„Molekularer Lichtschalter“ verspricht Hilfe für blinde Menschen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Göttinger Exzellenzclusters Multiscale Bioimaging (MBExC) und des Else Kröner Fresenius Zentrums für Optogenetische Therapien (EKFZ OT) haben die Entwicklung und Anwendung eines neuen lichtempfindlichen Proteins beschrieben. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Biomedical Engineering veröffentlicht. Das von Dr. Thomas Mager, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Auditorische Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), und Kollegen entwickelte neue Kanalrhodopsin trägt den Namen ChReef. „Durch die gezielte Veränderung des Bauplans dieses lichtaktivierbaren Proteins und den Einsatz von zum Teil roboterbasierten Analysemethoden, ist es uns gelungen, die Effizienz der optogenetischen Anregung deutlich zu steigern“, erklärt Dr. Mager. „Damit kommen wir einen ganzen Schritt weiter Richtung Anwendbarkeit beim Menschen, um den Seh- und Hörsinn wieder herzustellen und den Herzschlag zu regulieren“, so Prof. Dr. Tobias Moser, Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften der UMG sowie MBExC- und EKFZ OT-Sprecher.
Die Optogenetik ist eine bahnbrechende Technologie, die lichtempfindliche Proteine, sogenannte Kanalrhodopsine, nutzt, um die Aktivität von Nerven- und Muskelzellen gezielt zu steuern. Die Baupläne für diese „molekularen Lichtschalter“ werden mittels spezieller Viren in die entsprechenden Zellen eingeschleust. Durch gezielt gesetzte Lichtpulse kann dann die Zellaktivität präzise an- und abgeschaltet werden. Das Feld der Optogenetik hat weltweit neue Möglichkeiten in der Grundlagenforschung, aber auch für die Behandlung von Erkrankungen eröffnet. In einer umfassenden Studie haben die Wissenschaftler von MBExC und EKFZ OT die Effizienz des neuen Kanalrhodopsins geprüft und Belege für das große Potenzial von ChReef für die Biowissenschaften und die klinische Anwendung erbracht.
In einer weiteren Studie, unter Leitung von MBExC-Mitglied und stellvertretender EKFZ OT-Sprecherin Prof. Dr. Emilie Macé, Professorin für „Dynamik erregbarer Zellnetzwerke“ in der Klinik für Augenheilkunde der UMG, wurde das neue Werkzeug blinden Mäusen in Form einer Gentherapie in die Augen eingeschleust. Ein anschließender Verhaltenstest zeigte, dass die Mäuse in der Lage waren, Helligkeitsunterschiede auf einem iPad-Bildschirm zu erkennen. Diese Art der Sehwiederherstellung wurde bereits im Rahmen anderer Studien am Menschen überprüft, allerdings waren mit den bisher verwendeten Kanalrhodopsinen sehr starke Lichtquellen notwendig.
Quelle: Universitätsmedizin Göttingen