Hirnforscher: Blinde tasten auch mit Sehnerven

Selbst von Geburt an blinde Menschen haben aktive Sehnerven. Statt optische Informationen zu verarbeiten würden damit die Tastsinne geschärft, teilte das Max-Planck für Kognitions- und Neurowissenschaften-Institut in Leipzig mit. Die Sehnerven unterstützen demnach das schnelle Lesen der Blindenschrift.

Ein Forscherteam um den Neurophysiker Robert Trampel habe herausgefunden, dass sich auch bei geburtsblinden Menschen der so genannte Gennari- Streifen bildet. In diesem Hirnbereich werden visuelle Wahrnehmungen weiterverarbeitet. Dieses etwa 0,3 Millimeter dicke Nervenfaserband sei bei Blinden genauso stark ausgeprägt wie bei sehenden Menschen. Bisher sei nie genauer erforscht worden, warum sich der Gennari- Streifen bildet und was sein Funktion ist, erklärte Trampel. „Vermutet wurde naheliegenderweise ein Zusammenhang mit dem Sehen. Das kann jedoch, wie sich nun zeigte, nicht die einzige Funktion sein.“ Die Forscher hatten blinde und sehende Menschen mittels einer Kernspintomographie untersucht, heitßt es seitens des Max-Planck-Institutes. Bei den Blinden wies die Region um den Streifen im hintersten Teil des Großhirns eine erhöhte Aktivität auf, während sie die Brailleschrift lasen.

Weitere Studien sollen demnächst genauere Informationen über die Arbeit des vielseitigen Nervenbündels liefern. Bei blinden Menschen nutzt das Gehirn taktile und akustische Reize, um auch ohne visuelle Informationen eine ungefähre räumliche Vorstellung von der Umwelt zu erzeugen. Der Gennari-Streifen könnte dabei eine besondere Rolle spielen. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin Cerebral Cortex (Online-Ausgabe) veröffentlicht.

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