Auftakt der AAD in Düsseldorf
Zum heutigen Auftakt der AAD-Jahrestagung in Düsseldorf konnten die Veranstalter bereits rund 5.800 angemeldete Teilnehmer verzeichnen. Noch bis zum Samstag wird ein vielfältiges Fortbildungsprogramm zu allen wissenschaftlichen Themen des Faches sowie Aspekten zur Gesundheitsökonomie, Praxisführung und auch berufspolitischen Fragen geboten. Welches Anliegen sich bei der gemeinsamen Veranstaltung von BVA und DOG mit dem diesjährigen Hauptthema „Augenheilkunde im Spannungsfeld zwischen Studien und real life“ verbindet, erläuterte der BVA-Vorsitzende Prof. Bernd Bertram zum Tagungsbeginn.
Augenärzte behandeln ihre Patienten nach den Regeln der evidenzbasierten Medizin (EbM), führte Bertram aus, was nach der Definition von David Sackett „den gewissenhaften, ausdrücklichen und vernünftigen Gebrauch des verfügbaren besten Beleges („Evidence“) bei Entscheidungen über die individuelle Behandlung von Patienten“ bedeute. In diese Entscheidungen fließe die individuelle klinische Erfahrung des Augenarztes ebenso ein wie die besten verfügbaren Belege aus der systematischen Forschung zur jeweiligen Krankheit.
„Studien beantworten nicht alle Fragen des Alltags“
Medikamente, Operationstechniken oder Medizinprodukte, aber auch diagnostische Verfahren würden im Rahmen von klinischen Studien auf ihren Nutzen und ihre Sicherheit überprüft, um so die medizinische Behandlung zu verbessern. Solche Studien seien sehr aufwendig, denn sie erfordern hochqualifiziertes Personal und verursachen hohe Kosten. Auch könne die Rekrutierung der Studienteilnehmer daran scheitere, dass Patienten nicht das Risiko auf sich nehmen wollen, zur (schein- oder nicht behandelten) Kontrollgruppe zu gehören. Patienten mit mehreren Krankheiten würden häufig nicht in die Studien aufgenommen – sie benötigten aber gleichwohl eine kompetente Behandlung. Somit gäbe es für viele Fragen, die sich in der augenärztlichen Praxis täglich stellen, keine guten Studien mit hohem Evidenzgrad, fasste Bertram die Problematik zusammen
Stiftungsprofessur „augenärztliche Versorgungsforschung“ von BVA und DOG
Im Praxisalltag sei die klinische Erfahrung des Augenarztes neben seinem Lehrbuchwissen deshalb oft die einzige Stütze für Entscheidungen. Eine Brücke zwischen der klinischen Forschung und dem Praxisalltag bilde die Versorgungsforschung. Um sie im Bereich der Augenheilkunde zu verbessern, finanzieren der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA) und die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) eine Stiftungsprofessur „augenärztliche Versorgungsforschung“ an der Universität Mainz. Da nicht jeder Augenarzt ständig alle wissenschaftlichen Publikationen nachverfolgen könne, würden die Fachgesellschaften die vorliegende Literatur sichten und bewerten sowie alltagstaugliche Leitlinien und Empfehlungen formulieren.
Aber die Handlungsfähigkeit des Augenarztes werde durch die Gegebenheiten des Gesundheitswesens nicht selten eingeengt. Denn: Welche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden, entscheide der Gemeinsame Bundesausschuss, in dem Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen vertreten sind. Er stütze sich in seinen Entscheidungen auf Berichte des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das jedoch sehr hohe Maßstäbe anlege und nur Studien mit hohem Evidenzgrad einbeziehe. Wenn keine „Evidenz“ aufgrund dieser Studien vorliege, werde der Antrag, eine neue Leistung in den Katalog aufzunehmen, in der Regel abgelehnt – auch dann, wenn es Hinweise für den Erfolg aus einer breiten klinischen Erfahrung gibt, aber eben Belege aus hochwertigen Studien fehlen.
Der Berufsverband der Augenärzte plädiere daher dafür, dass der Gemeinsame Bundesauschuss seine Entscheidungen nicht nur auf Daten aus hochkarätigen Studien mit hohem Evidenzgrad stützen sollte. Denn diese böten für viele Fragen der täglichen Praxis keine Antworten, betonnte Bertram das „Spannungsfeld zwischen Studien und real life“ in der augenärztlichen Therapie.
Quelle:
AAD-Pressekonferenz