Lokaler Bindehautreizzustand bei Pinquecula

Fallbeispiel aus der Praxis von Dr. Hans-Walter Roth.

Zur Anamnese

Eine 44-jährige Verkäuferin bittet einen Augenarzt um Kontrolle ihrer Kontaktlinsen. Sie stellt fest, so wörtlich, dass sich in der Bindehaut beider Augen hässliche gelbrote Flecken bildeten, die auch nach Entnahme der Linse noch mehrere Tage bestehen blieben. Die weichen Austauschlinsen werden seit etwa sechs Monaten getragen. Sie stammen aus dem Internet und wurden dort an Hand des Brillenpasses bestellt. Eine augenärztliche Voruntersuchung war bis dahin nicht erfolgt, auch ein Optiker war nicht aufgesucht worden.

Der Befund

Die Lider sind beidseits reizfrei und regelrecht. An der Bindehaut zeigen sich beidseits im Bereich der Lidspalte gelbrote Areale, die sich an Spaltlampe als klassische gelbfarbige, leicht prominente Lidspaltenflecke identifizieren lassen. Bei stärkerer Vergrößerung zeigt sich in diesem Bereich auch eine starke Erweiterung der rot schimmernden Bindehautkapillaren (s. Abb.).

Bild

Nach Einsetzen der Linse zeigt sich, dass deren Ränder den Lidspaltenflecken anliegen und diese während des Tragens mechanisch irritieren. Zugleich wird die weiche Linse hierdurch verschert, Es resultiert ein durch die Kontaktlinsen induzierter Astigmatismus von rechts 2,75 dpt beziehungsweise links von 2,25 dpt in schräger Achsenlage. Der Visus mit der Linse beträgt dadurch beidseits nur 0.5, mit der Brille hingegen wird mit – 5,5 dpt sphärisch auf beiden Augen eine Sehschärfe von 1.0 erreicht. Eine Prüfung der Tränenfunktion ergibt beidseits einen signifikanten Tränenmangel: Beide Schirmertests betragen nur 0.2 mm in fünf Minuten, die Tränenaufreißzeit liegt bei fünf Sekunden.

Die Diagnose

Chronische mechanische Irritation der Bindehaut durch Tränenmangel, erhöhter Fremdkörperreiz durch Lidspaltenflecke.

Die Differenzialdiagnose

Materialdefekte der Linse, Eiweißauflagerungen, Jelly-Bumps, andere limbusnahe Tumore.

Der Kommentar

Ein akuter oder chronischer Reizzustand der Bindehaut findet sich als häufigste Komplikation beim Kontaktlinsentragen. Zu den Ursachen zählen an erster Stelle ein Tränenmangel, des Weiteren entzündliche oder allergische Prozesse, seltenere Ursachen sind Raumforderungen im Bereich des Limbus. An solchen Stellen reiben häufig die Linsen während des Tragens, weiche Linsen verformen sich etwas vor der Hornhautoberfläche und induzieren so astigmatische Fehler. Eine augenärztliche Voruntersuchung sollte solche Hindernisse ausschließen.

Die Therapie

Nur ein Tragestopp kann hier die chronische Irritation unterlaufen. Durch die Anpassung kleinerer Linsendurchmesser und gleichzeitiger Tränensubstitution lassen sich solche Fälle oft noch befriedigend lösen. Auch die Versorgung solcher Augen mit formstabilen statt mit weichen Linsen kann diskutiert werden.

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