Geschlechterunterschiede beim trockenen Auge
Das trockene Auge ist eine multifaktorielle Erkrankung der Augenoberfläche, bei der die Homöostase des Tränenfilms gestört ist. Nicht nur ein Trockenheitsgefühl, sondern auch Brennen, Rötung, Juckreiz und Tränen sind einige der klassischen Symptome des trockenen Auges – einer chronischen Form der Binde- und Hornhautentzündung (Keratokonjunktivitis).
Prof. Gerd Geerling, Pressesprecher der Stiftung Auge und Direktor der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf, stellte auf der Online-Pressekonferenz der Stiftung Auge am 14. Mai neuere Arbeiten zur Epidemiologie der Erkrankung in Deutschland vor, die auch den Zusammenhang mit anderen Krankheiten untersucht haben. Unter insgesamt 2095 Teilnehmern der Heinz Nixdorf Recall-Studie im Alter zwischen 62 und 91 Jahren fand sich eine Prävalenz von 24 bis 36 Prozent. Dabei war das Erkrankungsrisiko für Frauen 2,1-fach höher (Frauen 42,3 Prozent, Männer 20,4 Prozent). Über 70 Prozent der Betroffenen waren deswegen in den letzten zwölf Monaten behandlungspflichtig geworden.
Bei Frauen zeigte sich zudem ein Zusammenhang mit anderen altersassoziierten Augenerkrankungen wie Katarakt, Glaukom und Makuladegeneration. Auf Deutschland hochgerechnet leiden 1,1 bis 1,3 Millionen Männer und 5,1 bis 6,8 Millionen Frauen im Alter von 62 bis 91 Jahren an trockenen Augen. Neben dem Alter können geschlechtsspezifische Aspekte wie Unterschiede in Wahrnehmung und Behandlungswille ursächlich für den Unterschied zwischen Männern und Frauen sein. Insbesondere bei Frauen mit anderen Augenerkrankungen ist daher eine gezielte Diagnostik für das trockene Auge sinnvoll.
Das bestätigt auch eine Untersuchung in der Spezialsprechstunde für trockene Augen der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf. Hier klagten Frauen häufiger über geschwollene Augenlider und rote Augen. Männer hingegen beobachteten häufiger ein reaktives Tränen, das als Kompensation für eine gestörte Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit auftritt.
Frauen litten zudem stärker unter den Symptomen, während Männer lediglich häufiger eine Bindehautrötung beobachteten. Frauen mit trockenem Auge, nicht aber Männer, wiesen deutlich häufiger auch Zeichen einer Depression auf und entwickeln daher gehäuft auch ein sogenanntes neuropathisches Schmerzsyndrom.
Zur Erklärung dieser geschlechtsspezifischen Unterschiede liegt ein Zusammenhang mit Hormoneinflüssen nahe und tatsächlich finden sich bei Frauen nach der Menopause stärkere Befunde eines trockenen Auges als bei Frauen vor der Menopause und Männern.
So zeigen sich hier häufiger leichte, reversible Schäden an der Oberfläche von Horn- und Bindehaut. Außerdem ist ihr Tränenfilm aufgrund einer häufiger vorliegenden Fehlfunktion der Lidtalgdrüsen (Meibomdrüsendysfunktion) instabil. Es ist schon seit einigen Jahren gut belegt, dass männliche Sexualhormone vor einem trockenen Auge schützen. Obwohl Frauen nicht nur weibliche, sondern auch diese männlichen Hormone produzieren, sinkt deren Konzentration mit höherem Alter, also nach der Menopause, sodass sich dann das trockene Auge „meldet“.
Quelle: Stiftung Auge