Tübingen: Erneute Förderung für Myopieforschung
Mit rund 3,6 Millionen Euro finanziert die Europäische Union aus Mitteln des Forschungsrahmenprogramms „Horizont 2020“ vier Jahre lang ein internationales Trainingsnetzwerk im Bereich der Myopie-Forschung. Die Koordination liegt bei Professor Frank Schaeffel, dem Leiter der Sektion für Neurobiologie des Auges am Forschungsinstitut für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Tübingen.
Schaeffel gelang damit bereits zum dritten Mal in Folge, in einem hochkompetitiven Wettbewerb die Projektkoordination für eines der begehrten Doktorandennetzwerke nach Tübingen zu holen: Nach den Trainingsnetzwerken „MyEuropia“ (2006-2010) und „OpAL“ (2011-2015) nun das Projekt „Myopia: Fundamental Understanding Needed (MyFUN)“ (2016-2020). Es bildet Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen in den ersten vier Jahren ihrer Wissenschaftskarriere aus und umfasst sieben Institute sowie Technologiefirmen aus fünf Ländern (Deutschland, Spanien, Schweden, Irland, Belgien). Zum Projektstart trafen sich die Teilnehmer kürzlich in Tübingen.
Laut einer Analyse australischer Forscher wird fast die Hälfte der Weltbevölkerung bis 2050 kurzsichtig sein. Myopie tritt häufig nach Schulbeginn auf, im Alter zwischen acht und 15 Jahren. Zwar gibt es Hinweise für eine genetische Komponente, derzeit geht man aber davon aus, dass Kurzsichtigkeit in Industrienation zum größten Teil mit einem hohen Bildungsstand verknüpft ist und auf Seherfahrungen beruht. Beispielsweise sind ein Übermaß an Naharbeit beim Lesen oder am Computer sowie zu wenig Tageslicht entscheidende Faktoren. Außer Brillenkorrektur oder Laserbehandlung gibt es bislang keine Therapien, auch besteht keine Möglichkeit, die Kurzsichtigkeits-Entwicklung komplett zu verhindern. Lediglich eine Verlangsamung durch mehr Aufenthalt im Tageslicht und mittels optischer oder pharmakologischer Maßnahmen ist möglich.
Warum es bei manchen Menschen überhaupt zur Kurzsichtigkeit kommt und zu welchem Zeitpunkt, welche Faktoren genau beteiligt sind, warum optische Interventionen nur einen geringen Effekt haben – das sind nur einige der Fragen, die nach über 40 Jahren Forschung immer noch ungelöst sind und die im Rahmen von „MyFUN“ nun weiter untersucht werden sollen. Verschiedene Ansätze werden in 14 Forschungsprojekten für ebenso viele Doktorandinnen und Doktoranden aufgegriffen, die mit den Fördergeldern nun neu eingestellt werden können.
Frank Schaeffel zeigt sich mit dem Projektstart hoch zufrieden: „Mittlerweile sind wir fast schon so etwas wie eine europäische Familie ‒ in ähnlicher Zusammensetzung wie in unseren vorigen Netzwerken, können wir nun gemeinsam für weitere vier Jahre grundsätzliche Fragen der Kurzsichtigkeit untersuchen. Eine besondere Erfolgsgeschichte ist die Zusammenarbeit mit zweien der acht MyFUN-Projektleiter: Ihre wissenschaftliche Karriere haben sie als Doktoranden in unseren früheren Netzwerken begonnen.“
„MyFUN“ setzte sich, genau wie seine Vorgänger „MyEuropia“ und „OpAL“, gegen starke Konkurrenz durch: Von 1.318 Bewerbungen im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen (MSCA), werden im Jahr 2016 nur 106 ausgewählten Netzwerke gefördert. Mit den MSCA-Maßnahmen möchte die EU einen starken Pool europäischer Forschender bilden und die Attraktivität Europas für Forschende steigern. Gefördert werden Netzwerke zur strukturierten Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, in diesem Fall die sogenannten „Innnovative Training Networks“ (ITN). Sie umfassen neben einer individuell angepassten Ausbildung in der Forschung Maßnahmen wie Sommerschulen, Trainingsseminare mit wissenschaftlichen Themen, Soft Skill Kurse und Workshops. Sie sind darüber hinaus eine Mobilitätsmaßnahmen der EU: Alle jungen Forschenden müssen für die Ausbildung in ein anderes Land wechseln, als das, in dem sie die letzten drei Jahre ansässig waren.
Weitere Informationen:
http://www.eye-tuebingen.de/schaeffellab/
http://www.itn-myfun.eu
MyFUN wird durch die Marie Sklodowska-Curie-Fördervereinbarung Nr. 674901 im Rahmen des Horizont 2020-Forschungs- und Innovationsprogramms der Europäischen Union finanziert.
Quelle:
Eberhard Karls Universität Tübingen