ARVO-Meeting 2007 in Ft. Lauderdale (Teil 1)

Internationaler Austausch im Zeichen der VEGF-Inhibitoren
Das Motto der diesjährigen ARVO (Association for Research in Vision and Optics), einer auch in diesem Jahr von mehr als 10.000 Kongressteilnehmern aus aller Welt gut besuchten Tagung in Ft. Lauderdale, lautete „The aging eye“. Eine Vielzahl von Beiträgen befasste sich mit VEGF-Inhibitoren sowie deren Einsatz bei der Behandlung der über die AMD hinausgehenden Indikationen. Ein Bericht von Dr. Sabine H. Baumert.

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Das Tagungsmotto verkörpert ein Thema, das unter dem Gesichtspunkt der demographischen Entwicklung einer zunehmend alternden Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt, zumal bei steigender Lebenserwartung die sich oftmals vorzeitig erschöpfenden Sinneszellen des Auges für den alten Menschen durchaus noch für einen längeren Lebensabschnitt zu einem die Lebensqualität spürbar mindernden Handicap werden und zu erheblichen gesellschaftlichen und sozialen Problemen wie auch persönlichen und psychischen Beeinträchtigungen führen können.

So standen über der gesamten Tagung in diesem Jahr als Leitfaden die Stichworte Angiogenese und Antiangiogenese im Vordergrund als Synonym für eine Vielzahl von Beiträgen, die – aufbauend auf den Studien der auf der letzten ARVO präsentierten Arbeiten nun mit längerfristigen Beobachtungsergebnissen – über die in den letzten Monaten sich so stürmisch durchsetzenden VEGF-Inhibitoren sowie deren Einsatz bei der Behandlung der über die AMD hinausgehenden Indikationen. Im Folgenden werden einige Beiträge exemplarisch vorgestellt:

Romero und Kollegen von der Retina Association Evitar la Ceguera/Mexico, verglichen Behandlungsergebnisse bei subfovealer choroidealer Neovaskularisation bei altersbezogener AMD mit PDT und IVTA vs. Dreifachtherapie mit PDT, intravitrealem Triamcinolon und intravitrealem Ranibizumab. In 71 Prozent der Gruppe 1 sowie in 100 Prozent der Gruppe 2 kam es zu einer signifikanten Verbesserung des Visus um drei Zahlenreihen, wobei Läsionstyp, -größe und Patientenalter nicht ausschlaggebend für den Erfolg waren. Im Mittel konnte bereits mit einer Behandlung eine deutliche Besserung erzielt werden. Kritisch bleibt anzumerken, dass in beiden Gruppen IVTA-induziert eine IOD-Steigerung in 25 bis 28 Prozent zu verzeichnen war.

Toler und Kollegen vom East Florida Eye Institute und Bascom Palmer Eye Institute Miami untersuchten den Tensionsanstieg unmittelbar nach Injektion von Lucentis, Avastin und Macugen. Der im Mittel höchste Druckanstieg war bei Macugen zu verzeichnen mit 41,6 mmHg im Vergleich zu Avastin mit 36 mmHg und Lucentis mit 37 mmHg, was bei prädisponierten Personen, insbesondere mit bekanntem Glaukom zu Schäden des Sehnerven führen kann. Eine IOD-Reduktion konnte bei den Testpersonen am schnellsten in der Lucentisgruppe festgestellt werden, so dass diese Substanz im Hinblick auf den IOD als am sichersten empfohlen wird.

Ähnliche Werte bestätigten Polya und Kollegen von der Universität Toronto, die frühe intraokulare Druckschwankungen nach intravitrealer Injektion untersuchten. Die von ihnen untersuchten Patienten zeigten eine mittlere Druckabfallzeit unter 30 mmHg nach acht Minuten. Bei denjenigen Patienten, bei denen ein IOD über 40 mmHg nach 15 Minuten persistierte, bestanden Assoziationen zu einem Glaukom, einer okulären Hypertension oder zumindest einem Glaukomverdacht. Prädisponierende Ursachen für eine längere postoperative Druckerhöhung bestanden auch bei einem höheren IOD vor der Injektion. Geringere Zusammenhänge hingegen wurden zwischen IOD und männlichem Geschlecht sowie ischämischer Herzerkrankung gesehen.

