Molekulargenetische Diagnostik ­erblicher Retinopathien

Neues Analyseverfahren zur DNA-Sequenzierung (NGS)
Bei Patienten mit einer erblich bedingten Netzhauterkrankung ist der jeweilige Gendefekt heute in den meisten Fällen feststellbar. Die genetische Diagnose erlaubt eine präzise Einschätzung des Erkrankungsrisikos von Verwandten. Zudem besteht die Hoffnung, dass diese Informationen in naher Zukunft auch therapeutische Optionen eröffnen. Modernste Analysetechniken wie das Next-Generation Sequencing (NGS) erfassen alle Gene, die mit der entsprechenden Symptomatik in Verbindung gebracht werden. Der Humangenetiker Prof. Hanno J. Bolz (Ingelheim) erläutert das NGS-Verfahren in der Diagnostik genetisch heterogener Augenerkrankungen.

Zahlreiche Augenerkrankungen (zum Beispiel Katarakt, Glaukom, Strabismus, Mikrophthalmie) sind genetisch sehr heterogen, das heißt sie können durch Mutationen in vielen verschiedenen Genen verursacht werden. Am ausgeprägtesten ist dies bei den erblichen Retinopathien: Mehr als 200 Gene sind für die nicht-syndromalen Formen (zum Beispiel Lebersche congenitale Amaurose, LCA; Retinitis pigmentosa, RP; Zapfen-Stäbchen-Dystrophie, ZSD; congenitale stationäre Nachtblindheit, CSNB) und für genetische Syndrome, bei denen zusätzlich Dysfunktionen oder Fehlbildungen anderer Organsysteme vorliegen, bekannt.

Die gezielte Auswahl einzelner Gene für die Analyse mit der bisher üblichen DNA-Sequenzierung nach der Sanger-Methode war bislang schwierig: Das Krankheitsbild lässt selten einen Rückschluss auf das betroffene Gen zu, und die Häufigkeiten von Mutationen der einzelnen Gene etwa bei der LCA waren nur unzureichend bekannt. Da die kodierenden Genabschnitte (Exons), in denen die ursächlichen Mutationen in der Regel liegen, für die konventionelle Analyse sehr aufwändig einzeln amplifiziert und sequenziert werden müssen, waren umfassende molekulargenetisch-diagnostische Abklärungen in den meisten Fällen nicht möglich.

Mehr dazu im AUGENSPIEGEL November 2015.

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