Funktion von Müllerzellen entdeckt
Neue Forschungsergebnisse an der Universität Leipzig zeigen, dass Müllerzellen das Licht an der vorderen Netzhautoberfläche sammeln und es ähnlich wie ein Glasfaserkabel an die Lichtsinneszellen der hinteren Netzhautoberfläche leiten.
Wie Säulen durchspannen Millionen von Müllerzellen die Retina von einer Seite zur anderen. Sie sammeln mit ihrer trichterartigen Ausstülpung das Licht an der vorderen Netzhautoberfläche, leiten es an den Licht streuenden Strukturen vorbei und direkt an die Lichtsinneszellen an der hinteren Netzhautoberfläche weiter. Das Team von Neurowissenschaftlern und Physikern der Universität Leipzig um Prof. Reichenbach, Leiter der Abteilung für Neurophysiologie des Paul-Flechsig-Instituts für Hirnforschung, wies die verblüffenden Eigenschaften unter anderem an isolierten Müller_zellen nach, mit Hilfe des so genannten Optical Stretchers. In dieser optischen Falle wird eine einzelne Zelle zwischen zwei sich gegenüber stehenden Infrarot-Lasern ausgerichtet und dort durch physikalische Wechselwirkungen festgehalten. Schaltet man an dem Ende der Zelle, das in der intakten Netzhaut an der vorderen Netzhautoberfläche liegt, einen dritten Laserstrahl hinzu, so leitet die Müllerzelle ihn nahezu unabgeschwächt bis zum anderen Ende weiter. „So kommt am Messpunkt etwa dreimal mehr Licht an, als wenn man das Laserlicht ohne eine zwischengeschaltete Müllerzelle losschickt“, beschreibt Prof. Reichenbach. Das kleine biologische Wunderwerk vermag die Strahlen sogar um die Ecke zu führen: Verbiegt man die Zelle, folgt auch das Licht dieser Krümmung, so der Wissenschaftler. Diese neuen Erkenntnisse gelten nicht nur für das menschliche Auge, sondern für das Auge aller Wirbeltiere und lösen nun das klassische Problem der so genannten „umgekehrten Wirbeltierretina“. Die Studie entstand in Kooperation mit Prof. Käs und Dr. Guck vom Institut für experimentelle Physik im Graduiertenkolleg InterNeuro der Universität Leipzig und wurde in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht.