Kongress DOC 2007

Interview mit DOC-Präsident Dr. Armin Scharrer
Vom 17. bis 20. Mai 2007 findet im Nürnberger Messezentrum der 20. Internationale Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgen (DOC) statt. DER AUGENSPIEGEL sprach mit DOC-Präsident Dr. Armin Scharrer über vergangene Schlüsselerlebnisse, aktuelle Themen und zukünftige Herausforderungen.

Bild DER AUGENSPIEGEL:
Die diesjährige DOC feiert ihr 20. Jubiläum. Herzlichen Glückwunsch! Wenn Sie zurückschauen, was waren für Sie die Schlüsselereignisse im Verlauf dieser beiden Jahrzehnte?

Dr. Armin Scharrer:
Begonnen hat alles bei einem Abendessen mit Thomas Neuhann im Jahre 1987. Wir stellten damals fest, dass es schön wäre, wenn wir in Deutschland auch einen Kongress für Augenchirurgie hätten, ähnlich wie in den USA und in Kanada. Thomas Neuhann hat die ersten beiden Kongresse in München mit meiner Assistenz ausgerichtet. Wir trafen uns im Künstlerhaus, also in einem kleinen überschaubaren Rahmen ohne Industrieausstellung. Da zeichnete sich aber bereits ab, dass Thomas Neuhann den enormen Organisationsaufwand neben der großen Beanspruchung in der eigenen Klinik nicht auf Dauer übernehmen wollte. Er übergab die Austragung des Kongresses an mich. Ich akzeptierte, allerdings mit der Bedingung, dass der Austragungsort nicht München, sondern bei mir zu Hause, also Nürnberg, sei. Am Anfang war es in der Tat etwas schwierig. Es hieß, da kommen zwei Niedergelassene daher und wollen für die Augenchirurgie sprechen. Das ginge doch wohl nicht – zumal die beiden auch mit einer gewissen Reputation ausgestattet seien. Diese Reaktion war für uns erst mal schmerzlich. Aber schließlich haben sich die Ordinarien damit abgefunden und einer der ersten, der uns aktiv unterstützt hat, war Otto Erich Lund aus München. Er ist heute Ehrenpräsident der DOC.

DER AUGENSPIEGEL:
Also kein einfacher Start für die DOC. Aber der Umzug war eines der Schlüsselereignisse?

Dr. Armin Scharrer:
Das erste Schlüsselerlebnis war sicher der Umzug von einem beschaulichen Belegarzttreffen in München – denn ambulante Operateure gab es damals noch nicht – in einen immer größer werdenden Kongress in Nürnberg. Wir zogen also zunächst vom Künstlerhaus in München in die Meistersingerhalle von Nürnberg. Als die Meistersingerhalle aus allen Nähten platzte, war dass das zweite große Schlüsselerlebnis: Wir waren gezwungen, in einen größeren Rahmen zu wechseln. Schließlich sind wir vor vier Jahren in die Messe von Nürnberg umgezogen und haben dort im Rahmen des CCN ein sozusagen maßgeschneidertes Heim gefunden, denn die Messe fragte mich und unseren Kongressorganisator MCN nach unseren Ausstattungswünschen. Man stelle sich das einmal vor! Ja, die Schlüsselerlebnisse waren das kontinuierliche Wachstum und die Umzüge, die dadurch zwingend erforderlich waren.

DER AUGENSPIEGEL:
Angesichts der großen Fortschritte auf dem Gebiet der Ophthalmochirurgie muss man sich die Frage stellen: Welche Herausforderungen gibt es überhaupt noch?

