Innovationspreis für Netzhaut-OP mit LED-Lichtquellen
Mit einem neuen Ansatz zur Augeninnenbeleuchtung mit Leuchtdioden-Technologie (LED) hat ein Forscherteam der Hochschule Ulm, der Alamedics GmbH aus Dornstadt und des Universitätsklinikums Frankfurt den „Euretina Wissenschaft & Medizin Innovation Award 2015“ gewonnen. Der Preis der “European Society of Retina Specialists“ (Euretina) zeichnet Innovationen und besondere Forschungsleistungen im Bereich der Netzhaut-Medizin aus und ist mit 20.000 Euro dotiert.
Die Forscher haben verschiedene LED-Muster getestet, modifiziert und Apparaturen entwickelt – Ergebnis sind kleinste LED-Illuminatoren für die Netzhautchirurgie. Die neuen LED-Beleuchtungsansätze bei Eingriffen an der Netzhaut sind wesentlich schonender für das Auge: Die Netzhaut wird nicht durch Licht geschädigt und zum anderen ist auch nicht unbedingt ein Einschnitt ins Auge notwendig. Bisher verwendet die Augenchirurgie aufwändige und gesundheitsbelastende Beleuchtungssysteme mit Quecksilberdampflampen oder Xenon-Lichtquellen, um während einer Operation das Augeninnere auszuleuchten. Kombiniert werden sie mit Lichtleitern, die durch kleine Schnitte ins Auge eingeführt werden.
Die neuartigen Lichtquellen auf LED-Basis ermöglichen es, während Eingriffen an der Netzhaut das Auge sehr schonend zu beleuchten und die Strukturen des Auges als Lichtleiter einzusetzen. Dieser innovative Ansatz verspricht erheblich risikoärmere Operationen, eine bessere Kontrolle der feinen Strukturen im Auge und eine erhebliche Kostensenkung gegenüber konventionellen Systemen.
„Der Preis ist wieder ein Beweis dafür, dass an den Hochschulen für angewandte Wissenschaft Forschung auf hohem Niveau möglich ist, die sich mit den Leistungen der Universitäten in ganz Europa messen kann“, betont Martin Heßling. Der Medizintechnik-Professor der Hochschule Ulm erläutert weiter: „Die Verwendung von LEDs als Lichtquelle in der Netzhautchirurgie bietet viele potenzielle Vorteile. Patienten können schonender behandelt werden. Die Handhabung ist für den Chirurgen bequemer und die LEDs sind kleiner und billiger im Vergleich zu herkömmlichen Beleuchtungssystemen mit Xenon-Lichtquellen und Lichtwellenleitern.“ Begonnen hatte das Forschungsvorhaben im Jahr 2013 mit einem Medizintechnik-Bachelorprojekt. Eine weitere Bachelorarbeit zu „Illuminatoren für die Ophtalmochirurgie“ hatte dann im Sommersemester 2014 sogar zu einer Patentanmeldung geführt.
Über 500.000 Operationen an Netzhaut oder Glaskörper des Auges in Europa machen das Potenzial der Forschungsergebnisse deutlich. Allein in Deutschland werden jedes Jahr etwa 200.000 solcher Eingriffe durchgeführt. Aufgrund der alternden Bevölkerung und der starken Zunahme von Diabetikern wird diese Zahl weiter ansteigen.
Im Rahmen eines Projekts des „Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand“ (ZIM) sollen die bisherigen Resultate erneut optimiert und nach einer umfangreichen klinischen Studie auf den Markt gebracht werden. Erste Berechnungen und Simulationen zeigen, dass mit den modifizierten LEDs die zu erwartende thermische Belastung und photochemische Gefährdung für das menschliche Auge extrem stark reduziert werden können. Bisher wurde die neue Technologie an Schweineaugen erprobt; Versuche an menschlichen Augen sind in Vorbereitung. Der LED-Ansatz könnte möglicherweise auch in anderen Bereichen wie diagnostischen Anwendungen für Allgemeinmediziner oder neuen Untersuchungstechniken für bestimmte Krebsarten ausgedehnt werden.
Quelle:
Hochschule Ulm