Retina-Langzeitkulturen als Tierersatzversuch
Über 250.000 Tiere werden jedes Jahr weltweit für die Forschung in der Augenheilkunde benötigt. Mit der Weiterentwicklung einer neuen Ersatzmethode wollen Dr. Kai Januschowski und Dr. Sven Schnichels aus der Arbeitsgruppe um Prof. Martin Spitzer an der Tübinger Universitäts-Augenklinik diese Zahl drastisch reduzieren. Dazu wollen sie ex-vivo Langzeitretinakulturen am Rindermodell und am Schweinemodell anlegen. „Tierersatzversuche sind im Sinne des Tierschutzes generell sehr wichtig, aber für uns als Ophthalmologen besonders interessant, weil es häufig wichtig ist, das Auge gesondert zu betrachten“ erklärt Prof. Spitzer, Leiter der Forschungsgruppe an der Tübinger Augenklinik. „Wir glauben, dass ein Tierersatzversuch bei gewissen ophthalmologischen Fragestellungen sogar wissenschaftlich bessere und genauere Antworten hervorbringen kann als ein herkömmlicher Tierversuch“ fügt Dr. Januschowski an. Das Bundesinstitut für Risikobewertung fördert das Projekt mit 145.000 Euro.
Für die Versuche mit Rinderaugen ist es den Forschern bereits gelungen, Netzhäute von Schlachttieren funktionell zu konservieren, dadurch wird das Versuchstier komplett ersetzt. Maßnahmen zur Reduzierung der Versuchstierzahlen und der Belastungen für Versuchstiere werden nach dem so genannten 3R-Prinzip Replacement (Vermeidung), Refinement (Verfeinerung), Reduction (Verringerung) bezeichnet. Mit den Fördermitteln wollen die Wissenschaftler in den nächsten zwei Jahren elektrophysiologische Ableitungen (ERG) an der Organkultur über einen möglichst langen Zeitraum verfolgen. Damit sollen bereits etablierte Methoden weiterentwickelt und mit immunhistochemischen, molekular¬biologischen und proteinbiochemischen Untersuchungen korreliert werden. Ziel ist es, relevante Informationen über den Zustand der Netzhaut zu gewinnen und die Auswirkung von verschiedenen Stressoren oder Substanzen auf funktioneller und zellulärer Ebene zu analysieren. Neben der Etablierung der Langzeitkulturen soll durch Glutamat- und Hypoxiestress ein definiertes Schädigungsmodel entwickelt werden, das dann in der pharmakologischen und präklinischen Forschung zur Therapieentwicklung gegen verschiedene Krankheitsbilder, wie z.B. retinale Gefäßverschlüsse oder diabetische Netzhauterkrankung, verwendet werden kann.
Mehr Informationen über Ersatzmethoden zum Tierversuch der Augenklinik unter http://www.medizin.uni-tuebingen.de/Forschung/-p-65238.
Quelle:
Universitätsklinikum Tübingen