Luke und Kollegen aus der Retina Study Group der Universitäts-Augenklinik Tübingen untersuchten tierexperimentell mit dem ERG die retinale Toleranz für Bevazicumab in Kombination mit rekombinantem Gewebsplasminogenaktivator bei der Behandlung massiver subretinaler Blutungen. Es konnte gezeigt werden, eine subretinale Injektion von 20µg/ml rt-PA in Ko-Applikation mit 0,25 mg/ml Bevazicumab zu keiner signifikanten Reduktion von a- und b-Amplitude führte.

Neben der Indikation zur Behandlung der AMD wird die Effektivität von Bevazicumab zunehmend auch bei anderen retinalen Erkrankungen untersucht. Romero-Garcia und Kollegen von Retina, Apec Mexiko, untersuchten in einer Pilotstudie bei vier Patienten in einem sechsmonatigen Follow-up die Wirksamkeit von Bevazicumab bei Morbus Coats auf Sehschärfe, OCT-
Befund und Fluoreszenzangiographie. Es konnten günstige Einflüsse festgestellt werden, die jedoch jeweils nur drei Monate anhielten. Bevacizumab wird bei Morbus Coats als unterstützende Behandlungsoption gewertet, jedoch sollten weitere Studien in Kombination mit Laser- und Kryokoagulationsbehandlung durchgeführt werden.

Rosna und Mitarbeiter beobachteten die Effektivität von intravitrealem Bevacizumab bei choroidealer Neovaskularisation und Angioid Streaks. 50 Prozent der behandelten Augen zeigten bereits einen Monat nach Behandlungsbeginn eine Abnahme der Hyperfluoreszenz sowie eine Abnahme der retinalen Dicke im OCT. Nur 30 Prozent aller Augen benötigten sechs Monate nach der Erstinjektion eine zweite Behandlung, so dass Bevazicumab auch bei dieser Indikation als günstige Option angesehen wird.

Auch die chronisch-rezidivierende Retinopathia centralis serosa lässt sich laut Haffner und Kollegen, New England Retina Associate/Hamden sowie Yale Universität/New Haven positiv beeinflussen. Sie behandelten vier Augen von drei Patienten mit chronischer RCS und persistierender, nach Laserbehandlung und photodynamischer Therapie refraktärer subretinaler Flüssigkeit. In einem Follow-up post injektionem verbesserte sich der Visus zwar nur bei einem Patienten, jedoch resorbierte sich die subretinale Flüssigkeit angiographisch bei drei von vier Patienten vollständig zumindest ohne weitere Veränderungen des Visus. Bei der RCS kann Bevacizumab eine therapeutische Option darstellen, die Effektivität sinkt jedoch mit der Dauer der Erkrankung und der damit verbundenen Narbenentwicklung.

Bevazicumab als Vorbehandlung vor einer Vitrektomie bei diabetischer Glaskörperblutung und traktiver Glaskörperabhebung wurde von Lo und Mitarbeitern vom Emory Eye Center, Atlanta, in einer retrospektiven Studie untersucht. Sie verglichen sechs Patienten mit Bevacizumab-Vorbehandlung (1,25 mg) vor PPV mit elf Patienten ohne jede Vorbehandlung vor der Vitrektomie. Die Inzidenz einer vitrealen Nachblutung betrug jedoch in der Avastin-Gruppe 40 Prozent gegenüber 30 Prozent in der unbehandelten Kontrollgruppe, so dass Avastin zur Verhütung von Nachblutungen nach PPV keine signifikanten Vorteile aufweist.

Su und Kollegen vom Valley Retina Institute/Texas, untersuchten die Effektivität von Macugen in der Behandlung des therapierefraktären klinisch signifikanten Makulaödems bei diabetischer Retinopathie. Zehn Patienten erhielten jeweils 0,3 mg Macugen intravitreal injiziert. In einem Follow-up über sechs Monate wurden Visus, Spaltlampenbefund, biomikroskopische Morphologie, Fluoreszenzangiographie und OCT- Befund kontrolliert. Bei Patienten mit proliferativer diabetischer Retinopathie kam es in 90 Prozent der Fälle zu einer vollständigen Regression der Neovaskularisationen und gleichzeitig damit einhergehend zu einer Abnahme der fovealen Dicke und einem Anstieg des Visus. Komplikationen wurden in keinem Fall beobachtet. Davon ausgehend wird von den Autoren als positiv gewertet, dass sich mit dieser Methode die Anzahl der zentralen Laserkoagulationen bei gleichzeitig hoher Sicherheit reduzieren ließe.

Die Vorteile einer Avastin-Therapie gegenüber einer konventionellen Lasertherapie in der Behandlung idiopathischer peripapillärer chorioidealer Neovaskularisationen untersuchten Bradbury und Kollegen, Retina Consultants , Worcester/Massachusetts. Sie erfassten in ihrer Studie acht Augen von sieben Patienten. Fünf Augen wurden mit der konventionellen Lasertherapie behandelt, drei Patienten erhielten eine Avastin-Serie jeweils im Abstand von zwei Monaten. Zwei dieser drei Patienten hatten zuvor bereits eine fehlgeschlagene Behandlung mit entweder einer Laserkoagulation oder Macugen hinter sich. Die Läsionen waren sämtlich im papillomakulären Bündel lokalisiert mit einem Abstand zur Fovea zwischen 500 µm und 1500 µm mit einer Läsionsgröße zwischen 0,75 und 3 Papillenflächen. Eine Abnahme der Läsionsgröße konnte per Fluoreszenzangiografie in allen Fällen nachgewiesen werden. Damit steht für die Autoren die Gleichwertigkeit beider Methoden außer Frage, jedoch kann Avastin sich in denjenigen Fällen als hilfreich und effektiv erweisen, in denen eine Laserkoagulation versagt, insbesondere bei sehr großen oder wiederkehrenden Läsionen.

Auch in der Behandlung zentralvenöser Gefäßverschlüsse findet inzwischen Bevacizumab eine Rolle. Die Arbeitsgruppe von Latham, Dalhousie University, Halifax/Kanada, behandelte sechs Patienten mit einem Zentralvenenverschluss mit je drei Avastin- Injektionen (1,25 mg) über einen Zeitraum von sechs Wochen. Keiner dieser Patienten hatte sich zuvor einer Laser- oder Triamcinolontherapie unterzogen. Untersucht wurden in einem Follow-up Visus, morphologischer Befund, Fluoreszenzangiographie und die retinale Dicke im OCT. Bei allen Patienten konnte eine deutliche Visusverbesserung sowie eine Abnahme der zentralen Foveadicke festgestellt werden. Angiographisch zeigten sich eine signifikante Abnahme der Blutungen sowie der Leckageaktivität. Diese Ergebnisse konnten durch Studienergebnisse anderer Arbeitsgruppen wie denen von Beutel und Kollegen, Universität Tübingen oder von Gaitan und Kollegen, Bascom Palmer Eye Institute/Miami bestätigt werden.

