. Nyctalopin scheint essentiell für die synaptische Übertragung und Kontrastwahrnehmung zu sein.

Dr. Irina Golovleva aus Umea in Schweden stellte eine neue Mutation auf Chromosom 17p im Nicht-Rezeptor Thyrosinkinase Liganden PITPNM3 als Ursache einer autosomal dominanten Zapfen-Stäbchen-Dystrophie (CORD5) vor. Die spezielle Bevölkerungsstruktur in Nord-Schweden mit großen verzweigten Stammbäumen ermöglicht genetische Untersuchungen auch bei ansonsten seltenen genetisch bedingten Erkrankungen.

Erbliche Makuladegeneration

Im ersten Vortrag des Samstags stellte Thomas Loenhardt aus Regensburg seine Forschungsergebnisse zur X-chromosomalen Retinoschisis vor. Die erbliche Netzhautdegeneration wird durch Mutationen im RS1-Gen hervorgerufen, welches wiederum für das Protein Retinoschisin kodiert. Die Regensburger Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass Retinoschisin exklusiv in der Netzhaut gebunden wird. Weiterhin weisen die Bindungseigenschaften auf noch nicht beschriebene Interaktionen zwischen Photorezeptoren, Bipolarzellen und deren extrazellulärer Matrix hin. Eine weitere häufige Makuladystrophie ist der Morbus Best. Diese autosomal dominant vererbbare Erkrankung wird durch Veränderungen in der Expression von Bestrophin hervorgerufen, ein Calcium-abhängiger Chloridkanal.
Vladimir Milenkovic aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Olaf Strauß (Regensburg) referierte im zweiten Vortrag über die molekulare Entschlüsselung von zusätzlichem Einfluss von Bestrophin auf Calciumkanäle.

Der dritte Vortrag, aus der Arbeitsgruppe vom Department of Neuromedical Genetis in Amsterdam, stellte Ansätze zur Gentherapie im CRB1-Gen dar. Dieses Gen wird für etwa elf Prozent der Fälle von kongenitaler Leber’scher Amaurose und etwa vier Prozent der Fälle von Retinitis pigmentosa verantwortlich gemacht. Die niederländischen Forscher konnten In-vivo und Ex-vivo zeigen, dass durch subretinale Injektionen eines viralen Vektors die Expression eines modifizierten Genes in Müllerzellen nachgewiesen werden kann.

Dr. Simone Kellner (Siegburg) stellte im vierten Vortrag die Fundusautofluoreszenzdarstellung bei Zapfen- und Makuladystrophien vor. Insbesondere wurde hier die seit längerem verwendete blaue mit der kürzlich beschrieben Nah-Infrarot-Autofluoreszenz verglichen. Beide Methoden zeigen pathologische Veränderungen, die sich zwischen einzelnen erblichen Makuladystrophien unterscheiden und so zur Phänotypisierung nicht-invasiv und direkt am Patienten verwendet werden können.

Altersabhängige Makuladegeneration

Die vierte Sitzung des Kongresses hatte die Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) zum Thema. Hier wurden in den vergangenen drei Jahren erhebliche Fortschritte sowohl auf dem Gebiet der komplexen Genetik der Erkrankung als auch auf therapeutischem Gebiet erzielt. Lars Fritsche stellte die neuesten Ergebnisse der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Bernhard Weber zum LOC387715/HTRA1-Lokus bei der AMD vor. Dieser ist neben dem Komplement Faktor H-Gen (CFH) der wichtigste genetische Risikofaktor bei der AMD. Er zeigte überzeugend, dass die beiden implizierten Gene, LOC387715 und HTRA1, nicht mit genetischen Assoziationsanalysen als eigentliche Risikogene identifiziert werden können, weil sie eine extrem hohe Kopplung (hohes Kopplungsungleichgewicht) haben. Nur funktionelle Studien zu den beiden Genprodukten werden Aufschluss bringen. Es war daher besonders interessant, die immunhistochemischen Bilder zum Genprodukt von LOC387715 zu sehen. Das Protein ist in den Photorezeptoren lokalisiert. Dies kann aber sehr gut mit möglichen pathophysiologischen Prozessen, wie man sie sich bei der AMD vorstellt, zusammenpassen, denn auch bei der Stargardtschen Makuladystrophie wurde das Genprodukt (ABCR, so genanntes RIM-Protein) in den Photorezeptoren gefunden, obwohl die Erkrankung wie eine primäre Erkrankung des RPE imponiert.

