Auszeichnung für Entwicklung einer künstlichen Hornhaut

Eine Hornhautprothese aus Kunststoff entwickelt soll Patienten helfen, die aufgrund einer speziellen Erkrankung keine Spenderhornhaut tolerieren oder diese ebenfalls zerstört würde. Material und Herstellungsverfahren der künstlichen Hornhaut wurden von Dr. Joachim Storsberg vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm entwickelt, der für diese Arbeit den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2010 erhält. Ein erster Einsatz und eine weitere Design-Verfeinerung des Implantats erfolgte an der Universitäts-Augenklinik Halle (Saale).

Für viele Patienten, die nach einem Unfall oder einer Krankheit erblinden, könnte eine Hornhauttransplantation das Sehvermögen wieder herstellen. Jährlich warten in Europa 40.000 Menschen – in Deutschland etwa 7.000 – auf die Chance dank eines Hornhautspenders wieder sehen zu können. Doch Spenderhornhäute sind rar.

Die winzige künstliche Hornhaut muss besondere Anforderungen erfüllen: Das Material soll einerseits fest mit den Zellen des umliegenden Gewebes zusammenwachsen, andererseits dürfen sich in dem optischen Bereich der künstlichen Hornhaut keine Zellen absetzen, da sonst das Sehvermögen wieder stark beeinträchtigt wäre. Zudem muss sich die Außenseite des Implantats mit Tränenflüssigkeit benetzen lassen, damit sich die Vorderseite des Implantats nicht eintrübt und auch das Augenlid ohne Reibung darüber gleiten kann.

Die Lösung fand Dr. Storsberg mit einem wasserabstoßenden Polymer-Material, teilte das Fraunhofer Institut mit. Das Material wird in der Augenheilkunde schon lange verwendet, etwa für Intraokularlinsen. Damit es die geforderten unterschiedlichen Eigenschaften erfüllt, seien komplexe Entwicklungsschritte notwendig gewesen. Das Material sei umfassend polymer-chemisch modifiziert und im Anschluss erneut für die Zulassung geprüft worden.

Um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen, wird der Rand des Implantats erst mit unterschiedlichen speziellen Polymeren beschichtet. Anschließend kommt ein besonderes Protein hinzu, das bestimmte Sequenzen eines Wachstumsfaktors enthält. Die umliegenden, natürlichen Zellen erkennen diesen Wachstumsfaktor, werden angeregt, die Oberfläche des Hornhautrands zu besiedeln und vermehren sich. So verwachsen die Zellen des umliegenden Gewebes mit dem Implantat, die künstliche Hornhaut gewinnt an Stabilität.

Die Augenprothese entstand gemeinsam mit Medizinern und Herstellern im EU-Projekt „Artificial Cornea“. Drei Jahre habe das interdisziplinäre Forscher-Team gebraucht, um die künstliche Hornhaut zu entwickeln. In einem ersten Schritt schickten sie die chemisch-biomimetisch beschichteten Implantate an Dr. Karin Kobuch von der Poliklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg und am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. Die Medizinerin überprüfte die künstlichen Hornhäute in präparierten Schweineaugen und speziellen Zellkulturen. Später testete das Team um Prof. Dr. Gernot Duncker und Dr. Saadettin Sel von der Universitätsklinik für Augenheilkunde in Halle (Saale) die ausgefeilteren Modelle an Kaninchen. Dort wurde schließlich das Design immer weiter verfeinert: die Optik verkleinert, der Implantat-Rand vergrößert, um ein stabileres Konstrukt zu erhalten, erläutert das Institut den Ablauf bei der Entwicklung des Implantats.

Die Miro GmbH stellt das Implantat her, die robin GmbH übernimmt den Vertrieb und betreut die in Europa dafür geeigneten Implantationszentren, heißt es in der Mitteilung. 2009 sei bereits eine Prothese mit Erfolg eingesetzt worden, weitere Implantationen sollen im ersten Halbjahr 2010 folgen.

Weitere Informationen:
http://www.fraunhofer.de/presse/presseinformationen/2010/05/kunstoff-augenprothese.jsp

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