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BVA: „Schielen behandeln – Ausgrenzung vermeiden“

Schielende Kinder sollten so früh wie möglich behandelt werden. Dann lassen sich neben Sehschwächen auch soziale Benachteiligungen vermeiden, wie eine Studie des Kantonsspitals St. Gallen zeigt. Priv. Doz. Dr. Dietlind Friedrich, Leiterin des Arbeitskreises „Schielen“ im Berufsverband der Augenärzte betont, dass die Schielbehandlung ein Wettlauf gegen die Zeit ist, da später irreparable Schäden auftreten können.

In der Studie bekamen Kinder zwischen 3 und 12 Jahren Fotos von vermeintlichen Zwillingspaaren vorgelegt und wurden befragt, wen sie zu ihrem Geburtstag einladen würden. Dabei waren einige Bilder digital so bearbeitet, dass die abgebildeten Kinder mehr oder weniger stark schielten. Mit zunehmendem Alter zeigte sich eine steigende Zurückhaltung gegenüber den schielenden Kindern: Bei den unter 6-Jährigen gab es ebenso viele „Einladungen“ an nicht schielende und schielende Kinder, berichtet der BVA in seiner Mitteilung. Die über 6 Jahre alten Kinder hingegen neigten dazu, nur nicht schielende Kinder einzuladen. Die St. Galler Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. Daniel Mojon ziehe aus den Ergebnissen den Schluss, dass es sinnvoll sei, schielende Kinder gegebenenfalls noch vor dem 6. Geburtstag zu operieren, selbst in Fällen, in denen dadurch ein beidäugiges Sehen nicht erreicht werden kann.

Frühe Diagnose – wirksame Behandlung

„Ursache des Schielens ist oft eine ausgeprägte seitenungleiche Fehlsichtigkeit, vielfach eine Weitsichtigkeit“, erklärt Dr. Friedrich. „Solche Sehfehler sollten möglichst früh behandelt werden, damit beide Augen ein möglichst gutes Sehvermögen erhalten.“ In einigen Fällen genügt schon eine Brille, die die Fehlsichtigkeit ausgleicht, um das Schielen zu beheben. Wenn die Brechkraft der Augen unterschiedlich ist, deckt man das „gute“ Auge für bestimmte Zeiträume ab, so lässt sich die Sehkraft des schwächeren Auges trainieren. Wenn diese Behandlung nicht genügt, um das Schielen zu beheben, lässt sich bei einer Operation das Gleichgewicht der sechs Augenmuskel wieder herstellen. „Voraussetzung für eine wirksame Behandlung ist aber, dass eine rechtzeitige Diagnose gestellt wird“, betont Dr. Friedrich.

Kassen zahlen sinnvolle Vorsorge für Kinder nicht

Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass eine augenärztliche Vorsorgeuntersuchung von Kleinkindern immer noch nicht von den Krankenkassen bezahlt wird. Der Berufsverband der Augenärzte empfiehlt, die Augen aller Kinder vor ihrem dritten Geburtstag von einem Facharzt untersuchen zu lassen. Denn nicht immer sind Sehfehler und Schielen so deutlich, dass es auffällt. Wenn die Kinder dann nicht behandelt werden, mag es zwar sein, dass sie keine Probleme mit Ausgrenzung durch andere Kinder haben. Doch weil ihr Sehfehler nicht behandelt wurde und ein Auge dem Gehirn Bilder liefert, das es nicht verarbeiten kann, droht eine Sehschwäche dieses Auges: Das Gehirn „schaltet“ das Auge ab, eine Entwicklung, die später nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Deshalb sollten Eltern schon früh mit ihren Kindern in der Augenarztpraxis vorbeischauen. Wird Handlungsbedarf erkannt, sind die Behandlungsmöglichkeiten sehr gut – für klare Sicht ein Leben lang.

Die Studie der St. Galler Arbeitsgruppe wurde veröffentlicht im British Journal of Ophthalmology: http://bjo.bmj.com/content/early/2010/07/30/bjo.2010.185793

Quelle:

Berufsverband der Augenärzte (BVA)
http://www.augeninfo.de

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