Prof. Dr. Peter Zipfel (Jena) präsentierte den anderen wichtigen Risikogenort bei der AMD, das CFH-Gen auf 1q31 und das dahinter stehende Proteinsystem der Komplementaktivierung. Varianten im CFH-Gen, insbesondere die Y402H-Variante, wurden mehrfach als Risiko erhöhend beschrieben. Das CFH-Gen liegt nun in einem Cluster von mehreren Genen, die für – in gewissen Abschnitten – identische Proteinen kodieren, nämlich mit Genen für das CFH-related protein 1 (CFHR1) und CFH-related protein 3 (CFHR3). Seine Gruppe konnte kürzlich zeigen, dass Deletionen in CFHR1 und CFHR3 das Risiko für eine seltene Nierenerkrankung, das atypische hämolytische urämische Syndrom (aHUS), erhöhen. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Priv.-Doz. Dr. Hendrik Scholl konnte Zipfel nun zeigen, dass diese Deletionen zugleich das Risiko für die AMD verringern. Dieses auf den ersten Blick überraschende Ergebnis, dass solche Deletionen das Risiko für eine Erkrankung erhöhen und für eine zweite erniedrigen, wurde durch die Darstellung der Komplexität des Komplementsystems plausibel gemacht: Es wurde deutlich, dass geringe Veränderungen dieses fein regulierten Systems sowohl in Richtung Über- als auch Unterregulierung gravierende Veränderungen für betreffende Organsysteme haben können.

Genetische Varianten in insgesamt drei Genen (exklusive den Genen für CFHR1 und CFHR3, s.o.), die am alternativen Komplementaktivierungsweg beteiligt sind, nämlich das CFH-Gen, das Faktor B-Gen (FB) und das Gen für die Komplementkomponente C3, beeinflussen die Prädisposition für AMD. Ob allerdings bei der AMD eine systemische Komplementaktivierung vorliegt, ist bisher nicht bekannt.

Ein Konsortium unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. Hendrik Scholl untersuchte daher EDTA-Plasmen von insgesamt 112 AMD-Patienten und 67 Kontrollen auf Konzentrationsveränderungen mehrerer Komplementproteine und den dazugehörigen Polymorphismen in den genannten drei Genen. Tatsächlich fand sich eine signifikante Erhöhung von Proteinmarkern, insbesondere für chronische Komplementaktivierung (C3d, Ba). Träger der Risikovarianten im CFH-Gen, und zwar sowohl in der Patientenkohorte als auch im Kontrollkollektiv, zeigten eine Erhöhung der Proteinmarker im Blut, während Träger der protektiven Varianten eine Erniedrigung zeigten. Eine lineare Regression ergab, dass die diagnostische Treffgenauigkeit der Proteinmarker (C3d, Ba, FD; Fläche unter der ROC-Kurve: 82 Prozent) größer war als diejenige der genetischen Varianten in CFH, FB und C3 (Fläche unter der ROC-Kurve: 73 Prozent). Dies deutet darauf hin, dass der prädiktive Wert der Proteinmarker demjenigen der genetischen Marker überlegen sein könnte.

Scholl und Mitarbeiter untersuchten außerdem, ob Risikovarianten in CFH die Progression der geographischen Atrophie beeinflussen. Dazu wurden 138 Patienten aus der FAM-Studie (Fundus Autofluorescence in Age-related Macular Degeneration) auf genetische Varianten in CFH untersucht. Die Progression der geographischen Atrophie wurde durch Verlaufsbeobachtungen mittels der Fundusautofluoreszenz und semi-automatischer Ausmessung der Läsionsgröße berechnet. Es zeigte sich, dass die Patientenkohorte in der Verteilung der CFH-Risikovarianten derjenigen publizierter AMD-Kohorten entsprach, das heißt, dass diese Risikovarianten die Prädisposition für die späte atrophische AMD eindeutig determinieren. Die genetischen Varianten zeigten aber überhaupt keine Korrelation mit der Wachstumsgeschwindigkeit der Läsionen, obwohl die Power für die Detektion eines solchen Zusammenhangs sehr groß war. Die Risikovarianten im CFH-Gen scheinen daher nur die Prädisposition für die geographische Atrophie zu beeinflussen, nicht aber deren Progression.

Der letzte Vortrag kam von der Rotterdam Eye Study Group von Caroline Klaver und zeigte die Bedeutung von Apolipoprotein E (ApoE)-Varianten bei der AMD auf. ApoE ist ein wichtiges Lipid und Cholesterol-Transportprotein. Es ist das wichtigste Apolipoprotein im Nervensystem. Es funktioniert über eine Bindung des LDL-Rezeptors. Drei Isoformen existieren, werden kodiert durch das ApoE-Gen auf 19q13.2 und sind definiert durch Aminosäureaustausch in Position 112 und 158: Die Allele E2, E3 und E4 besitzen dabei die Kombinationen Cystein/Cystein, Cystein/Arginin und Arginin/Arginin. Die vorherrschende Variante in der kaukasischen Bevölkerung ist E3 (77 Prozent), während E2 und E4 etwa acht Prozent beziehungsweise 15 Prozent ausmachen. Schon vor einiger Zeit wurde gezeigt, dass ApoE-Varianten mit dem AMD-Risiko assoziiert sind. Eine Metaanalyse zeigte nun, dass das AMD-Risiko um etwa 1,5 erniedrigt ist für Träger von E4 gegenüber E3, während es um etwa 30 Prozent erhöht ist für Träger von E2. Dass ApoE tatsächlich in der AMD-Pathogenese beteiligt sein könnte, wurde durch das Auffinden von ApoE in Drusen nahegelegt. Tatsächlich sezerniert das RPE ApoE sowohl basal als auch apikal. Dies könnte mit dem Cholesteroltransport des RPE zusammmenhängen und könnte auch am Lipidabbau von Photorezeptorfragmenten des RPE durch die Bruch’sche Membran ins Gefäßsystem der Chorioidea beteiligt sein. Tatsächlich zeigen ApoE -/- Mäuse eine Akkumulation von Lipidablagerungen und eine verdickte Bruchsche Membran. Erstaunlich ist sicherlich, dass E4 nicht protektiv bei anderen Alterserkrankungen ist, sondern beispielsweise das Risiko für M. Alzheimer erhöht. Der exakte Mechanismus, wie ApoE die Pathogenese dieser Erkrankungen beeinflusst, bleibt aber weiterhin unklar.

Posterpreise

Zuletzt wurden die Posterpreise verliehen und die Preisträger stellten ihre Posterarbeiten im Rahmen eines kurzen Vortrags vor:
Peggy Reuter (Molekulargenetisches Labor, Forschungsinstitut für Augenheilkunde, Tübingen) erforschte die Effekte von Mutationen im CNGA3-Gen auf die A3-Untereinheit der CNG gesteuerten Zapfenkanäle. Die Arbeitsgruppe von Bernd Wissinger hatte schon vor einiger Zeit gezeigt, dass Mutationen in CNGA3 verantwortlich sind für die Achromatopsie, eine komplette Farbenblindheit. Calcium-Imaging und Patch-clamp-Versuche deuteten darauf hin, dass die Effekte der vier untersuchten Mutationen (E228K, R283Q, R439W und R563C) vorwiegend die Proteinfaltung und -lokalisation betreffen und so zu Zapfendysfunktion führen.
Nadine Lauer (Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie, Jena) untersuchte die Risiko- und Wildtypvariante des CFH- und FHL-1-Proteins (HH402 beziehungsweise YY402) auf deren Bindungseigenschaften zu C-reaktivem Protein (CRP) und fand, dass speziell die HH402-Risikovariante die Bindung an monomerisches CRP reduziert. Dies wiederum könnte zu inadäquater Kontrolle des Komplementsystems führen und damit zu krankheitsdisponierender lokaler Entzündung bei AMD.
Dr. Monika Fleckenstein (Bonn) untersuchte das funktionelle und morphologische Korrelat von Linien erhöhter Fundusautofluoreszenz (FAF) bei Patienten mit Makula- und Netzhautdystrophien. Sie fand, dass diese Linien in der fundus-kontrollierten Mikroperimetrie exakt die Grenze zwischen dysfunktionaler und normaler Netzhautfunktion darstellen. In der hochauflösenden Optischen Kohärenztomographie (SD-OCT) zeigte sich in diesem Bereich der Verlust von Banden im Bereich der Photorezeptoren. Solche Linien könnten daher infolge eines erhöhten metabolischen Umsatzes des RPE durch Phagozytose von erkrankten Photorezeptoren entstehen und daher die genaue Grenze des Krankheitsprozesses markieren.

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Abb. 1: Die Posterpreisträger und Jurymitglieder des Pro Retina Research-Colloquiums. Von links: Prof. Dr. Olaf Strauß (Regensburg), Nadine Lauer (Jena), Peggy Reuter (Tübingen), Prof. Dr. Klaus W. Rüther (Berlin), Dr. Monika Fleckenstein (Bonn) und Franz Badura (Pro Retina Stiftung).

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