Therapiefreiheit bei der Auswahl des VEGF-Hemmers endgültig bestätigt

Auch die Firma Novartis erkenne nun die Therapiefreiheit der Augenärzte bei der Behandlung der feuchten AMD mit VEGF-Hemmer an, teilte RA Reinhold Preißler im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Ophthalmochirurgen (BDOC) mit. Dies sei eines der wichtigsten Ergebnisse des Rechtsstreits vor dem LSG Düsseldorf, in dem die Firma Novartis als Hersteller von Lucentis den BDOC, die VOA und verschiedene Krankenkassen verklagt hatte.

Gegenstand des Verfahrens war die Therapiefreiheit von Augenärzten bei der Auswahl des VEGF-Hemmers bei der intravitrealen operativen Medikamenteneingabe (IVOM). Die klagende Firma Novartis habe in dem Verfahren den Standpunkt vertreten, Augenärzte dürften zur Behandlung der AMD ausschließlich das für diese Indikation zugelassene Medikament Lucentis einsetzen. Sie habe erreichen wollen, dass den Ärzten und Krankenkassen untersagt wird, Verträge abzuschließen, mit denen die Behandlung mit Avastin im Off-label-use von Krankenkassen bezahlt wird, heißt es weiter. In dem Verfahren sei es auch um die wirtschaftlich relevante Frage gegangen, ob die Krankenkassen ein pauschales Honorar einschließlich Medikamentenkosten bezahlen dürften oder ob die Medikamentenkosten und die Kosten der ärztlichen Behandlung getrennt ausgewiesen werden müssten. Novartis habe in der Vereinbarung einer Fallpauschale einen wirtschaftlichen Anreiz für Ärzte gesehen, Avastin einzusetzen.

Das Sozialgericht hatte in I. Instanz die Klage von Novartis abgewiesen und die mit der Vereinbarung einer Pauschale angestrebte Anreizwirkung für die Verwendung von Avastin als zulässiges Steuerungsinstrument angesehen. Der immense Preisunterschied zwischen Lucentis und Avastin rechtfertigte nach Auffassung des Sozialgerichts derartige Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaftlichkeit der gesetzlichen Krankenversicherung.

In der Berufungsinstanz habe die Firma Novartis nun ihre Klage zurückgenommen, so dass die angesprochenen Rechtsfragen jetzt leider nicht mehr obergerichtlich entschieden werden könnten. Aus juristischer Sicht sei dies bedauernswert, bewertet Preißler den Verlauf. Für die prozessbeteiligten Ärzte und Krankenkassen und die Firma Novartis bestehe dafür Rechtssicherheit im Umgang mit der Medikamentenauswahl bei der Behandlung der AMD. Ärzte dürften danach frei zwischen Lucentis, Avastin und Macugen wählen. Novartis habe die Therapiefreiheit der Ärzte ausdrücklich anerkannt, so dass ein Arzt, der sich für Avastin oder ausgeeinzeltes Ranibizumab entscheidet, nicht mehr damit rechnen müsse, von Novartis verklagt zu werden.

Motiv der Klagerücknahme für Novartis sei wohl die Aussicht auf Abschluss von Rabattverträgen mit den Krankenkassen über Lucentis gewesen, mutmaßt Preißler. Ein entsprechender Vergleich der Prozessparteien habe dann zur Klagerücknahme geführt. Bemerkenswert dabei sei, dass der Arzneimittelhersteller selbst offensichtlich ein erhebliches Interesse an der Gewährung von Rabatten hatte. „Wenn dies so ist, darf die Frage erlaubt sein, ob Rabattverträge dann auch ein gutes Geschäft für Krankenkassen sind. Offensichtlich verspricht sich Novartis durch den Abschluss von Rabattverträgen einen besseren Marktzugang und damit einen höheren Umsatz. Ob diese Strategie aufgeht, entscheiden aber immer noch die Ärzte, die die Entscheidung über das Arzneimittel treffen. Es bleibt deshalb abzuwarten, wie sich die Augenärzte entscheiden: Der Rabattvertrag hat weder an der medizinischen Einschätzung noch am nach wie vor großen Preisunterschied der Arzneimittel etwas geändert“, so Preißler

Allerdings sei es jetzt im Rahmen des Vertrages einfacher, Lucentis bei den Kassen einzusetzen, mit denen Rabattverträge bestehen, da Kostenerstattung und Aufklärung weniger aufwändig seien. Lucentis könne aber nach wie vor nicht auf Muster 16 verordnet werden, da es an der EBM-Ziffer für die IVOM-Therapie fehle. So müssten nach wie vor alle Medikamente von den Ärzten im Rahmen des Vertrages vorfinanziert werden.

Preißler: „Es wird spannend sein zu beobachten, ob Ärzte den bequemen Weg gehen oder an ihren bisherigen Auffassungen festhalten. Nach wie vor gilt: Mittel der GKV, die in die Arzneimittelversorgung fließen, stehen für die ärztliche Honorierung nicht zur Verfügung.“

Quelle: BDOC

 

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