Auch außerhalb retinologischer Fragestellungen findet Bevacizumab inzwischen seinen Einsatz. So berichten Kapetansky und Kollegen, Ohio State University/Columbus über subkonjunktivale Injektionen bei versagenden Filterkissen im Rahmen der Glaukomchirurgie. Fibroblastenproliferationen der Tenonkapsel und eine verstärkte konjunktivale Neovaskularisation stellen die Hauptbedrohungen eines frischen Filterkissens dar. Bisher existieren noch kaum Untersuchungen oder Publikationen über den Einsatz antiangogenetischer Substanzen zur Eindämmung unerwünschter Neovaskularisationen in der Glaukomchirurgie. Kapetansky et al. behandelten 39 Patienten mit filtrierender Operation unter Einsatz von 5-FU oder MMC mit einer subkonjunktivalen Avastin-Injektion (1,0 mg) beim ersten Auftreten unerwünschter Neovaskularisationen im Bereich der Bindehaut. Bei exzessiver Filterkissenvaskularisation wurde die Injektion wiederholt. 23 Augen benötigten nur eine Injektion, neun Augen erhielten zwei Injektionen und sieben Augen erhielten drei Injektionen. Es erfolgten monatliche Nachkontrollen des IOD, der Filterkissenvaskularisation und Vernarbung. Post injectionem fiel bei allen Patienten im Mittel der IOD von 17,8 mmHg auf 14,0 mmHg. Bei 24/39 Patienten ließ sich signifikant eine Abnahme der Filterkissenvaskularisation nachweisen. Komplikationen wurden nicht beobachtet.

In einer retrospektiven Studie analysierten Gordon und Mitarbeiter die postoperative Komplikationsrate nach intravitrealer Avastin-Injektion. Sie kontrollierten 1.910 Patienten nach erfolgter Injektion. 0,2 Prozent aller Patienten mit vorbestehender proliferativer diabetischer Retinopathie entwickelten eine traktive Ablatio retinae. 0,15 Prozent entwickelten eine Endophthalmitis, 0,05 Prozent eine rhegmatogene Ablatio retinae und in 0,05 Prozent resultierte eine Glaskörperblutung. Insgesamt lag die statistische Komplikationsrate nach intravitrealer Avastin-Injektion bei 0,47 Prozent.

Günstig wirkt sich jedoch intravitreales Bevacizumab (1,25 mg) laut Bonavia und Mitarbeitern von der Universität Mailand im Hinblick auf Ausmaß und Geschwindigkeit der Regression von retinalen Neovaskularisationen bei proliferativer diabetischer Retinopathie aus. Es wurden retrospektiv sechs Patienten ausgewertet, die alle einen Monat post injectionem eine komplette neovaskuläre Regression zeigten. Neue Gefäße kehrten jedoch bei 50 Prozent der Patienten bereits drei Monate nach der Injektion wieder zurück, so dass Bevacizumab zwar eine schnelle Regression der neovaskulären Gefäße bewirken kann, dieser Effekt allerdings nicht unbedingt von langer Dauer sein muss.

Die Arbeitsgruppe von Siddiqi und Kollegen untersuchte das Blutungsrisiko intravitrealer Injektionen unter bestehender Antikoagulationstherapie mit Warfarin. Alle untersuchten 31 Patienten erhielten in Mittel drei und insgesamt 102 Macugen-Injektionen zur Behandlung einer subretinalen Neovaskularisation. In keinem Fall wurden intraoperative oder unmittelbar postoperative Blutungskomplikationen beobachtet. Lediglich ein einziger Patient zeigte 35 Tage post injectionem eine akute subretinale Hämorrhagie, so dass ein direkter kausaler Zusammenhang nicht zwingend gegeben ist. Die Studie schlussfolgert, dass für intravitreale Injektionen Warfarin-Produkte präoperativ nicht abgesetzt werden müssen.

Jorge und Kollegen von der Universität Sao Paulo, Brasilien verglichen verschiedene Anästhesietechniken (topisch, subkonjunktival, peribulbär) für intravitreale Injektionen mit Bevazicumab. Die Untersuchungen ergaben, dass die Peribulbäranästhesie zwar im Moment der Injektion den Schmerz am stärksten lindert, die Patienten die Peribulbärinjektion selbst in einem Schmerz-Score aber als wesentlich unangenehmer bewerteten als diejenigen Patienten, die eine topische oder subkonjunktivale Injektion erhielten. Die subkonjunktivale Injektion führte hingegen oft zu einem unerwünschten Hyposphagma.

Teil 2 des Kongressberichtes in der nächsten Ausgabe.

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