Vom guten Augenarzt zum erfolgreichen Unternehmer

10 Regeln für den Weg zum Gesundheitsmanager
Im zunehmenden Wettbewerb spielen Werbung und Marketing auch für Arztpraxen eine immer größere Rolle. Noch vor wenigen Jahren galt Werbung als generell unärztlich und unethisch. Inzwischen wird die Arztpraxis immer mehr als Unternehmen in einem wachsenden Markt gesehen. Prof. Dr. rer. pol. Gerhard F. Riegl, Wegbereiter des ärztlichen Marketings in Deutschland, zeigt auf, wie aus einer augenärztlichen Praxis ein patientenfreundliches Profitcenter werden kann.

Unternehmerische Ärzte stehen im Gesundheitssektor vor einem der größten aller Wachstumsmärkte. Bislang haben noch scheinbar geldlose Transaktionen via Selbstverwaltungen (mit Punktewährung) und die permanente Finanznot von Krankenkassen sowie planwirtschaftliche überbürokratische Versorgungsstrukturen verdiente Erfolge von Medizinern systematisch behindert. Der größte unternehmerische Fehler von Ärzten wäre, sich nun zu merkantilen Anbietern oder Verkäufern degradieren zu lassen und ihre Klientel lediglich als Kunden zu behandeln. Profane Kundenorientierung ist für geniales menschliches Sozio-Marketing von Ärzten mehr Rückschritt als Fortschritt. Patienten müssen besser behandelt werden als Kunden. Aber nur ein wirtschaftlich souveräner und erfolgreicher Arzt kann auf Dauer ethisch verantwortlich entscheiden und behandeln.

Aus der Forschungsarbeit des Instituts für Management im Gesundheitsdienst sind zehn goldene Regeln entstanden, um aus guten Praxen unter den geänderten Rahmenbedingungen zukunftstaugliche patientenzentrierte Profitcenters zum machen.

Regel 1: Der „Besitz“ von Patienten ist noch wichtiger als der Besitz einer Praxis
Während der Substanzwert von Facharztpraxen in 14 Jahren nur um 6,7 Prozent gestiegen ist, hat der immaterielle Wert (zum beispiel der Wert des Patientenstamms) um 79 Prozent zugenommen. Loyale, zufriedene, compliante und selbst bestimmte Patienten sind das perfekte Zukunftskapital für Augenärzte, auch als erfolgreiche Unternehmer.

Regel 2: Jede Praxis braucht eine kluge Zielgruppen orientierte Außenorientierung
Erfolgreiche Augenärzte müssen nicht nur exzellente Fachexperten, sondern vor allem ganzheitliche Patientenversteher und diplomatische Networker sein. Effektive Augenärzte brauchen unter den heutigen Abrechungsbedingungen ein fachbezogenes Casemix bei den Patienten. Treffsichere arztgerechte Außendarstellung mit intelligenter Werbung beim Mikro-Marketing ist unverzichtbar. Privatpatienten, budgetfreie Fälle und Nachfrager kassenfreier Leistungen (IGeL) sind Voraussetzungen zur solidarischen Quersubventionierung unterfinanzierter, aber ethisch verantwortungsvoller Patientenversorgung Multimorbider, Schwerkranker in der Praxis.

Regel 3: Mehr Profit im Arztberuf durch sozialkompetentes „Non-Profit-Image“
Der größte Luxus für Menschen von heute, quasi der Luxus über allen Diensten und Produkten, ist vertrauenswürdige Menschlichkeit. Diese einzigartige soziale Kernkompetenz mit neuer Ehrlichkeit und Authentizität gibt es nicht im Call Center, nicht im Internet oder beim Discounter, nicht bei Praxisketten, aber in einer exzellenten Praxis beim Face-to-face Kontakt mit der Vertrauensperson und dem „Patientenanwalt“ Arzt. High Touch muss gerade bei apparativ hochgerüsteten Augenärzten als das wichtigste „Arztprodukt“ bewusst gemacht werden.

Regel 4: Von der Kompetenz des Patienten Behandelns zur Kompetenz des Patienten Gewinnens
Fachlicher und wirtschaftlicher Erfolg des Augenarztes beginnen, entgegen der Vermutung, nicht mit dem Untersuchen von Augen und dem Behandeln von Krankheiten, sondern mit dem cleveren Gewinnen von idealen Patienten, wobei so wenig wie möglich dem Zufall überlassen werden darf. Strategische Patientengewinnung ist die Basis für sozialverantwortungsfähige Augenärzte.

Regel 5: Praxen als „Centers of Excellence“
Um seinen beruflichen Qualitätsprinzipien und Wertschöpfungszielen unter Zeitknappheit treu bleiben zu können, braucht der erfolgreiche Ophthalmologe extrem belastbare Beziehungen beim Patientenumgang. Diese vertrauensbildenden Attraktivitäten müssen noch vor dem Beginn der eigentlichen ärztlichen Kernaufgaben mit exzellenter patientenfaszinierender Praxis-Organisation und mit Service generiert werden. Der Augenarzt ist in der exzellenten Praxis der krönende Höhepunkt, aber nicht der Wiedergutmacher für patientenbeschwerliche oder chaotische Organisations-Abläufe.

Regel 6: Bekenntnis und Mut zum Verzicht auf augenärztliche Omnipotenz
Ein Augenarzt, der versucht, es allen recht zu machen, verliert seine Authentizität. Ein klares ophtalmologisches Profil erfordert von Anfang eine Patientenführungs-Aufgabe einschließlich Mut, bei überanspruchsvollen Patienten auch die Vertrauensfrage zu stellen. Manchmal ist der Verzicht auf Patienten noch wertvoller als die Vermehrung von Patienten.

Regel 7: Verblüffung von Patienten statt Zufriedenheit
Die erfolgreichsten Augenärzte übertreffen Erwartungen und verblüffen Patienten. Das Schöne daran: Mit kleinen unerwarteten Dingen kann man Menschen sehr oft viel mehr Freude machen als mit großen teuren und als selbstverständlich angesehenen Leistungen. Mehrwert-Augenärzte leben von systematischem Empfehlungsmarketing auf der Basis positiver praxisgestützter Mundpropaganda über Außergewöhnliches.

Regel 8: Strategischer Erfolgsfaktor Praxis-Personal
Die größte und am stärksten risikobehaftete unternehmerische Investition für jeden Augenarzt ist sein Personal. Die Marketingfähigkeit hoch motivierter, fähiger Angestellter ist besonders in der stark delegations-abhängigen augenärztlichen Praxis erfolgsentscheidend. Ohne Vision des Chefs verdirbt jedes Praxis-Team. Geldanreize oder zum „Jagen tragen“ funktionieren nicht auf Dauer, um Mitarbeiterinnen zu patientenzugewandten Zeremonienmeistern zu machen.

Regel 9: Markenorientierte Qualitäts-Augenheilkunde und Augenarzt als „Markenartikel in Weiß“
Erfolgreiche Augenärzte sind sowohl für unter- wie auch für überinformierte Patienten vertrauenswürdige Lotsen. Sie bieten Hilfe zur anspruchsvollen Komplex-Reduktion bei den heute fast unüberschaubaren innovativen Möglichkeiten in der Augenheilkunde. Jede Praxis muss eine ur-eigene Medizin-Marke mit Qualitäts-Management und einzigartigem Gesundheits-Markenversprechen werden. Der Arzt ist nicht mehr Halbgott, aber er ist im Idealfall eine „Premiummarke in Weiß“. Qualitäts-Management in der Medizin muss völlig anders sein als in der Industrie oder im Handwerk, denn es gibt keine ISO-Krankheiten oder DIN-genormte Augen-Patienten.

Regel 10: Augenärztliche Kooperationsformen dürfen sich nicht für unbesiegbar erfolgreich halten
Betriebswirtschaftliche Kosten- oder Honorarvorteile reichen nicht als nachhaltige unternehmerische Geschäftsidee für die vielfach propagierten Gemeinschaftspraxen, Praxisgemeinschaften, Medizinische Versorgungszentren oder künftigen Praxisketten mit angestellten Kollegen. Patientenforschungen konnten bisher keine generelle wahrnehmbare und bei den Patienten durchschlagende Wettbewerbsüberlegenheit von Kooperationen gegenüber Einzelpraxen aus Sicht der zunehmend eigenverantwortlichen Bürger belegen. Der sozialkompetente menschliche Mehrwert von Kooperationen sollte auch bei den Patienten ankommen.

Studie der Stiftung Gesundheit
Die Stiftung Gesundheit hat eine aktuelle Studie, durchgeführt von der Gesellschaft für Gesundheitsmarktanalyse, zum Thema „Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit“ veröffentlicht. Demnach verwenden niedergelassene Ärzte 18 Prozent der Arbeitszeit für administrative Arbeitsabläufe. Zum Ertrag in der Praxis tragen durchschnittlich 20 Prozent die Privatpatienten bei – obwohl sie nur rund 10 Prozent der Patienten ausmachen. Fünf Prozent kommen aus Selbstzahlerleistungen.
Mehr als ein Drittel der Ärzte sehen sich stark beziehungsweise sehr stark im Wettbewerb mit anderen Kollegen. Wettbewerb findet vor allem im Verhalten gegenüber den Patienten, Öffnungszeiten (Service), Selbstzahlerangebot und Werbung statt. 80 Prozent der Ärzte haben sich bereits den Wünschen ihrer Patienten angepasst. 75 Prozent meinen, dass dies vermehrt durch Wettbewerb notwendig ist.
Über zwei Drittel der befragten Ärzte schätzen Werbemaßnahmen als wichtiges Element der Praxisführung. Bereits mehr als 15 Prozent der Praxen haben ein eigenes Marketingbudget definiert. Im Vorjahr gaben nur acht Prozent an, ein Budget festgelegt zu haben. Es besteht eine Korrelation zwischen Praxisumsatz und Höhe des Marketingbudgets: Praxen mit höherem Werbebudget erzielen höhere Erträge.
http://www.stiftung-gesundheit.de

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