„Ein US-Dollar rettet Augenlicht“

Weltweit sind mehr als 30 Millionen Menschen blind, etwa eine Million davon sind Kinder. 80 Prozent aller Erblindungen sind vermeidbar, oft ohne großen finanziellen Aufwand. Die Initiative Vision 2020 setzt sich unter Federführung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit zehn Jahren dafür ein, vermeidbare Blindheit bis zum Jahr 2020 zu überwinden. Eine erste Zwischenbilanz ziehen Augenärzte auf dem World Ophthalmology Congress (WOC 2010) im Juni in Berlin.

VISION 2020 ist eine gemeinsame Initiative der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der International Agency for the Prevention of Blindness (IAPB). Sie wird von Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt unterstützt. „Die Initiative hat drei wesentliche Schwerpunkte: Es geht zum einen darum, Augenerkrankungen weltweit unter Kontrolle zu bekommen. Eng damit verbunden sind der Aufbau einer effektiven Infrastruktur zur augenärztlichen Versorgung und die Aus- und Weiterbildung von Ärzten und Fachpersonal“, erläutert Professor Dr. Günther Rudolph, Oberarzt an der Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. 2020 steht dabei sowohl für den Zeitrahmen der Initiative als auch für 20/20, eine augenärztliche Bezeichnung für eine Sehschärfe von 100 Prozent.

Ein besonderes Augenmerk der Initiative liegt auf der Verhütung von Blindheit bei Kindern. „Jedem zweiten blinden Kind hätten Vorbeugung und Therapie das Augenlicht retten können“, so Rudolph im Vorfeld des WOC 2010. Blindheit bedeute für die Kinder nicht nur, nicht sehen zu können. Sie sei zudem mit einer erhöhten Sterblichkeit in den ersten Lebensjahren verbunden. Außerdem bleibe einem großen Teil dieser Patienten auch ein Schulbesuch oder eine Berufsausbildung verwehrt.

Die Ursachen für Erblindungen von Kindern sind in armen und entwickelten Ländern verschieden. In den ärmeren Ländern stehen die Austrocknung und Vernarbung der Hornhaut infolge eines Vitamin-A-Mangels sowie der graue Star (Katarakt) und der grüne Star (Glaukom) im Vordergrund. Zudem erblinden viele Kinder aufgrund von Funktionsstörungen des Sehnervs oder infolge einer Maserninfektion. „In der Subsahara-Region und in Teilen Asiens konnten die Blindheit und die damit verbundene Frühsterblichkeit durch zweimalige Gabe von Vitamin A signifikant gesenkt werden”, berichtet Rudolph. „Die Kosten pro Kind betragen nur etwa einen US-Dollar.”

In den Industrieländern sind Netzhautschäden bei Frühgeborenen, die so genannte Frühgeborenen-Retinopathie, sowie genetische Augenerkrankungen und das Glaukom die häufigsten Erblindungsursachen. Auch hier gibt es laut Rudolph Fortschritte: „Bei der Frühgeborenen-Retinopathie kann die Gabe von Medikamenten direkt in das Auge die Therapie­aussichten verbessern”, so der Experte. Die Frühgeborenen-Retinopathie tritt gehäuft bei Kindern auf, die vor der 32. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen oder bei der Geburt unter 1 500 Gramm wiegen.

„Seit der Initiierung vor zehn Jahren hat VISION 2020 deutliche Fortschritte gemacht”, stellt Rudolph fest, der mit seinen Kollegen auf dem WOC 2010 eine Zwischenbilanz ziehen wird. Auch deutsche Augenärzte bemühen sich seit längerem intensiv um einen Wissenstransfer in die Entwicklungsländer. So stellt die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) Mittel für die Ausbildung afrikanischer Augenärzte bereit, die LMU München kooperiert mit der Augenklinik der Universität Nairobi. „Seit 1978 sind über diese Partnerschaft, die insbesondere von Professor Volker Klauß initiiert und getragen wurde, mehr als 100 Augenärzte aus mehr als zehn afrikanischen Staaten ausgebildet worden”, so Rudolph.

Quelle: WOC®2010

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