Dr. Armin Scharrer:
Ich denke, die zwei großen Herausforderungen in den nächsten zehn Jahren in der Augenheilkunde sind zum einen eine gute Korrektur, das heißt ein vernünftiges Management der Presbyopie. Da sind wir Lichtjahre von einer zufrieden stellenden Lösung entfernt. Trotz aller kleinen und kleinsten Ansätze. Die zweite Herausforderung ist für mich persönlich die Behandlung der AMD. Auch wenn wir mit den VEGF-Hemmern einen großen Schritt gemacht haben und dadurch eine Entwicklung in Gang gekommen ist, so bleibt das therapeutische Management der trockenen und feuchten Makuladegeneration für die nächsten zehn Jahre eine große Herausforderung.

DER AUGENSPIEGEL:
Die intravitreale Injektion bei AMD ist auch eine Frage der Kosten.

Dr. Armin Scharrer:
Ja, das ist eine Frage der Kosten. Aber ich denke, dass da die beiden Parteien aufeinander zugehen. Ich weiß von Gesprächen zwischen den Kostenträgern und den Arzneimittelherstellern, dass die Kosten erträglicher werden, so dass diese Leistungen Kassenleistungen werden. Das muss in den KV-Katalog. Wenn heute jemand an einer AMD erkrankt, dann steht ihm diese Behandlung zu. Man kann das nicht auf Dauer über irgendwelche Leistungen außerhalb der GKV abrechnen.

DER AUGENSPIEGEL:
Sind Sie wirklich der Meinung, dass der chirurgische Ausgleich der Presbyopie einen notwendigen operativen Eingriff rechtfertigt?

Dr. Armin Scharrer:
Es ist zweifelsohne Luxus. Aber bei jeder Pressekonferenz kommt abschließend ein Journalist mit der Frage, wann wir endlich mal was gegen die Lesebrille unternehmen. Für unsere Generation ist eine Lesebrille nichts Schlimmes. Die braucht man eben. Aber nicht nur in den USA und in Kanada, leider auch in Deutschland gibt es Augenoperateure, die 55-jährigen mit LASIK ein Auge auf minus 0,25 und das andere auf minus 1,5 operieren, damit sie auf eine Lesebrille verzichten können…

DER AUGENSPIEGEL:
… und damit demonstrieren können, wie jung sie sind?

Dr. Armin Scharrer:
Das ist in der Tat eine Entwicklung in der Wohlstandsgesellschaft, anders kann man das nicht nennen. Ein weiterer Punkt ist die Ergebnisqualitätssicherung und die Verbesserung der Qualitätssicherung in der Kataraktchirurgie. Die KBV hat die Berufsverbände jetzt aktuell mit einem Rundschreiben aufgefordert, ihre Vorschläge zu bench marks und Standards für die Ergebnisqualitätssicherung bei den einzelnen Operationen zu unterbreiten. Das heißt wir müssen uns messen lassen, wir müssen uns kontrollieren lassen. Die Qualitätssicherung ist die große Aufgabe, die die DOC auch in Zukunft mit ihrem Kongress verfolgt.

DER AUGENSPIEGEL:
Gibt es noch andere zentrale Themen neben der AMD und den intraokularen Multifokallinsen?

Dr. Armin Scharrer:
Ein bedeutendes Thema und eine tolle
Innovation im Bereich der Hornhautchirurgie ist das Cross-Linking bei Keratokonus, also die Behandlung des Keratokonus mit Riboflavin und Bestrahlung. Durch diesen Eingriff erreicht man oft eine deutliche Reduzierung des Keratokonus.

DER AUGENSPIEGEL:
Im DOC-Programm ist von „Improving Quality of Vision“ zu lesen. Was soll man sich darunter vorstellen?

Dr. Armin Scharrer:
Das ist unser alljährliches internationales Symposium mit der ISRS und AAO. Der Titel ist klingender Name: Es bedeutet nichts anderes als der gegenwärtige Stand der Refraktiven Chirurgie.

DER AUGENSPIEGEL:
Herr Kraffel hat ein Zuzahlungsmodell bei Kataraktoperationen gefordert. Ist das in Ihrem Sinn?

