Progressive Retinaatrophie: Neues Protein identifiziert

Mediziner der Ruhr Universität Bochum haben das bisher unbekannte Protein CCDC66 identifizierten, dessen Ausfall erst zur Nachtblindheit und im weiteren Verlauf meist zur vollständigen Blindheit führt. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in „Human Molecular Genetics“, teilt die RUB mit.

Nachgewiesen haben die Forscher vom Lehrstuhl für Humangenetik um Prof. Dr. Jörg T. Epplen die Genmutationen als Ursache für Netzhautrückbildung am Mausmodell. Von der fortschreitenden Netzhautrückbildung, der progressiven Retinaatrophie, sind vor allem so genannte Schapendoes-Hunde betroffen. Als häufigste erbliche Erkrankung, die Blindheit auslöst, tritt sie auch beim Menschen auf (Retinitis pigmentosa).
Anhand der neuen Erkenntnisse haben die Bochumer Forscher für die Hunderasse einen Gentest zur Diagnostik entwickelt, der auch vorhersagend in der Zucht eingesetzt werden kann, heißt es in dem Bericht der Universität. Schapendoes-Hunde sind ursprünglich eine niederländische Hütehund-Rasse, die heute hauptsächlich in Holland, Deutschland, Nordeuropa und Nordamerika gehalten wird. Aber auch für den Menschen seien die Forschungsergebnisse möglicherweise von Bedeutung. So untersuchten die Wissenschaftler zurzeit, ob für manche Retinitis pigmentosa-Patienten ebenfalls Mutationen im CCDC66-Gen verantwortlich sein könnten.

„Da zu Beginn der Arbeiten die Bedeutung des CCDC66-Proteins im Organismus gänzlich unbekannt war, haben wir in Kooperation mit Dr. Thomas Rülicke (Wien) und Prof. Dr. Saleh Ibrahim (Lübeck) ein Mausmodell mit einem Defekt im entsprechenden Gen entwickelt“, erläutert Prof. Epplen. Ziel sei zunächst gewesen, grundlegende Informationen über die Konsequenzen des CCDC66-Mangels zu erhalten, um daraus Rückschlüsse auf die physiologische Funktion des Proteins zu ziehen. „Glücklicherweise zeigten die Mäuse genau den erwarteten Defekt der schleichend fortschreitenden Seheinschränkung“, so Epplen. „Den Sehdefekt, dessen Verlauf sich bei Mensch und Hund über Jahre erstreckt, konnten wir zusammen mit Dr. Elisabeth Petrasch-Parwez (RUB) und Prof. Dr. Jan Kremers (Erlangen) in seiner gesamten Entwicklung bei der Maus in nur wenigen Monaten anatomisch und funktionell untersuchen.“ In diesem fachübergreifenden Projekt hätten die Forscher den Fortschritt der Netzhautdegeneration genau dokumentiert und näher charakterisiert. Epplen: „Interessanterweise ist das CCDC66-Protein zum Beispiel nur in bestimmten Strukturen der Stäbchen lokalisiert“.

Die aus den Studien gewonnenen Erkenntnisse der Arbeitsgruppe ließen sich nun anwenden, um die Vorgänge, die diese Erbkrankheit auslösen, besser zu verstehen. Das Mausmodell werde weiter studiert, so die Forscher: „Mit Blick auf Fehlfunktionen des Gehirns, aber naturgemäß vor allem als Voraussetzung für spätere Therapieversuche bei Retinitis pigmentosa.“

Titelaufnahme

Ccdc66 null mutation causes retinal degeneration and dysfunction. Gerding WM, Schreiber S, Schulte-Middelmann T, de Castro Marques A, Atorf J, Akkad DA, Dekomien G, Kremers J, Dermietzel R, Gal A, Rülicke T, Ibrahim S, Epplen JT, Petrasch-Parwez E. Hum. Mol. Genet. (2011) first published online June 16, 2011 doi:10.1093/hmg/ddr282

Quelle: RUB

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