Forschungserfolg bei Progressiver Supranukleärer Blickparese (PSP)

Ein internationales Konsortium aus Biowissenschaftlern berichtet in der Online-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Nature Genetics“ über die Identifizierung von Genen, die durch Fehlfunktion zur Entstehung der neurodegenerativen Krankheit „Progressive Supranukleäre Blickparese“ (PSP) beitragen. Wie die Universität Gießen mitteilt, wurde das Konsortium von den Professoren Günter Höglinger, Neurologische Klinik in Marburg, und Ulrich Müller, Direktor des Instituts für Humangenetik der Universität Gießen, initiiert und zusammen mit amerikanischen Kollegen geleitet.

Bei der Progressiven Supranukleären Blickparese (PSP) handelt es sich um eine bisher unheilbare, immer tödlich verlaufende neurodegenerative Erkrankung, die meist im fortgeschrittenen Lebensalter auftritt. PSP ist in mancher Hinsicht der Parkinson-Krankheit („Zitterlähmung“) ähnlich und zeichnet sich neben Augenlähmungen, durch Gangschwierigkeiten, verlangsamte Bewegung und zunehmenden geistigen Verfall aus. Bisher würden keine Therapien für diese schwere Erkrankung existieren, was primär damit zu erklären sei, dass die molekularen Grundlagen nicht verstanden sind, heißt es in der Mitteilung der Universität Gießen.

Zwei der jetzt identifizierten Gene würden in Nervenzellen bei der Entfernung defekter Eiweiße eine wichtige Rolle übernehmen. Bei mangelhafter Funktion dieser Gene käme es langfristig zu einer Schädigung der Nervenzellen. Ein weiteres identifiziertes Gen sei ein wichtiger Bestandteil der Myelinschicht, die die Nervenzellen umgibt und für die Informationsübertragung von Nervenzellen erforderlich ist. Ein viertes Gen, das für die Herstellung eines strukturellen Bestandteils der Nervenzellen, die so genannten Mikrotubuli, erforderlich sei, trage ebenfalls wesentlich zur Krankheitsentstehung bei. Die Funktion des als MAPT bezeichneten Gens sei auch in anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit gestört. Die Entdeckung dieser Gene gebe neue Impulse für die Entwicklung von Medikamenten, die den Krankheitsverlauf verlangsamen oder ganz hemmen können. Besonders vielversprechend seien Substanzen, die die gestörte Beseitigung defekter Eiweißstoffe in Nervenzellen wiederherstellen.

Die Durchführung der Untersuchungen sei eine besondere Herausforderung gewesen, heißt es weiter, weil die Erkrankung mit einer Häufigkeit von fünf pro 100.000 Menschen selten ist, mit Sicherheit nur durch feingewebliche Untersuchung des Gehirns verstorbener Patienten (Autopsie) diagnostiziert werden könne und für die genomweite Assoziationsstudie (GWAS) eine sehr große Patientenzahl benötigt werde. Dem Team aus Marburg und Gießen sei es gelungen, weltweit etwa 1.100 durch Autopsie bestätigte Fälle sowie über 1.000 klinisch diagnostizierte Patientendaten zu sammeln. DNA-Untersuchungen an 620.000 Stellen des Genoms seien mit rund 6.800 gesunden Personen verglichen worden und habe zur Identifizierung der genannten Gene geführt.

Nach Einschätzung der Universität sind die Ergebnisse wegen klinischer und molekularer Überlappungen auch für andere neurodegenerative Erkrankungen, insbesondere Alzheimer und Parkinson von großer Bedeutung.

Quelle:
http://www.uni-giessen.de

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