Dr. Armin Scharrer:
Das ist sehr sinnvoll. Man kann der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zumuten, alle innovativen Linsen zu bezahlen. Ich finde das durchaus vernünftig, dass dies im Interesse nicht nur der Patienten, sondern auch der Intraokularlinsenhersteller geregelt wird.

DER AUGENSPIEGEL:
Bei der DOC gibt es im Programm eine Menge von Seminaren, die den Arzt als Unternehmer hinstellen. Ist das die Zukunft? Werden diese betriebwirtschaftlichen Aspekte immer mehr in den Vordergrund treten?

Dr. Armin Scharrer:
Sie sollen nicht überhand nehmen, aber sie sollen einen wichtigen Platz einnehmen. Wir Augenärzte sind verbraucherorientiert und fragen unsere Kongressteilnehmer nach Ihren Wünschen. Ich bekomme am Ende eines Kongresses mehrere hundert Schreiben, Mails und Faxe, in denen die Kongressteilnehmer mir ihre Zustimmung oder auch Ablehnung zu bestimmten Themen mitteilen. Sie können heute als Augenarzt, egal ob sie als Klinikleiter, als Gemeinschaftspraxispartner oder in einer Einzelpraxis arbeiten, nicht mehr erfolgreich arbeiten, wenn sie nicht gleichzeitig neben ihrem Fachwissen versuchen, sich im Bereich Betriebswirtschaft und Betriebsorganisation kompetent auszubilden. Das wollen wir unseren Teilnehmern auch bieten, denn wenn Praxen und Kliniken Pleite gehen, dann kommt auch niemand mehr zu unserem Kongress.

DER AUGENSPIEGEL:
Seit April diesen Jahres gibt es ein eigenes belegärztliches Kapitel in der EBM. Bringt dies eine Verbesserung?

Dr. Armin Scharrer:
Das bringt eine bescheidene Besserung für die augenbelegärztliche Tätigkeit, aber keine wirkliche Sanierung. Nach wie vor werden angesichts der geringen Verbesserung der Honorierung augenbelegärztliche Operationen dem Untergang geweiht sein.

DER AUGENSPIEGEL:
Man konnte jüngst in der Presse lesen, dass es Angebote der Technischen Hochschulen Ahlen, Berlin und Jena gibt, die einen Masterstudiengang für Optiker anbieten. Wohin führt das Ihrer Meinung nach?

Dr. Armin Scharrer:
Wir von der DOC sehen das mit großer Sorge. Hier droht die Verdrängung unserer geschätzten Einzelpraxis, die wir unbedingt flächendeckend weiter brauchen. Hier droht, augenscheinlich politisch gewollt, die Verdrängung von Augenärzten durch Optometristen. Wir kennen diese Zustände aus angelsächsischen Ländern und wir verfolgen diese Entwicklung mit allergrößter Besorgnis.

DER AUGENSPIEGEL:
Wird man mit einer harten Auseinandersetzung rechnen müssen?

Dr. Armin Scharrer:
Das hoffe ich auf alle Fälle vermeiden zu können. Man sollte aber mit allem Argwohn die Entwicklung beobachten.

DER AUGENSPIEGEL:
Es wird wieder ein berufspolitisches Gespräch geben. Was steht auf der Tagesordnung?

Dr. Armin Scharrer:
Wir freuen uns ganz besonders auf das berufspolitische Gespräch zusammen mit dem BDOC, mit dem Präsidenten der DOG und mit hochkarätigen Vertretern der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Herr Köhler als Vorsitzender des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Herr Duncker als aktueller Präsident der DOG, Frau Hansmann als Geschäftsführerin des BDOC und Herr Schayan vom Vorstand des BVA haben ihre Teilnahme zugesagt. Dies wird sicher ein Highlight des Kongresses!

DER AUGENSPIEGEL:
Herr Dr. Scharrer, wir bedanken uns für das Gespräch.

Das Interview für den AUGENSPIEGEL führte Dr. Hannsjürgen Trojan, Marburg.

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